African Boogie
Soldaten daran machten, die letzten Spalten mit Beton zu schließen: Die Brücke war fertig, die Gefangenen von Golden Rock waren wieder frei.
Alle bis auf einen: Dirk-Marjan saß in seiner improvisierten Zelle, auch in diesem feierlichen Moment von einem der Leibwächter bewacht. Er erhielt drei Mahlzeiten am Tag und durfte jeden zweiten Tag unter strenger Aufsicht duschen. Doch das ganz große Problem war noch nicht gelöst: Wie sollten sie ihn der Gerechtigkeit zuführen?
Stefan Döring stand der Schweiß auf der Stirn, als hätte er die Brücke soeben selbst mit bloßen Händen aufgebaut. Immer wieder zupfte er an seinem »letzten frischen Hemd« und wischte die Handflächen verstohlen an seiner Hose ab. Beim Frühstück hatte er versprochen, dass es, sobald die Brücke stünde, auch wieder einen Wäscherei-Service geben würde, und das in einem Ton, als hinge der Fortbestand der Zivilisation davon ab.
Jetzt starrte er die Brücke hinunter, auf der ihm drei Männer in Bundeswehr-Overalls entgegenkamen. Sie gingen entspannt, mit schwingenden Armen, als unternähmen sie einen Spaziergang. Doch Döring salutierte, als die drei das Ende der Brücke erreicht hatten und Golden Rock offiziell betraten.
Der mittlere der Männer schlug dem Club-Direktor zur Begrüßung kräftig auf die Schulter: »Döring, altes Frontschwein! Was hast du denn angestellt, dass sie dich auf einer einsamen Insel aussetzen?«
Döring ließ seine immer noch zum Salut erhobene Hand sinken und umarmte den Mann ebenso kumpelhaft: »Bachmann! Haben die dich doch tatsächlich zum Oberst gemacht! Darauf müssen wir trinken!«
»Ganz recht! Aber erst: der offizielle Teil!« Oberst Bachmann stellte sich in Positur. Dann sagte er mit kommandogewohnter Offiziersstimme: »Die Brücke ist hiermit offiziell eröffnet!«
Döring hatte den Oberst in sein mittlerweile wieder eingerichtetes Büro geführt. Harry, Katharina, Andreas Amendt, Sandra Herbst und Javier waren ihnen gefolgt.
Der Oberst hatte aus den Taschen seine Overalls einen großen Flachmann zutage befördert und daraus sieben Gläser eingeschenkt. Gemeinsam hatten sie angestoßen. Katharina hätte sich beinahe verschluckt, was der Oberst mit »Tja! Von meiner Familie selbst gebrannt!« kommentierte.
Dann hatte ihm Döring seine »Freunde und Helfer« vorgestellt und kurz berichtet. Oberst Bachmann war hellhörig geworden, als Döring bei den Morden angelangt war; er hatte verlangt, das Video mit dem Geständnis zu sehen.
Als Döring den kleinen Fernseher wieder abschaltete, pfiff der Oberst zwischen den Zähnen: »Das ist wirklich ein Problem! Wie kriegen wir den Dreckskerl von der Insel und vor Gericht?«
Nachdenklich goss er sich noch ein Glas aus seinem Flachmann ein und trank. Plötzlich sagte er: »Ich hab’ da eine Idee. Gebt mir noch etwas Zeit, ich muss erst was nachprüfen. Und sagt den tansanischen Behörden noch nichts.« Mit Schwung setzte er das Glas ab: »Döring, alte Socke, was hältst du davon, wenn wir heute erst mal zünftig Weihnachten feiern? Meine Männer, deine Gäste. Wie in alten Zeiten.«
»Oh ja, Weihnachten«, entschlüpfte es Katharina. Die anderen sahen sie überrascht an.
»Frau Yamamoto, der Oberst meint es doch nur gut«, ermahnte Andreas Amendt sie streng. »Sie brauchen sich nicht über ihn lustig zu machen, auch wenn Weihnachten eine etwas alberne Sitte ist.«
»Oh, oh«, machte Harry. Und dann war Katharina schon zu Amendt herumgewirbelt und funkelte ihn wütend an: »Ich mache mich nicht lustig. Zufällig mag ich Weihnachten! Mit allem Drum und Dran. Weihnachtsbaum, Geschenke, Lieder, Tannenzweige und so weiter. Haben Sie ein Problem damit?«
Andreas Amendt starrte sie an, als hätte Katharina ihm gedroht, ihn als Weihnachtsbraten zu servieren: »Nein, natürlich nicht.«
Harry schlug ihm auf die Schulter: »Das ist auch besser so. Und wenn ich Ihnen einen guten Rat für die Zukunft geben darf: Stellen Sie sich niemals zwischen Kaja und eine Weihnachtsfeier!«
»Hopp, hopp! Kräuter schnipple! Eier schäle!« Frau Kerbel stand in der Mitte der Küche und kommandierte das Personal. Sie hatte es übernommen, dafür zu sorgen, dass »unsere Jungs was Anstänsches zwische de Rippe kriesche«. Jetzt war sie puterrot im Gesicht und ihr stand der Schweiß auf der Stirn, während sie eine Rekordmenge »afrikanisch-grie Soß« zubereitete. Auch Andreas Amendt hatte ihr Hilfe angeboten. Katharina hatte sich sehr amüsiert, als sie ihn prompt zum
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