African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
schaute auf die Graf-Adolf-Straße, beobachtete die Menschen und Autos, die vorbeifuhren. Es gab ein riesiges Frühstücksbuffet, aber für mich war alles ein bisschen fremd. Aus Ghana hatte ich Banku -Knödel und Chilisoße mitgebracht, wovon ich mittags ein bisschen aß. Abends nahm mich mein Mann mit zu einem neuen chinesischen Imbiss, der gleich um die Ecke aufgemacht hatte. Da waren wir fast jeden Tag.
Es passierte einfach nichts. Ich traute mich nicht, das Hotel allein zu verlassen, Anthony hatte mich eindringlich davor gewarnt. Er selbst ging allein los, um »alles zu regeln«, wie er sagte.Aber was er genau machte und ob er überhaupt etwas machte, das wusste ich damals nicht.
Heute weiß ich, dass es in Düsseldorf wie in vielen europäischen Städten ein dichtes Netzwerk von Afrikanern gibt. Mein Mann kannte offenbar einige Ghanaer oder versuchte, sie am Bahnhof ausfindig zu machen. Genau wie ich sprach er kein Deutsch. Vielleicht war er sogar von meiner Einwilligung, mit ihm nach Deutschland zu kommen, letztendlich überrascht gewesen. Vielleicht war alles schneller gegangen, als er erwartet hatte. Jedenfalls hatte er nichts für unsere Ankunft vorbereitet, das wurde mir nach und nach klar.
Ich hatte es satt, in diesem Hotel zu sitzen. Ich weinte und drängte ihn, eine richtige Wohnung zu suchen.
»Ich will endlich die Computerschule sehen«, quengelte ich.
Doch er erwiderte nur, so schnell ginge das alles nicht und ich müsse Geduld haben. Es seien gerade Ferien, man könne die Schule nicht besichtigen.
Ich merkte, dass ich ohne mein gewohntes Umfeld völlig hilflos war. Gerne wollte ich das Leben in Düsseldorf kennenlernen, aber Anthony war strikt dagegen.
Nach ein paar Tagen in dem Hotelzimmer, das ich mehr und mehr als Gefängnis empfand, nahm Anthony mich mit hinaus, um mir andere Schuhe zu kaufen. Denn ich hatte ja nur völlig unpassende hochhackige Sandaletten im Gepäck. Wir gingen um zwei Ecken in einen Billigladen, wo ich mir ein Paar Turnschuhe aussuchen sollte. Ich und Turnschuhe! Anthony kaufte mir das erste Paar meines Lebens. Ich musste erst mühsam lernen, in so etwas überhaupt zu gehen. Meine Füße, gewöhnt an hohe Absätze, taten mir weh. Meine Sehnen und Bänder waren dafür überhaupt nicht trainiert. Auch einen wattierten Mantel bekam ich endlich.
»Wenn schon Ferien sind«, sagte ich, »dann könnten wir doch auch etwas von Deutschland sehen. Warum holst du mich überhaupt mitten in den Ferien hierher?«
Um mich auf andere Gedanken zu bringen, fuhr Anthony mit mir nach München, wo Freunde von ihm lebten. Und wie es so ist bei uns Afrikanern, wenn jemand aus dem eigenen Land zu Besuch kommt, trommelten auch sie alle Freunde zusammen und wir hatten ein paar gesellige Tage.
Was war ich froh, mich endlich wieder in meiner Sprache unterhalten zu können! Ich stellte eine Menge Fragen und erfuhr ein bisschen, wie es hier in Deutschland zugeht. Wenn ich studieren wollte, so erzählte mir jemand, dann müsste ich einen festen Wohnsitz haben, das heißt, eine Wohnung finden. Dann müsste ich mich bei der Stadtverwaltung anmelden, ohne diese Anmeldung ginge gar nichts. Meine Landsleute in München waren überrascht, als sie von meinen Plänen hörten. »Sprichst du Deutsch?«, wollte ein junger Mann wissen. Ich verneinte. Er sah mich skeptisch an. Anthony bemerkte unsere Unterhaltung und mischte sich ein. Brachte unser Gespräch auf andere Themen. Er behauptete später, diese Leute hätten keine Ahnung. Aber ich merkte mir, was ich erfahren hatte. Wir brauchten eine Wohnung. Sobald wir wieder in Düsseldorf wären, würde ich Anthony darauf ansprechen.
Unser Besuch in München endete mit einem Eklat. Der erste dieser Sorte, aber nicht der letzte. Wir wohnten selbstverständlich in einem Hotel, verbrachten allerdings viel Zeit mit Anthonys afrikanischen Freunden. Einmal ließ er mich allein bei ihnen, um irgendetwas zu »erledigen«. Als Anthony zurückkam, war gerade eine Party im Gang und er fand mich ausgelassen lachend im Gespräch mit ein paar jungen Leuten. Auch Männer waren dabei. Da packte er mich am Handgelenk und machte mir eine wahnsinnige Szene. Er flippte völlig aus, verdächtigte mich, ihn mit einem der Männer zu betrügen. Er war durch nichts zu beruhigen. Ich schämte mich fürchterlich vor diesen freundlichen Menschen, denen Anthony jetzt lauthals vorwarf, sie hätten ihm seine Harriet wegnehmen wollen. Er bestand darauf, auf der Stelle zu gehen, und schleppte
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