African Boogie
mit auf den Sprungturm klettern? Es war doch klar, was er vorhatte. Und Sie tappen genau in die Falle. Seien Sie bloß froh, dass Vollmond ist und ich den Sprungturm vom Restaurantpavillon aus sehen konnte.«
Er hatte recht. Sie hatte mit dem Kopf durch die Wand gewollt und die Quittung dafür gekriegt. Katharina wollte sich umdrehen. Doch Amendt hielt sie fest.
»Nicht so voreilig. Ich muss Sie noch mal abhorchen.«
Er packte sie und setzte sie auf. Die Decke rutschte von ihrem Körper. Katharina wollte sie wieder um sich schlingen. Doch Andreas Amendt stoppte sie: »Keine falsche Scham jetzt. – Einatmen, Ausatmen …«
Sie tat, wie er befahl, während er das kalte Stethoskop auf ihren Rücken, dann auf ihre Brust presste.
Endlich ließ er zufrieden von ihr ab: »Die Lunge ist frei und Ihr Herz schlägt regelmäßig. Seien Sie froh, dass der Pool mit Meerwasser gefüllt ist. Süßwasser schädigt die Lungen sehr viel schneller. – Dennoch: Sandra wird heute Nacht zur Sicherheit bei Ihnen bleiben. Morgen früh schauen wir dann.«
»Aber –«
»Kein Aber. Für Sie ist jetzt Bettruhe angesagt. Sie hatten heute schon eine Rundreise ins Jenseits. Dabei soll es bleiben. Haben Sie verstanden?«
Katharina zog sich artig die Bettdecke wieder bis zum Hals. Amendt war aufgestanden und steckte das Stethoskop zurück in seine Tasche.
Katharina musterte ihn und krächzte: »Sie sehen furchtbar aus.«
Er blickte an sich herab. Sein weißes T-Shirt war über und über mit Blut besudelt. Große, rote Flecken, die an den Rändern bereits langsam braun wurden.
»Ja. Ich habe versucht, Sylvia Schubert wiederzubeleben. Aber ohne Erfolg. Der Pfeil ist direkt in ihr Herz gedrungen. Keine Chance.« Er seufzte matt. »Haben Sie bei Ihrem Abenteuer wenigstens erkennen können, wer unser Täter ist?«
Katharina schüttelte ärgerlich den Kopf: »Nein. Aber von den Gästen kann es keiner gewesen sein. Die waren ja alle da.«
»Bis auf diesen von Weillher – Wie nennen Sie ihn noch? Den Freiherrn?«
Harry räusperte sich. Er hatte die ganze Zeit unbemerkt in einer Ecke gestanden: »Der sitzt immer noch ein. Ist in den Hungerstreik getreten und weigert sich, die Zelle zu verlassen, bis Katharina sich bei ihm entschuldigt hat.«
Oh je, den Freiherrn hatte Katharina über die Ereignisse völlig vergessen. Sie hustete kräftig, dann sagte sie mit rauer Stimme: »Sag ihm, ich entschuldige mich morgen.«
Andreas Amendt nahm seine Tasche: »Wie schon gesagt, Sandra bleibt heute Nacht bei Ihnen.«
»Warten Sie, ich gebe Ihnen wenigstens ein frisches T-Shirt.«
»Das ist nicht –«
Doch Katharina war bereits aufgestanden. Die Bettdecke glitt von ihr herab. Egal. Sie ging mit unsicheren Schritten zum Schrank und fischte ein übergroßes Motörhead-T-Shirt heraus, das sie eigentlich als Nachthemd mitgenommen hatte. »Das müsste passen.« Sie warf es Andreas Amendt zu, der es geschickt auffing. Dann zog er das dreckige T-Shirt aus und warf es in den Papierkorb. Er sang leise vor sich hin, während er das neue Hemd überstreifte: »I know I’m born to lose and gambling is for fools …«
Katharina sah ihn überrascht an.
»Was?«, fragte er beleidigt. »Ich höre auch nicht nur Jazz.«
Katharina lag in ihrem Bett und starrte zur Decke. Das war wirklich gerade noch mal gut gegangen. Und schon wieder war es Andreas Amendt gewesen, der ihr das Leben gerettet hatte. Ohne zu zögern.
Erneut setzte sich jemand neben sie auf das Bett: Sandra Herbst. Sie hielt eine Injektionsspritze in der Hand.
»Ein Antibiotikum«, erklärte sie. »Haben Sie Allergien oder Überempfindlichkeiten?«
Katharina schüttelte stumm den Kopf.
»Na, dann zeigen Sie mir mal Ihre Schulter.«
Katharina setzte sich behutsam auf. Mit einem Tupfer desinfizierte Sandra Herbst eine Stelle auf ihrem Oberarm, bevor sie ihr das Medikament injizierte. Danach klebte sie ein kleines Pflaster auf die Einstichstelle.
»Und wenn Sie in der Nacht irgendetwas bemerken, Atemnot, Herzrasen oder Panik oder so, dann melden Sie sich sofort. Ich sitze dort in dem Sessel.«
The Chicken And The Hawk Boogie
Katharina wusste im ersten Augenblick nicht, wo sie war. Sie lag auf dem Rücken und starrte in die Finsternis. Dann fiel es ihr wieder ein. Sie war auf der Flucht vor einem Profi-Killer, auf Mafia Island, genauer gesagt auf Golden Rock, und auf der Suche nach einem Mörder. Diese Suche war für sie beinahe tödlich ausgegangen. Doch wenigstens diesmal hatten sie die
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