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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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unannehmbar, das soeben geduscht hatte, denn es stellte sich vor den Spiegel und trocknete sich mit einem riesigen Badetuch in schreienden Farben ab. Es wandte ihr den Rücken zu und piepste routiniert: „Hello, Baby!“
    „Pardon“, sagte Anica misslich berührt, und zu ihrem Kollegen: „Sie hätten mich unten warten lassen können.“
    „Ach was“, konterte Zudeck-Perron. „Das Mädchen will Assistentin bei mir werden. Bei ihr zu Hause liegt alles in Trümmern. Hier kann sie sich einmal richtig waschen. Prost!“
    Das Girl trocknete sich die Füße ab und zog ein giftgrünes Baumwollkleid über. Amüsiert lächelnd griff es in ein ledernes Handtäschchen. Als es den Kamm herauszog, fiel ein Hundert-D-Mark-Schein heraus. Es bückte sich danach und begann sein Haar zu ordnen, wobei es neugierig zu Anica herübersah. Angezogen wirkte die Kleine immerhin nicht mehr wie ein Lehrmädchen im ersten Ausbildungsmonat einer Peepshow, dachte Anica, und hatte er nicht unlängst Lepa Brena schöne Augen gemacht?
Laut sagte sie, und in ihrer Frage schwang unüberhörbar ein ironisch-ätzender Tonfall: „Ist ein blauer Fliesen immer noch der Einheits-EVP oder liegt sie über dem Normativ?“
    „Sie reden wie die Stasi persönlich“, gab Zudeck-Perron gelassen zurück. „Aber keine Bange, Sie können unverschlüsselt reden, Deutsch versteht die Kleine nicht. Und was ich mit meinem Geld mache, geht Sie gar nichts an. In diesem Falle nenne ich es private Entwicklungshilfe.“ Er ließ das Eis in seinem Glas klingeln. „Okay, Klingorchen, Sie werden lachen, aber ich fahre mit nach Srebrenica.“
    „So, so“, entgegnete die Journalistin. „Wer noch?“
    „Niemand.“ Er ließ sich in einen weiß bezogenen Polstersessel fallen, wartete die Wirkung seiner Worte ab. „Ich möchte keinesfalls den Eindruck erwecken, als drängte ich mich in eine Sache, die Sie angesponnen haben.“
    „Das tun Sie prinzipiell nicht“, sagte Anica mit kaum zu spürendem sarkastischem Unterton.
    „Eben“, gab Zudeck-Perron zurück. Er hatte sich mehr als Reaktion versprochen auf seine Eröffnung. „Deshalb erzähle ich Ihnen lieber, was Sache ist, bevor Sie´s in den falschen Hals kriegen. Also – Sparks hat mich eingeladen. Irgendein höherer Eierkopf möchte, dass meine Agentur einen repräsentativen Bildbericht über Srebrenica und Umgebung bringt. Ich lehnte ab, als ich mitbekam, dass Sie in der Partie drin sind. Doch als mir Sparks andeutete, Sie hätten feste Abnehmer...“
    „Stimmt“, bestätigte Anica, „ich komme schon auf meine Kosten.“
    „Wenn es Ihnen also nichts ausmacht...“, sagte er bedächtig. „Warum sollten wir uns nicht beide Srebrenica ansehen? Meine Fotos sind doch kaum Konkurrenz für Ihre TV-Bilder.“
    „Kann man so sehen“, billigte sie zu.
    „Na, da bin ich aber erleichtert“, erklärte er. „Es ist mir nämlich eigentlich gar nicht so recht.“ Er goss sich Branntwein nach. „Außerdem ließ Sparks noch durchblicken, dass man mit diesem Besuch ein Anliegen an uns verbinde. Angeblich wären wir von allen in Frage kommenden Journalisten die vertrauenerweckendsten.“
„Ich kenne den Löffel mit dem Honig“, erwiderte Anica. „Wahrscheinlicher ist, dass ihnen die Bedingungen der amerikanischen Stationen, allen voran CNN, nicht mehr zusagen.“
„Haben Sie eigentlich die Sache mit Obaljak schon versucht anzubieten, Klingorchen?“
    „Noch nicht.“
    „Ich habe Pech gehabt diesmal“, erklärte Zudeck-Perron, und es sollte beiläufig klingen, „hab alles mit nur einem Apparat gemacht, und bei dem hat – wie sich leider herausstellte – irgendwie der Verschluss gehangen.
    „Ewig schade“, meinte Anica und war versucht zu lächeln. „Früher, bei den konventionellen Fotokameras, wäre ein solcher Defekt kaum zu überhören gewesen. Wenn es gar nicht mehr `Klick´ macht...“
    „Ja, die moderne Chip-Technik“, äußerte der Fotograf müde.
    „Ich kenne ein ausgezeichnetes Technik-Labor“, empfahl sie.
    „Schönen Dank, Klingorchen, aber ich habe es schon selbst repariert“, heuchelte Zudeck-Perron weiter. „Ich gebe meine Apparate nicht gerne aus der Hand. Außerdem bin ich leidenschaftlicher Sammler alter Uhren und als solcher in der Feinmechanik nicht ganz unbewandert.“
    „Dann sind Sie ja für neue Heldentaten bestens gewappnet“, spöttelte sie unverhohlen.
    „Na denn – auf Srebrenica!“ rief er ahnungslos.
    „Und Umgebung.“ Anica nippte an ihrem Glas. Wer weiß, wozu

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