African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
doch davon schien niemand Notiz zu nehmen.
»Da gibt es eine winzig kleine Sehne«, erklärte er und ahnte nicht, dass ich kurz davor war, den Verstand zu verlieren, »wenn die durchschnitten wurde, ist es mit dem Gehen vorbei.«
Schließlich kam ein anderer Arzt.
»Ich werde mal einen Test machen«, sagte er und kitzelte mich an der Fußsohle. »Spüren Sie das?«
»Ja. Es kitzelt.«
»Wirklich?!« Er starrte mich an, als wäre ich das siebte Weltwunder.
»Ja!«
Da verlor er sein Interesse. Ich wurde genäht und verbunden, dann schickten sie mich nachhause. Was?, dachte ich, eben hatten sie kaum noch Hoffnung für mich und jetzt darf ich gehen?
Aber wohin sollte ich gehen?
»Mein Mann hat mich geschlagen«, sagte ich mutlos einer Krankenschwester. Sie zuckte mit den Schultern, murmelte etwas und ging weiter. Ich war entlassen worden. Entlassen in ein Leben, das wieder einmal in Scherben lag.
Ich hatte nicht einmal einen Mantel dabei. An den Füßen trug ich Flipflops. Ich fror. Frieren schien seit meiner Ankunft in Deutschland mein Schicksal zu sein. In meiner Verzweiflung fuhr ich im Bus den Weg vom Krankenhaus in Richtung unserer Wohnung mehrere Male hin und her. Kam er an der Endstation an, blieb ich einfach sitzen, bis er wieder losfuhr. Als hätte ich einen Bannkreis um mich errichtet, blieb der Platz neben mirfrei, so überfüllt der Bus auch war. Ein Blick auf meine blutgetränkte Hose und meine verweinten Augen, und die Menschen wandten sich ab. Es war ein Karussell der Hoffnungslosigkeit, auf dem ich an jenem Morgen zwischen dem Krankenhaus, aus dem man mich einfach hinausgeworfen hatte, und der Wohnung, in der ein gewalttätiger Ehemann auf mich wartete, im Kreis fuhr. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte.
Endlich hatte ich eine Idee. Ich würde zur Polizei gehen und sie bitten, mich nachhause zu begleiten. Um mir wenigstens meinen warmen Mantel zu holen, dachte ich. Was danach kommen sollte, war mir noch unklar.
Die Beamten erinnerten sich noch an mich, da sich Anthonys brutaler Übergriff am selben Tag ereignet hatte. Sie hatten Mitleid mit mir und fuhren mich zu unserer Wohnung. Im Auto wollten sie wissen, was ich vorhabe.
»Zu deinem Ehemann kannst du ja nicht zurückgehen, oder?«, meinte ein junger Beamter. »Der hätte dich ja fast umgebracht.«
Ich fing an zu weinen. Erzählte, dass ich schon im Frauenhaus gewesen war und mich schließlich wieder auf diesen Lügner eingelassen hatte.
»Du warst schon im Frauenhaus?«, fragte der Polizist. »Na, dann gehst du doch am besten wieder dorthin zurück.«
Ja, dachte ich, das ist wohl das Beste. Eine andere Lösung fiel mir nicht ein.
Anthony saß im Wohnzimmer, gerade so, wie ich ihn verlassen hatte. Er war bleich im Gesicht vor Zorn. Seine Haare standen hoch, seine Augen waren wie aus Glas.
»Wenn ich dich noch ein einziges Mal sehe«, sagte er leise in unserer Sprache, in Ga, »dann bring ich dich um. Das schwöre ich.«
Ich war vor Angst wie erstarrt, holte meinen Mantel und füllte eine Tasche mit Kleidung. Die Polizisten hatten nicht verstanden, was Anthony gesagt hatte, aber sie beschützten mich. So schnell wie möglich verließ ich mit ihnen die Wohnung.
Die freundlichen Beamten brachten mich zum Mülheimer Bahnhof, von wo ich den Zug nach Düsseldorf-Benrath nahm. Im Frauenhaus aber wartete eine weitere böse Überraschung auf mich.
»Was«, schrie Hildegart außer sich, »er hat sich wieder an dir vergriffen? Da gehen wir hin. Es ist ja schließlich deine Wohnung. Den werfen wir raus! Wenn es sein muss mit Polizeigewalt.«
Da musste ich Farbe bekennen und gestehen, dass es nicht meine Wohnung war, sondern eine auf Anthonys Namen gemietete. Ich hatte ihnen nicht die Wahrheit gesagt. Hildegart bekam schmale Lippen.
»Wenn das so ist«, sagte sie, »dann kannst du nicht mehr zu uns kommen. Du kennst unsere Regeln. Wer nicht ehrlich mit uns ist, der kann nicht mit unserer Unterstützung rechnen.« Und damit verließ sie mit einem lauten Türenknallen den Raum.
Ich brach in Tränen aus. Hildegart hatte recht. Aber ich wusste weder ein noch aus.
»Jetzt hör mit dem Heulen auf«, sagte Nadja. »Wir finden schon eine Lösung. Auf Kosten des Frauenhauses kannst du nicht mehr hier wohnen. Aber mal sehen, ob das Sozialamt nicht einspringen kann. Dein Fall ist ja schon ein besonders harter.«
Ihr Blick ruhte auf meiner blutdurchtränkten Hose. Ich sah Mitleid in ihren Augen. Auch sie hatte viel mitgemacht. Und sie wusste,
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