Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
Vom Netzwerk:
zufrieden und fühlte sich in ihren Zukunftsplänen für mich bestätigt. Ich würde einmal ihre würdige Nachfolgerin sein, das bewies ich ihr jeden Tag aufs Neue. Sie verdiente viel Geld, war angesehen und genoss ihre Macht. Und während ich von einem Studium träumte, war sie davon überzeugt, mir irgendwann ein glänzendes Erbe zu übergeben.
    PANZER AUF DEM MAKOLA-MARKT
    Während meine Schwester Emily zuhause saß, lernen, mit ihren Freundinnen ausgehen und Spaß haben durfte, musste ich nach der Schule auf dem Markt arbeiten. Das war ungerecht, fand ich. Musste nicht gerade meine Mutter, die nie zur Schule hatte gehen dürfen und sich zeitlebens darüber beklagt hat, Verständnis dafür haben, dass ich weiterlernen und meine Ausbildung nicht vorzeitig beenden wollte?
    Doch dann wurde mir Hilfe von unerwarteter Seite zuteil. Ich war gerade 14 Jahre alt und meine Tage in der Schule waren gezählt. Da geschah etwas Furchtbares, wodurch sich das Leben meiner Mutter über Nacht verändern sollte. Im Juni 1979 gelang Jerry John Rawlings der Putsch gegen die Militärregierung von Fred Akuffo. Der Sohn eines Schotten und einer Ghanaerin hatte in Großbritannien Wirtschaftswissenschaften studiert, ehe er der ghanaischen Luftwaffe beigetreten war und dort Karriere gemacht hatte. Mit Rawlings’ Staatstreich löste eine Militärdiktatur die andere ab.
    Es war eine unruhige und gewalttätige Zeit in Accra. Die Angst, die alle erfüllte, konnte man buchstäblich riechen. Meine Eltern waren politisch nicht aktiv, und so hatten wir eigentlich nicht viel zu befürchten. Doch bei uns im Haus in Adabraka lebte eine führende Politikerin aus Akuffos Partei. Eines Tages fuhr bei uns Militär vor und stürmte das Haus. In der Wohnung der Politikerin ging eine wüste Schießerei los. Die Gesuchte war allerdings schon längst geflohen und die Soldaten machten lediglich ihrem Unmut Luft, bevor sie wieder abzogen. Wir kamen mit dem Schrecken davon.
    Damals gab es viele Proteste. Die Universität wurde für einige Zeit geschlossen. Rawlings ließ den ehemaligen Präsidenten und dessen Anhänger erschießen. Am Strand des Atlantischen Ozeans, nicht weit entfernt von Lambadi Beach, dem beliebtesten Strand von Accra, ist der Hinrichtungsort nochheute gut sichtbar. Fährt man auf dem Lambadi Highway Richtung Osten, so sieht man gegenüber der Militärakademie eine mächtige künstliche Sanddüne vor der Meeresbrandung aufragen, mit Strandgras bewachsen und befestigt. Große Tafeln mit Nummern von eins bis acht markieren die Plätze, welche die Todeskandidaten hatten einnehmen müssen, bevor sie von unten erschossen wurden. Immer noch deutlich zu erkennen sind die Mulden, welche die Hingerichteten im Fallen in die Flanke der Düne gerissen haben. Unzählige Menschen hatten damals dort den Tod gefunden.
    Doch diese Säuberungen waren nur der Anfang. Als studierter Wirtschaftswissenschaftler war es Rawlings’ erklärtes Ziel, die Korruption zu bekämpfen und die Wirtschaft, die von einer hohen Inflation geprägt war, zu sanieren. Dabei waren ihm die Makola-Marktfrauen ein besonderer Dorn im Auge, denn sie verstanden es geschickt, durch das Horten von Waren künstliche Knappheiten zu erzeugen, welche die Preise in die Höhe trieben. Kalabule heißt dieser Vorgang in der Sprache meiner Mutter und noch heute sagt man bei uns: »Mach mir bloß kein Kalabule !«, wenn man ausdrücken will, der andere solle keinen Wucherpreis verlangen.
    Um die Macht der Makola-Frauen zu brechen, griff Rawlings zu einem drastischen Mittel: Er ließ den Markt kurzerhand abreißen und an seiner Stelle Gebäude und Parkplätze errichten. Die Frauen hatten 24 Stunden Zeit, um ihre Waren aus dem Markt zu holen. Nach abgelaufener Frist kamen die Panzer und machten alles dem Erdboden gleich. Wer auf die Idee kam, sich ihnen entgegenzustellen, wurde von den Soldaten erschossen.
    Die wenigsten Frauen schafften es, ihr Hab und Gut zu retten. Auch meine Mutter musste viel von ihrem in Waren angelegten Kapital in den Lagerräumen zurücklassen. Aber der eigentliche Schaden bestand darin, dass alle Marktfrauen mit einem Mal ihre Geschäftsgrundlage verloren hatten. Ohne ihren Umschlagplatz,den konkreten Ort, an dem jede wusste, wo sie wen finden konnte, waren sie ruiniert. Das Netz war zerrissen und konnte nicht wieder geknüpft werden. Jedenfalls nicht in kurzer Zeit.
    Inzwischen, 30 Jahre später, haben sich die Frauen den Makola-Markt auf ihre Weise zurückerobert. Sein

Weitere Kostenlose Bücher