African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
hatten mir übrigens geholfen, den Wagen neu zu starten, und von da an lief er wieder einwandfrei. Ich binüberzeugt, dass es Gott höchstpersönlich gewesen ist, der mein Auto genau an dieser Stelle zum Stehen gebracht hatte, damit ich endlich dieses Gotteshaus fand.
Dass ich hier wirklich eine echte geistige Heimat gefunden hatte, zeigte sich am folgenden Weihnachtsfest. Der Weihnachtsabend ist für mich, seit ich in Deutschland lebe, immer eine heikle Sache. Zu oft habe ich ihn ganz allein verbringen müssen. In Ghana feiert man ihn in geselliger Runde und ist ausgelassener Stimmung. Die Türen stehen dann überall offen – jeder ist herzlich willkommen, niemand ist ausgeschlossen. Ganz anders in Deutschland, wo die Menschen am Vormittag noch hektisch einkaufen und sich ab dem Nachmittag hinter ihren Haustüren zu verbarrikadieren scheinen. Meistens habe ich an Weihnachten so lang es ging gearbeitet, doch auch die Kneipen machen irgendwann zu. Für mich sind es traurige Abende gewesen, an die ich mich gar nicht mehr erinnern mag.
Nachdem ich in die anglikanische Kirchengemeinde eingetreten war, habe ich mich wieder einmal auf so ein einsames Weihnachtsfest vorbereitet, an dem ich möglichst lange arbeiten und dann die gesammelten Briefe »meiner« Kinder hervorholen und immer wieder lesen würde. Doch dann geschah ein Wunder. Am letzten Sonntag vor dem Weihnachtsfest fragte mich der Pastor nach dem Gottesdienst:
»Harriet, was machst du eigentlich an Weihnachten?«
»Ach«, sagte ich, »nichts Besonderes. Ich hab ja niemanden.«
»Möchtest du zu uns kommen?«
Ich starrte ihn an. Stammelte ein Dankeschön. Ja, ich würde gerne kommen. Und auf einmal freute ich mich auf Weihnachten. Es sollte ein wunderschöner Abend werden. Ich war der einzige Gast, der nicht zur Familie gehörte, aber das ließ mich niemand spüren.
Im Jahr darauf habe ich aus der Kirchengemeinde zwei weitere Einladungen erhalten. Aber ich sagte mir, dass ich Weihnachten lieber im Haus des Pastors verbringen möchte, sofern er mir dies erneut anbieten würde. Seither habe ich mit seiner Familie den Heiligen Abend verbringen dürfen.
Niemand, der nicht wie ich ganz allein in der Fremde lebt, kann nachempfinden, was diese Geste bedeutet. Viele sagen, Heiligabend sei ein ganz gewöhnlicher Abend, doch das ist nicht wahr. An keinem anderen Abend spürt man so sehr, ob man einsam ist oder nicht, wie am Weihnachtsfest. Dank der Familie des Pastors der anglikanischen Kirche hatte ich schließlich auch für dieses Fest in Deutschland eine Heimat gefunden.
Im Jahr 2001 erlag meine jüngere Schwester Ama Tanowaa ihrer seltsamen Krankheit. Ich war sehr traurig. Warum hatte ich gesund werden dürfen und meine arme Schwester nicht? Das habe ich mich oft gefragt. Meine Mutter war all die Jahre in London gewesen und hatte die Betreuung der kranken Schwester unseren Verwandten überlassen. Während ich durch den Trank der alten Heilerin gesund geworden war, hatte es für Tanowaa keine Hilfe gegeben.
Meine Mutter nahm den Tod ihrer jüngsten Tochter zum Anlass, nach Ghana zurückzukehren. Mein Onkel zog daraufhin wieder in sein eigenes Haus und meine Mutter nahm seinen Platz ein. In ihrem Haus lebten mittlerweile schließlich die 51 Kinder aus Bukom. Das Programm hatte sich als erfolgreich erwiesen, die Kinder bewährten sich ausgezeichnet in der Schule. Mama Patience hatte sich all die Zeit um den Haushalt gekümmert und die Betreuung übernommen.
Da meine Mutter wieder zuhause lebte, schien es mir nicht richtig, das Geld für die Kinder weiterhin Mama Patience zu schicken. Aus Respekt bat ich daher meine Mutter, die Verwaltung des Geldes, das ich regelmäßig überwies, zu übernehmen. Sie erklärte sich einverstanden. Für ärmere Kinder zu sorgen ist in unserer Kultur nämlich eine Ehrensache.
Jahrelang hatte ich es geschafft, aus eigener Kraft finanziell für diese Kinder aufzukommen. Ich war davon überzeugt, dass mir dies auch weiterhin gelingen und mich gerade meine eigene Mutter darin unterstützen würde.
WIE ALLES BEGANN
Die Gäste im »Einhorn« waren von meinem Projekt begeistert. Eines Tages kam ein besonders netter Stammgast und fragte mich, ob ich schon daran gedacht hätte, einen Verein zu gründen.
»Einen Verein? Wozu einen Verein?«
»Dann kannst du für deine Kinder noch besser Geld sammeln.«
»Was genau ist denn überhaupt ein Verein?«, wollte ich neugierig wissen.
Er erklärte es mir. Ehrlich gesagt habe ich nur
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