African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
Glaube an Gott ist seit frühester Kindheit tief in mir verankert und auch heute beziehe ich meine ganze Kraft aus diesem Glauben. Ich wäre nicht mehr am Leben, hätte ich nicht meinen Gott. Als Teenager besuchte ich am liebsten das Morgengebet, das in unserer Kirche dreimal die Woche um vier Uhr morgens abgehalten wurde. Zu diesen Andachten kamen nur alte Leute, ich war die einzige Jüngere dazwischen. Ich liebte diese frühen Stunden, in denen das Gespräch mit Gott noch viel einfacher zu sein schien als während des lärmenden Tages. Die Sonntagsgottesdienste waren unter den jungen Mädchen und Frauen auch immer so eine Art Schaulaufen. Sie putzten sich heraus, kleideten sich in den teuersten afrikanischen Stoffen, die sie sich leisten konnten, behängten sich mit Schmuck, schminkten sich und trugen so in der Kirche zu Markte, was sie hatten. Ich aber bevorzugte die stillen Morgenstunden mit den alten Leuten aus unserem Viertel, um Gott im Herzen ganz nahe zu sein.
Wenn ich aus der Kirche trat, ging meistens gerade die Sonne auf. Bei uns in Afrika geschieht das ganz plötzlich, wir kennenweder das lange europäische Morgengrauen noch die blaue Stunde der Abenddämmerung. In Afrika verwandelt sich die tiefschwarze Nacht lediglich für wenige Augenblicke in ein fast magisches Zwielicht. Und dann tritt die Sonne über den Horizont, gebieterisch und prächtig. Kurze Zeit später ist es bereits vollständig hell. Derselbe Vorgang vollzieht sich am Abend in umgekehrter Reihenfolge: Eben noch taucht die Sonne das Land in ihr gleißendes Licht, dann verschwindet sie hinter dem Horizont und lässt für ein paar Minuten dieses seltsame Zwielicht zurück, ehe die Nacht alles verhüllt. Wenn ich morgens von der Andacht kam, standen meine Schwester und die Cousinen gerade erst auf. »Wo kommst denn du her?«, fragten sie mich verschlafen. Ich aber hatte meinen Tag im Gespräch mit Gott begonnen.
Das hinderte mich nicht daran, meinen Spaß zu haben, in der Schule mit meinen Freundinnen herumzualbern und jede Menge Blödsinn anzustellen. Und schon gar nicht daran, mit Jungs zu flirten und meine ersten sexuellen Erfahrungen zu machen. Aber noch war nichts Ernstes dabei gewesen – nichts, was mein Herz wirklich berührt hätte. Noch lag die echte Liebe vor mir.
EINE SCHICKSALHAFTE BEGEGNUNG
Es war ausgerechnet ein hoher kirchlicher Feiertag, der mein Leben verändern sollte. Der Karfreitag 1983 war mein Schicksalstag. Ich war 17 Jahre alt und es gab Leute, die mich als schön bezeichneten.
Am Karfreitag geht man bei uns dreimal in die Kirche. Für die Zeit danach hatte ich mich mit Freunden verabredet. In Afrika liegen Trauer und Freude nah beieinander. Die größten Feste, die tagelang dauern können, werden bei Beerdigungen gefeiert.Deshalb ist es auch kein Widerspruch, nach den bewegenden Gottesdiensten am Karfreitag mit Freunden auszugehen. Christi Tod und Leiden gedachten wir voller Emotionen in der Kirche, draußen aber wurde gefeiert. Ich hatte kurz vorher mit meinem Freund Schluss gemacht und so wussten alle, dass ich wieder Single war. Es waren Kumpel meiner Schwester, die mich gerne mochten und sich sorgten, ich könnte mich langweilen oder einsam fühlen. Emily war gerade in London und so nahmen sie mich mit auf ihre Tour.
Im Viertel dieser Freunde hatte erst vor Kurzem ein neues Lokal eröffnet, das »After Eight«. Jeder sprach von der Neueröffnung.
»Da muss man einfach mal gewesen sein«, fanden meine Freunde und ich war ganz ihrer Meinung.
Als wäre es gestern erst gewesen, sehe ich mich vor dem Spiegel stehen, als ich mich schön machte: Dem Trauertag angemessen, trug ich ein schickes rot-schwarz gemustertes Kleid, denn in Ghana trägt man bei traurigen Anlässen entweder Schwarz oder Rot und in besonders feierlichen Fällen schwarz-weiß. Auf dem Kopf hatte ich ein Tuch, das mir erst neulich jemand geschenkt hatte – goldene Sterne auf rotem Grund. An den Füßen trug ich hochhackige Sandalen, die vorne mit roten Blüten verziert waren. Mit mir konnte man sich sehen lassen!
So zogen wir also zum »After Eight«. Zur Straße hin war das Lokal offen, sodass viel frische Luft hereinströmen konnte, was bei dem schwül-heißen Klima in Accra sehr wichtig ist. Schon von der Straße aus konnten wir die Gäste sehen, die entweder an Tischen saßen oder an der großen geschwungenen Bar standen. Noch war das Lokal nicht besonders voll, es war auch erst früher Nachmittag. Der Zufall wollte es, dass die
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