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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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sie das alles nichts an. Sie hatte ein kleines Notizbuch und einen dünnen Stift aus ihrer Tasche gezogen und schrieb hin und wieder etwas mit.
    »Richtig. Das Motiv«, nahm Katharina den Faden wieder auf. »So komplex sich Gewalttaten auch darstellen mögen, sie lassen sich praktisch immer auf die gleichen Grundmotive zurückführen: Hochmut, Habgier, Wollust, Rache, Selbstsucht, Eifersucht, Neid.«
    »Die sieben Todsünden«, nahm Darissa von Heuth die Pointe vorweg. »Ist das nicht ein bisschen einfach?«
    »Nein«, antwortete Katharina grob. »Lassen Sie uns die Motive einmal gemeinsam durchgehen. Da wäre zunächst der Hochmut: Ganz sicher ist unser Täter hochmütig. Er lockt Sie alle auf diese Insel, sperrt Sie ein und beginnt, seine Morde zu begehen. Er ist hochmütig genug zu glauben, dass er nicht entdeckt werden wird.«
    Katharina nahm kurz einen Schluck Wasser aus dem Glas, das sie sich bereitgestellt hatte. Die Gesichter Ihrer Zuschauer waren voller Zweifel. Sie würde kämpfen müssen, aber sie hatte noch ein paar Asse im Ärmel. Mit großen Schritten durchquerte sie den Raum, bis sie fast in der Mitte stand. Dann fuhr sie fort: »Habgier! Sehr viele Tötungsdelikte werden aus Habgier begangen. Und wir haben wenigstens einen Menschen unter uns, der aus seiner Habgier keinen Hehl macht: Chittaswarup Kumar.« Katharina trat an den Tisch des dicken Inders. »Es ist kein Geheimnis, dass er Golden Rock gerne seinem Tourismus-Imperium einverleiben würde. Und was wäre besser geeignet, den Kaufpreis zu drücken, als ein handfester Skandal? Also nistet er sich auf Golden Rock ein und wartet auf geeignete Opfer wie die Spinne in ihrem Netz.«
    Die Gäste lehnten sich vor, viele mit offenem Mund, wohl in der Überzeugung, jetzt Zeuge einer echten Mörderüberführung zu werden.
    Doch leider verlor Kumar in diesem Moment die Fassung: Er lachte dröhnend und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Als junger Mann hatte er von einer Bollywood-Karriere geträumt, doch seine Eltern wollten ihm diese Flausen austreiben und hatten ihn zum Studium nach Deutschland geschickt. Deshalb hatte er sich ausbedungen, in Katharinas Plan einen Bösewicht zu spielen.
    Leider fand er ein wenig zu viel Gefallen an seiner Rolle, denn die anderen Gäste fielen unwillkürlich in das Lachen ein.
    »Ach, das ist das Krimispiel«, rief jemand erleichtert, Katharina konnte nicht sehen, wer.
    »Das ist aber ganz schön geschmacklos«, entrüstete sich der Studienrat. »Wo doch –«
    »Ruhe bitte«, donnerte Harry, wie sie es abgesprochen hatten, sollte die Situation aus dem Ruder laufen.
    »Nein, leider ist das kein Spiel«, fuhr Katharina mit kräftiger Stimme fort. »Und Sie alle tun gut daran, mir zuzuhören, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist.«
    Es wurde totenstill. Katharina sprach weiter: »Doch kommen wir auf Chittaswarup Kumar zurück. Dieser Verdacht hat Mängel. Denn was sollte er mit einem Resort, dessen Ruf endgültig ruiniert ist?«
    Der dicke Inder faltete zufrieden die Hände über seinem Bauch. Katharina fuhr fort: »Doch noch jemand anderes profitiert von diesem Skandal. Sie haben es bemerkt: Außer Ihnen hat Golden Rock keine Gäste. Zufall? Wirtschaftliche Flaute? Oder hat unser Täter es bewusst so eingerichtet? Egal wie: Golden Rock steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Und wer muss deshalb Angst um seinen Job haben?«
    »Der da!« Jean-Luc deutete auf Döring.
    »Ganz genau.« Katharina ging zu dem Tisch, an dem Stefan Döring saß. Er hatte den Kopf zwischen seine Schultern gezogen. Katharina stützte sich auf seine Stuhllehne: »Natürlich der verantwortliche Direktor der Anlage. Auch ihm käme ein Skandal sehr gelegen, nicht wahr? Die Pleite der Anlage wäre nicht seine Schuld – und er kann Retter in der Not spielen. Habe ich recht, Herr Döring?«
    Döring schwieg. Katharina packte ihn am Kinn und zwang ihn so, sie anzusehen. Gut, dass sie ihn nicht eingeweiht hatten. Er spielte seine Rolle perfekt. »Habe ich recht, oder nicht?«, wiederholte sie.
    Döring antwortete noch immer nicht.
    »Wäre so eine Notlage nicht ideal, sich als perfekten Krisenmanager hinzustellen?« Sie wandte sich wieder an ihr Publikum. »Und nicht nur das: Stefan Döring ist Bundeswehr-Offizier der Reserve. Ein Pionier. Ausgebildet darin, mit Sprengstoffen umzugehen. Und zu töten.«
    Das war das falsche Stichwort gewesen: Charlie Buchmann sprang auf, gefolgt von Christian Kurt und auch Jean-Luc.
    »Worauf warten wir dann noch?«

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