African Boogie
Schwelle. »Und wie du wieder aussiehst!« Streng ordnete Roswitha Heidlich den Kragen des kurzärmligen Hemdes, das ihr Mann trug.
Katharina nutzte die Gelegenheit, Frank Heidlich zu mustern. Er war nicht besonders groß, nur ein paar Zentimeter größer als sie selbst. Das Beige seiner Kleidung machte seine Haut noch blasser. Sein Haar war schütter und sein Gesicht konturlos.
»Ja?«, sagte er, als seine Frau endlich mit seinem Äußeren zufrieden war. »Kriege ich Punkte abgezogen?«
Katharina bemühte sich, vertrauenerweckend zu lächeln: »Nein, keine Sorge. Ich wollte nur wissen, ob Sie zufällig einen Dirk Schröder kennen.«
Frank Heidlich zuckte mit den schmalen Schultern: »Klar. Der war in der Schule mein bester Freund. Dann haben wir uns aus den Augen verloren. Er ist an die Städelschule gegangen und ich nach Heidelberg, um Jura zu studieren. Das war wirklich witzig, als ich seinen Namen hier wieder gehört habe. Dass er die Brücke gebaut hat und so. Muss es wohl inzwischen geschafft haben.«
»Hat es zwischen Ihnen mal Streit gegeben?«, fragte Katharina.
»Nö. Ist halt so, nach der Schule. Man geht getrennte Wege. Fand ich immer ziemlich schade.«
Nachdem er zu Ende gesprochen hatte, stand er schweigend vor ihnen, während seine Frau immer wieder unsichtbare Fusseln von seinem Hemd zupfte.
»Und jetzt sind Sie Rechtsanwalt?«, fragte Kristina, die wohl die Stille nicht gut ertragen konnte.
»Ja, das heißt nein. Ich habe meine Zulassung noch. Aber das mit der eigenen Kanzlei, das hat nicht so richtig funktioniert. Also arbeite ich hauptberuflich als Chauffeur.«
»Nun stell aber mal dein Licht nicht unter den Scheffel, Frank«, sagte seine Frau brüsk und fügte stolz hinzu: »Mein Mann ist stellvertretender leitender Chauffeur des Fahrdienstes der Fraport AG. Fährt so richtig teure Limousinen.«
»Aha«, sagte Katharina. Um Konversation zu machen, fragte sie: »Schon mal einen Maybach gefahren?«
»Nur einmal. Bei einer Messe. Schöner Wagen. Aber meistens fahre ich S-Klasse. Manchmal auch einen Bentley. Jetzt sollen aber nur noch diese nichtssagenden Kleinbusse kommen. Von Daimler. Sparmaßnahme. Schade eigentlich.«
Frau Heidlich wandte sich zu Katharina: »Eigentlich muss mein Mann gar nicht arbeiten. Meine Agentur macht genug Umsatz. Media-Buying. Wir kaufen exklusiv die Sendezeiten für die Werbespots von ein paar ziemlich großen Unternehmen.«
Mein Gott, wie überheblich, dachte Katharina. Vielleicht war sie das Opfer? »Und Sie? Kennen Sie Dirk Schröder auch?«
»Nein, das war vor meiner Zeit. Schade eigentlich, wir können nämlich bald einen Architekten brauchen. Wir wollen bauen.« Sie stellte sich in Positur. »In Bad Vilbel!«
»Aha. Gut, dann wollen wir mal …« Doch dann fiel Katharina noch etwas ein: »Darf ich fragen, wie Sie zu dieser Reise gekommen sind?«
Roswitha Heidlich schnaubte entrüstet, offenbar empört darüber, dass Katharina nicht glaubte, sie könne sich diese Reise leisten. Doch Frank Heidlich erklärte: »Das war wirklich witzig. Ich hatte da einen Fahrgast. Und der hat eine ziemlich exklusiv aussehende Einladung zu einem Gewinnspiel in den Papierkorb der Limousine geworfen. Die hab’ ich gefunden. Aus purem Jux hab’ ich die Antwortkarte ausgefüllt. Und gewonnen.«
»Wissen Sie, von welcher Firma das Preisausschreiben war?«
»Nein. Das stand nicht auf der Karte. Und auch nicht auf dem Schreiben mit den Tickets. Das kam von dieser Agentur mit den Römern.«
»Und das fanden Sie nicht seltsam?«
»Doch, schon. Aber einem geschenkten Barsch schaut man nicht hinter die Kiemen. Das hat Dirk früher immer gesagt.«
»Komisch. Man könnte meinen, die Heidlichs sind zufällig hier. Wenn sie nicht den Schröder kennen würden.« Kristina sprach aus, was Katharina dachte. Die Reise war wirklich sehr geschickt eingefädelt. Da musste man erst mal drauf kommen.
Sie waren über die Kieswege zum Restaurantpavillon zurückgewandert. Dort saßen Andreas Amendt und Javier zusammen mit dem Tankstellenbesitzers-Paar. Auch Sandra Herbst hatte sich hinzugesellt. Sie tranken Kaffee und Herr Kerbel gab gerade einen Schwank aus dem Leben eines Tankstellenbesitzers zum Besten: »Und dann habisch dene gesacht, dass die Brems aa hin is. Und da sacht der: Darum sollen’s ja ma Hup lauder mache!« Er lachte über seinen eigenen Scherz. Als Einziger.
Katharina und Kristina setzten sich an einen separaten Tisch. Augustin schenkte ihnen ebenfalls zwei Tassen
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