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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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Wasseroberfläche drückte Katharina die Luft aus den Lungen, sie schmeckte Salzwasser, verschluckte sich, hustete – und ging unter wie ein Stein.

IV
     
    Appointment With Death
     
    Wunsch? Hatte ich Wünsche?
    Vor allem hatte ich Schulden. Geerbt von meinen Eltern. Das meiste davon hatte ich in den vergangenen Jahren schon abbezahlt. Aber trotzdem wäre es ein Anfang.
    »Wissen Sie schon, was Sie als Erstes machen werden?«, fragte der Lottobeamte.
    »Ein paar alte Schulden bezahlen.«
    »Sehr vernünftig.«
    Mag sein. Der Lottobeamte gab mir noch ein paar Warnungen mit: nicht prassen, keinen Luxus zeigen, nur wirklich guten Freunden vom Gewinn erzählen. Also niemandem. Ich hatte keine »wirklich guten« Freunde.
    Zum Abschied gab er mir die Hand: »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute. Und Sie werden sehen, wie gut man sich fühlt, wenn man alle alten Rechnungen beglichen hat.«
    Alte Rechnungen? Ja. Genau das würde ich machen. Alte Rechnungen begleichen. Alle. Endgültig und für immer.

Just A Closer Walk With Thee
     
    Das war jetzt wirklich lächerlich. Katharina hatte ja immer gewusst, dass sie eines Tages ertrinken würde. Aber doch nicht so. Nicht, weil sie wie eine blutige Anfängerin in eine Falle getappt war.
    Sie trieb orientierungslos in der salzigen Schwärze und kämpfte gegen das Husten an. Ihre Ohren schmerzten vom Druck. Wenn sie wenigstens den Grund erreichte, dann konnte sie sich vielleicht abstoßen und auftauchen, zumindest ganz kurz, um Luft in ihre Lungen kriegen. Ihr Körper fühlte sich an, als würde er gleichzeitig platzen und zusammengequetscht werden; vor ihren Augen blitzte es, sie zwinkerte, sah bunte Farbkreise.
    Eine Explosion dröhnte in ihren Ohren, gleichzeitig wurde es um sie herum gleißend hell. Das musste das Licht sein, von dem alle redeten. Das Licht am Ende des Tunnels.
    Sie spürte, wie sie gepackt wurde. Etwas presste sich fest auf ihren Mund und ihre Nase. Sie versuchte, um sich zu schlagen, doch es war zwecklos. Das Etwas packte sie noch fester und zog sie mit sich. Sie hatte es ja immer gewusst. Im Wasser lauerten Monster und würden sie für immer in die Tiefe zerren.
    Das Jenseits begann mit einem Kuss, doch die Lippen, die ihren Mund aufzwangen, waren kalt, nass und glitschig. Sie musste husten, schmeckte Salzwasser in ihrem Mund. Sie blinzelte und versuchte, die Augen zu öffnen. Über ihr schwebte in Überlebensgröße das Gesicht von Andreas Amendt.
    Oh nein! Konnte sie nicht mal anständig sterben? Sie bestand ja nicht auf Engelsflügeln und Harfe, aber ein Wiedersehen mit ihrer Familie wäre schon schön gewesen. Sie wollte die Augen wieder schließen, doch harte Klapse auf ihre Wangen holten sie zurück.
    »Bleiben Sie bei mir!« Amendts Stimme klang dumpf. Katharina spürte, wie sie erneut gepackt wurde. Ihr Oberkörper wurde angehoben und herumgedreht. Wasser floss ihr aus Mund und Nase. Sie spuckte, würgte. War jetzt nicht langsam mal gut? Sie hatte es ja begriffen: Sie war ertrunken.
    Oder etwa nicht? Während sie nach Atem rang, obwohl jeder Atemzug schmerzte, dämmerte ihr, dass dies möglicherweise gar nicht das Jenseits war. Sie versuchte sich aufzurichten. Starke Hände stützten sie. Endlich fühlte sie sich kräftig genug, sich umzuschauen: Sie saß am Rand des großen Pools auf dem Boden. Andreas Amendt kniete neben ihr. Er war nackt. Warum war er nackt? Seine Haare waren klitschnass, die Wassertropfen auf seiner Haut glitzerten im Licht der Pool-Scheinwerfer wie Kristalle. Er musste ins Wasser gesprungen sein. Er musste sie gepackt und herausgezogen haben, um ihr das Leben zu retten. Schon wieder. Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen. Stattdessen erbrach sie sich. Galle und Salzwasser. Das meiste davon spritzte direkt auf Andreas Amendt, doch er hielt sie trotzdem fest. Mit einer Hand strich er ihr Haar beiseite.
    Katharina schloss die Augen wieder. Andreas Amendt hob sie auf seine Arme und trug sie zu ihrem Bungalow. Hände streiften ihr die nassen Kleider vom Körper, rubbelten sie mit einem Frotteehandtuch ab. Endlich lag sie auf etwas Warmem, Weichem. Ein Bett. Eine Decke breitete sich wie von selbst über ihr aus. Sie zog sie bis zum Kinn.
    Kurze Zeit später spürte sie, wie sich jemand schwer neben sie auf das Bett setzte und an ihrer Schulter rüttelte. Widerwillig öffnete sie die Augen. Neben ihr saß der nun wieder bekleidete Andreas Amendt: »Sie sind eine ganz schöne Idiotin, wissen Sie das? Wie konnten Sie nur

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