African Boogie
stabil. Deswegen darf man hier nur mit Führung hin.«
Irgendwann erreichten sie einen Teil, der erweitert und mit Beton verstärkt worden war. Augustin drückte einen Lichtschalter. Neonröhren sprangen flackernd an.
»Beim Bau der Anlage haben wir die Höhlen teilweise als Versorgungstunnel benutzt. Die hier …« Er legte stolz seine Hand auf eine Maschine, die eine schwere Trommel mit dickem Stahlseil antrieb. »Die hier spannt die Brücke. Wenn der Wind zu stark weht, können wir die Brücke etwas entspannen, damit sie nicht bricht.« Er öffnete eine Stahltür. Sie gingen hindurch und standen im Freien. Über ihnen spannte sich die Brücke.
Augustin deutete nach oben. »Das hier ist ziemlich clever. Die Brücke verbindet uns auch für andere Zwecke mit dem Festland. Telefon, Internet, Fernsehen.« Er zeigte auf ein paar gespannte Seile, die eine Art Takelage formten. »Deswegen kann man auch hier unten lang klettern, wenn man mutig ist.«
Dirk-Marjan sagte andächtig: »Schon ein ziemliches Meisterwerk. – Toller Architekt. Ein Deutscher, oder nicht?«
Augustin bejahte: »Dirk Schröder. Netter Kerl. Guter Kletterer. Hat den Arbeitern viel vorgemacht.«
Kristina stieß ihren Lieblingsarchitekten in die Seite: »Wie du auch. Du springst doch auch immer auf Baustellen rum.«
Augustin ließ sie sich noch ein paar Augenblicke ausruhen. Katharina setzte sich neben ihn. »Harry hat mir erzählt, dass sich die Strömungen um Golden Rock verändert haben. Kommt das von der Brücke?«
»Nee, nicht von der Brücke«, antwortete Dirk-Marjan für Augustin. »Die Pfähle der Brücke stehen genau auf Felsen, die ohnehin schon dicht unter die Wasseroberfläche ragten. Da hat der Schröder drauf geachtet.« Plötzlich fiel ihm auf, dass ihn die anderen ungläubig ansahen. »Im Internet war eine Zeichnung«, erklärte er eilig. »Ich war neugierig.«
»Dirk-Marjan baut auch Brücken«, ergänzte Kristina stolz.
»Aber die hier ist wirklich toll«, fing Dirk-Marjan wieder an zu schwärmen. Er führte Kristina etwas weg und begann, ihr Details der Konstruktion zu erklären. Augustin und Katharina blieben zurück.
Katharina fragte leise: »Und, was glaubst du, woher die Strömungen kommen?«
Augustin kratzte missmutig mit der Schuhspitze im Sand: »Verdammtes Dynamit-Fischen. Das wird wohl irgendwann das Riff so kaputtgemacht haben, dass ein Teil eingestürzt ist.«
Dynamit-Fischen. Man zündete unter Wasser Sprengladungen, die Fische starben vom Explosionsdruck und trieben dann an die Oberfläche, von der man sie nur noch aufsammeln musste. »Ist das nicht illegal?«, fragte Katharina.
»Natürlich. Schert sich aber keiner drum«, antwortete Augustin. »Bevor das Riff eingestürzt ist und die Seewespen gekommen sind, konnte man bei Golden Rock super tauchen. Jetzt nicht mehr.«
»Und das Taucherparadies, das der Prospekt verspricht?«
»Im Norden von Mafia Island. Ist ja nicht so weit. – Ich kenn’ da einen tollen Tauchlehrer. Wenn du willst …«
Katharina schüttelte den Kopf. Tauchen? Im Wasser? Wo Ungeheuer sie packen konnten? »Nein danke«, erklärte sie rasch. »Ich darf nicht tauchen. Probleme mit den Ohren.«
Augustin stand auf und rief Kristina und Dirk-Marjan zum Aufbruch.
Sie gingen zurück durch die Stahltür. Im Inneren der Höhle, neben der Tür, lagen mehrere große Trommeln mit einem dicken roten Kabel, das Katharina bekannt vorkam.
»Noch mehr Arbeiten?« Sie deutete auf die Kabel.
Augustin zuckte mit den Achseln: »Wir wollten zur Sicherheit noch ein Telefonkabel legen. Sind wir aber bisher nicht zu gekommen.«
Ihr Weg führte sie weiter in das Labyrinth aus Gängen und Höhlen hinein, bis sie an eine Treppe kamen, die sich spiralförmig an einem Schacht in die Höhe zog. Augustin leuchtete mit seiner Lampe hinauf: »Der Schnorchel des … nun, ihr würdet wohl sagen: Poseidon. Eine Legende sagt, dass der Meergott hier getaucht hat und dann eingeschlafen und versteinert ist. Sein Körper wurde dann zu Mafia Island. Und das hier ist sein Schnorchel.«
Katharina lachte: »Das ist nicht dein Ernst, oder? Schnorchel?«
Augustins breites Grinsen leuchtete weiß in der Dunkelheit: »Hab’ ja nicht gesagt, dass das eine alte Legende ist. Das haben sich die Sporttaucher im Norden ausgedacht.«
Sie tasteten sich vorsichtig die geländerlose Treppe empor. Der Schnorchel verengte sich zusehends, bis sie durch einen schmalen Spalt zwischen ein paar Felsen ins Freie traten. Nein. Nicht ins
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