African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
lustige Anekdote. In Afrika gelten dicke Pos bei Frauen als sexy und die Makola-Marktfrauen waren berühmt für ihre attraktiven Hinterteile. Viele dieser Frauen waren mit Männern aus der Politik liiert. Man erkannte sie daran, dass jede von ihrem Geliebten einen VW-Golf geschenkt bekommen hatte. Darum gab es die Redewendung: Fa wu tu be gyi Golf. – »Bring deinen Hintern zum Makola-Markt, dann kriegst du einen Golf.« Es war dieser handfeste Humor, mit dem ich auf dem Markt aufgewachsen bin.
Der Makola-Markt war auch in unserer Familie Dreh- und Angelpunkt. Meine Mutter brachte immer feine Sachen mit nachhause. Besonders liebte ich weißen Reis aus Amerika, der damals das Vornehmste und Teuerste war, was man auf dem Markt bekommen konnte. In Wirklichkeit war dieser Reis eine Lebensmittelspende der USA. Aber wie immer landete er nicht in den Kochtöpfen der Armen, für die er bestimmt gewesen war, sondern auf den Ständen der Makola-Marktfrauen, die ihn für viel Geld verkauften. Bei meinen Vorträgen wie auch in den Informationsbroschüren und Flyern von African Angel erkläre ichaus dieser Erfahrung heraus ohne Unterlass, dass Lebensmittelspenden für Afrika blanker Unsinn sind, da sie nie ihr Ziel erreichen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Meine Mutter war eine der mächtigsten Händlerinnen der Kosmetikbranche. Sie verfügte über ausgezeichnete Quellen, aus denen sie erfuhr, wo wann welche Waren aus welchem Land eingeführt werden sollten, und oft hatte sie schon ganze Bestände aufgekauft, noch ehe sie in Accra ankamen. Dadurch kontrollierte sie zahlreiche Marken; wer solche Artikel kaufen wollte, bekam sie ausschließlich bei meiner Mutter. So konnte sie die Preise selbst bestimmen.
Sie verkaufte auf dem Makola Market No. One, dem größten und wichtigsten Abschnitt des Marktes, direkt an private Kundinnen. Da sie das Monopol auf viele Artikel hatte, waren auch Zwischen- und Endhändler ihre Abnehmer. Und obwohl sie dafür spezielle Angestellte hatte, übertrug sie mir nach und nach diese wichtige Aufgabe: Ich übernahm das Verteilen der Bestände an Mutters Zwischenhändler und sie behauptete, niemand würde das so geschickt und zuverlässig wie ich machen.
Flink lief ich durch das unübersichtliche und verwirrende Geflecht aus Gassen, die nach einem eigenen, uralten Gesetz in Warengruppen eingeteilt waren. In der einen Ecke bekommt man nur Stoffe, in einer anderen Haushaltswaren, und wer Gewürze kaufen will, geht in einen speziellen Marktbereich. Ich kannte dieses Labyrinth wie meine Westentasche, orientierte mich mühelos und wusste um jede Abkürzung. Noch heute finde ich mich in dem, was von dem Markt übrig geblieben ist, schlafwandlerisch zurecht. So erledigte ich alle Botengänge sicher und zuverlässig, die Kundinnen und Kolleginnen meiner Mutter kannten mich bald und schätzten mich; rasch nahm ich auf, was eine gute Händlerin ausmacht. In dem Bestreben, die lästigen Pflichten möglichst schnell und gut hinter mich zu bringen, habe ich meiner Mutter so ungewollt immer wieder aufs Neue bestätigt, dass ich die geborene Marktfrau war.
Auch als Direktverkäuferin schickte mich meine Mutter ins Getümmel. Wie Tausende andere trug ich Waren in einem Teller auf dem Kopf herum und pries sie Passanten an: Seife, Shampoo, Cremes. Der Renner waren Bleichcremes, welche die Haut heller machen sollten. So wie sich die Frauen im Europa der 1970er- und 1980er-Jahre bemühten, ihre Haut an der Sonne zu bräunen, so war es der Traum jeder Afrikanerin, ihre schwarze Haut so stark wie möglich aufzuhellen. Helle Haut galt als sexy und so fanden diese Artikel selbst bei stattlichen Preisen reißenden Absatz. Europäerinnen achten heute generell mehr auf ihre Haut und setzen sie nicht mehr so sorglos der Sonne aus. Seitdem es weltberühmte schwarze Topmodels gibt, stehen zwar viele Afrikanerinnen zu ihrer dunklen Hautfarbe, der Traum von heller Haut ist bei uns aber noch immer sehr verbreitet.
Natürlich befanden sich auch diese begehrten Bleichcremes auf meinem Verkaufsteller. Und es stimmte: Meiner war immer am schnellsten leer. Meine Mutter beschäftigte ein ganzes Heer an Verkäuferinnen, viele meiner Cousinen arbeiteten für sie. Die schimpften oft mit mir und beschuldigten mich, ich würde die Ware unter Preis hergeben. Aber das war gelogen. Ich verkaufte zum festgesetzten Preis, war am Ende jedoch früher mit meiner Verkaufstour fertig als die anderen.
Meine Mutter war mit mir sehr
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