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African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
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Erwachen das zweite Wunder: Mein Baby war gesund und munter. Ich hatte mit ihm sterben wollen. Es hatte mit mir den Weg ins Leben zurückgefunden.
    Ich musste noch eine Weile im Krankenhaus bleiben, bis ich wieder bei Kräften war. Sie hielten mich weiterhin gefesselt, wohl aus Furcht, ich könnte mir gleich wieder etwas antun. Und noch immer lag ich in diesem schrecklichen Sterbezimmer.
    Von zehn Patienten starben in diesen Tagen acht. Jeden Morgen kam Krankenhauspersonal und zog das Leintuch über die Gesichter derjenigen, welche die Nacht nicht überlebt hatten. Nur ein anderes junges Mädchen und ich verließen dieses Sterbezimmer lebend.
    Vor meiner Entlassung aus dem Krankenhaus baten die Ärzte meine Eltern zu einem Gespräch. Sie erklärten ihnen, dass der erste Selbstmordversuch selten gelinge, doch schon diesen hätte ich recht klug ausgeführt und wäre um ein Haar gestorben. Man müsse damit rechnen, dass ich beim zweiten Versuch Erfolg haben würde. Darum sollte meine Mutter nichtmehr mit mir streiten, sondern sich meinen Herzenswünschen fügen.
    Das gab meinen Eltern zu denken. Und so kamen sie eines Tages und besprachen mit mir, wie es weitergehen sollte.
    »Harriet«, begann mein Vater, »möchtest du wieder in Adabraka bei uns im Haus wohnen?«
    Ich schüttelte heftig den Kopf. Kämpfte mit den Tränen. Sprechen konnte ich nicht. Die Vorstellung, wieder in dieses Haus zurückzukehren, in dem ich so verzweifelt gewesen war, schien mir unerträglich. Ich wusste, dass die Nachbarn nach diesem Skandal keine Ruhe geben würden. Keine meiner früheren Freundinnen wollte noch etwas mit mir zu tun haben. Wie eine Aussätzige würde ich dort die restlichen Schwangerschaftswochen verbringen. Das wollte ich nicht. Auf gar keinen Fall.
    »Wo möchtest du dann hin?«
    Ich schluckte meine Tränen hinunter und räusperte mich. Dann sah ich meine Eltern an. Mein Vater blickte schweigend auf seine Hände. Im Gesicht meiner Mutter konnte ich die Spuren der vergangenen Ereignisse deutlich lesen. Auch sie hatte schwer gelitten. Es wurde Zeit, dass wir Frieden schlossen.
    »Ich möchte in Bukom bei meiner Oma wohnen«, sagte ich, »bis mein Kind zur Welt kommt.«
    Meine Mutter nahm mich in die Arme. Ich fühlte, dass es ihr leidtat. Sie bereute es, sich mir gegenüber so schlecht verhalten zu haben. Sie wusste, dass ich es bei ihrer Mutter gut haben würde. Schon als Baby war ich, wenn es mir schlecht gegangen war, in Bukom gewesen. Es schien mir daher nur logisch, dass ich auch mein Kind dort zur Welt bringen sollte.
    In Bukom wurden tagtäglich Babys geboren, da scherte sich niemand um meine Schwangerschaft und die privaten Details. Hier sah man nicht auf mich herab, ich hatte meinen Frieden. So zog ich in das winzige Haus meiner Oma, das eigentlich nur aus einem engen Flur und einem Zimmer bestand. Wie in Kindertagen erhielt ich das einzige Bett und die Zuwendung meiner Großmutter.
    In diesen Wochen bis zur Geburt hatte ich nach langer Zeit wieder einmal ausführlich Gelegenheit, das Leben im Slum zu studieren. Nun war ich nicht mehr die kleine Besucherin, die das Wochenende über hereinschneite, um am Sonntagabend wieder in ihre heile Adabraka-Welt zu verschwinden. Ich war jetzt eines von vielen schwangeren Mädchen, die – solange es möglich war – im Haushalt halfen und kleinere Kinder beaufsichtigten, um den Rest der Zeit mit ihren dicken Bäuchen vor den Häusern zu sitzen und mit den Nachbarn zu schwatzen. Die meisten anderen schwangeren Mädchen waren mit ihren 13, 14 Jahren viel jünger als ich. Viele von ihnen kannte ich von klein auf. Ich wusste, wie ihre Kindheit verlaufen war, und machte mir keine Illusionen: Mir wäre es genauso ergangen, hätte ich nicht die Möglichkeit gehabt, eine Schule zu besuchen. Wieder dachte ich darüber nach, wie ich diesen Kindern einmal helfen könnte. Später, wenn ich die Möglichkeit dazu hatte.
    So vergingen die Wochen. Und dann, am 27. April 1985, war es so weit. Ich werde die Schmerzen nie vergessen, als die Wehen endlich einsetzten. Ich war ein junges Mädchen und hatte nicht die geringste Ahnung, wie man ein Baby bekommt! Meine Oma und die anderen Frauen blieben völlig gelassen und ließen mich zunächst einfach liegen. Von morgens acht Uhr bis nachmittags um fünf steigerten sich diese Schmerzen, und die Frauen ließen mich einfach allein. Ich schrie und weinte, doch sie waren der Meinung, dass ich da durchmüsste, damit sich die Geburt ganz natürlich

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