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African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
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SCHWIERIGER ANFANG
    Wie alle Afrikaner hatte auch ich von Europa nahezu märchenhafte Vorstellungen. Ich weiß, es klingt seltsam, das von einer jungen modernen Frau zu hören, die es gewohnt war, mit Computern umzugehen. Aber in Afrika kursieren seit Jahrzehnten so unglaubliche Geschichten über Europa, dass man gar nicht anders kann, als diesen im Vergleich zu Afrika so winzigen Kontinent zu verklären.
    Ich dachte zum Beispiel allen Ernstes, dass es in Europa niemals dunkel würde. Auch glaubte ich, dass es dort keine Bäume, sondern stattdessen überall nur Hochhäuser gäbe. Krankheiten, davon war ich überzeugt, wären in Europa schon lange verschwunden. Schließlich gibt es doch genügend Ärzte, die dafür sorgen, dass die Menschen gesund bleiben. Auch Behinderte konnte es auf einem so wundervollen und fortschrittlichen Kontinent nicht geben; Behinderungen werden in Europa einfach wegoperiert. Außerdem gab es in meiner Vorstellung in Europa keine armen Menschen, alle waren wohlhabend.
    Ja, das ist das hartnäckigste Gerücht, das noch heute fast jeder Afrikaner felsenfest glaubt. Selbst wenn Berichte nach Afrika dringen, denen zufolge es auch in Europa gesellschaftliche Unterschiede gibt, bleibt man dabei: Sogar ein armer Europäer ist für afrikanische Verhältnisse unermesslich reich.
    Im letzten Moment habe ich dann doch von unserer Abreise erzählt. Wie hätte ich einfach so verschwinden können, ohne den Menschen, die mit mir das tägliche Leben teilten, einen Ton zu sagen? Das war unmöglich. So begleitete uns ein kleines Gefolge zum Flughafen: mein sorgenvoll blickender Onkel, der mich immer unterstützt hatte, Mama Patience und meine besten Freundinnen. Meine Großmutter war zu krank. Ich hatte nicht mehr die Zeit gefunden, mich von ihr zu verabschieden. Außerdem wollte ich sie nicht in Sorgen stürzen. Mama Patience weinte.
    »Ich komme bald wieder«, beruhigte ich meine zurückbleibenden Verwandten und auch ein bisschen mich selbst.
    Und dann ging es los.
    Der Flug von Accra nach Düsseldorf dauert sechs Stunden. Ich war müde, aber doch voller Neugier auf das, was kommen würde. Nie zuvor war ich im Ausland gewesen, geschweige denn geflogen. Alles war neu und aufregend für mich, was ich in vollen Zügen genoss.
    Wir verließen das Flugzeug und gelangten durch eine Gangway in den Terminal. Es war kalt in Deutschland. Dezember. In Accra hatte das Thermometer bei meiner Abreise auf 35 Grad im Schatten gestanden, die Luftfeuchtigkeit hatte rund 60 Prozent betragen. Ich war nicht darauf gefasst gewesen, Temperaturen anzutreffen, die bei uns zuhause lediglich im Kühlschrank herrschten. Feuchtkalte 5 Grad über null. Wieso hatte mir Anthony nichts über die kalte Jahreszeit erzählt?
    In meinem dunkelblau-weiß gemusterten Leinenkleid und den hochhackigen Schuhen war ich eine der elegantesten Reisenden, die in Düsseldorf auf ihr Gepäck warteten. Mir war kalt. Und mein Koffer würde auch nur Sommerkleider enthalten. Doch meine gute Laune ließ ich mir davon nicht nehmen.
    Auch nicht von dem Bild der jungen Klofrau, auf die Anthony mich hinwies. Ich hatte beschlossen, in Deutschland mein Glückzu machen. Da ließ ich mich nicht von einem fremden Schicksal ablenken, das mit meinem, davon war ich überzeugt, nicht das Geringste zu tun hatte. Wir fuhren mit dem Zug zum Hauptbahnhof. Inzwischen zitterte ich vor Kälte. Noch nie zuvor hatte ich Schnee gesehen. Nie zuvor hatte ich so gefroren.
    Anthony erkundigte sich in der Touristen-Information am Bahnhof nach einem Hotel für uns. Ich wunderte mich. Hatte er nicht gesagt, er hätte bereits alles für unsere Ankunft arrangiert? Eine schlecht gelaunte Angestellte gab uns ein paar Adressen und wir landeten schließlich im »Hotel Manhattan«, das ein paar Straßen vom Hauptbahnhof entfernt lag.
    Es war keine besonders gute Gegend. Auf dem kurzen Weg dorthin entdeckte ich Sex-Shops, schmuddelige Kinos und Discounter. Ich war überrascht, dass es im Wunderland Deutschland so heruntergekommene Orte überhaupt gab. Doch das Hotel war vornehm. Fürs Erste sollte es genügen.
    »Wir bleiben doch nicht lange hier?«, fragte ich, nachdem wir das Zimmer bezogen hatten.
    »Mal sehen«, antwortete Anthony, »wie es sich entwickelt.«
    Aber zunächst einmal entwickelte sich gar nichts.
    Das Zimmer, das wir bezogen hatten, ging auf einen grauen Innenhof hinaus. Das war alles, was ich zunächst von Deutschland sehen sollte. Beim Frühstück saß ich im Restaurant und

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