African Boogie
Mann. »Und jetzt muss ich was essen!« Und damit griff sie in die Schale Salzbrezeln, die auf dem Bistrotisch stand.
»Claudia muss immer essen, wenn sie sich aufregt«, erklärte der Mann Katharina.
»Ganz richtig! Und wenn ich morgen nicht mehr in meinen Bikini passe, bist du schuld!« Die Frau lehnte sich an das Geländer und begann zu knabbern.
Moment, was hatten die gerade erzählt? Das interessierte Katharina jetzt doch: »Ihre Schule ist abgebrannt?«
»Ja«, sagte die Frau zwischen zwei Brezeln. »Bis auf die Grundmauern. Die Schüler wurden auf andere Schulen verteilt. Und wir sind bis auf Weiteres beurlaubt.«
»Immerhin bei vollem Gehalt«, ergänzte der Mann.
»Das kommt davon, wenn man es ständig mit Pyromanen zu tun hat.«
»Schüler haben Ihre Schule angezündet?«, fragte Katharina.
»Schüler? Hah! Ein Kollege!«, empörte sich die Frau und schob sich noch eine Brezel in den Mund.
»Komm Schatz, das ist nicht erwiesen.«
»Wer soll es denn sonst gewesen sein? Wer hat denn das Loch in den Sportplatzrasen gesprengt?«
»Das war ein Unfall!« Der Mann wandte sich an Katharina. »Ihm ist die Lötlampe in die Kiste mit den Feuerwerkskörpern gefallen. Beim Schulfest. – Wie dem auch sei: Freu dich doch! Sonst hätten wir nicht fliegen können.«
Die Frau kaute entrüstet auf ihren Salzbrezeln. Die Krümel hatten einen kleinen Vogel angelockt, der jetzt neben der Frau auf dem Geländer saß und sie hungrig anstarrte. Es sah aber nicht so aus, als wäre die Frau willens zu teilen.
Auch Harry hatte dem Gespräch gelauscht. Mit seinem Weinglas in der Hand trat er ebenfalls an die Absperrung. »Keine Sorge, wir machen hier keine Verkaufsveranstaltungen«, sagte er in seinem freundlichsten Schutzmann-von-nebenan-Ton. »Und rudern müssen Sie auch nicht. Nur im Fitnessraum.«
Die Frau drehte sich langsam zu ihm um. Ihre Augen funkelten wütend. »Was wollen Sie denn damit sagen?«
Katharina verbarg ihre Schadenfreude, indem sie sich abwandte. Das hatte Harry sich selbst eingebrockt.
»Na ja, falls Sie Sport treiben …«
»Wollen Sie damit sagen, ich muss Sport treiben?«
Der Mann sprang Harry bei: »Schatz, er hat nur gemeint, dass du vielleicht Sport treiben willst.«
»Wie kommt er dazu?« Sie wandte sich an Harry. »Finden Sie mich etwa zu dick?«
Harry war völlig überrumpelt und zögerte zu lange. Verloren!
»Siehst du?«, fauchte sie ihren Freund an. »Er findet mich auch zu dick! Und das ist alles deine Schuld!« Sie stürmte davon, allerdings nicht ohne vorher noch einmal in die Brezel-Schale zu greifen.
Der Mann blickte entschuldigend in Katharinas und Harrys Richtung und eilte ihr dann nach.
Harry zuckte mit den Schultern: »Was hat sie denn? Ihre Figur ist doch in Ordnung!«
»Oh Gott, Harry! Schlag niemals einer Frau vor, sie solle Sport treiben, wenn sie nicht wenigstens Stadtmeisterin im Marathonlauf ist. Und auf die Frage ›Bin ich zu dick?‹ gibt es nur eine einzige richtige Antwort.«
Lachend wandten sie sich der Aussicht zu. Der Sonnenuntergang war gerade in seinen besonders spektakulären Teil übergegangen, der Himmel und Meer glutrot färbte und die Wolken am Himmel aussehen ließ wie Feuerbälle.
Das erinnerte Katharina an etwas: »Haben die gerade wirklich erzählt, dass ihre Schule abgebrannt ist? Wegen Brandstiftung? Sag mal, bin ich paranoid, zu lange bei der Truppe oder …?«
»Das habe ich auch gerade gedacht. Schon eine illustre Gesellschaft, die wir hier haben.«
Sie schwiegen einen Moment. Endlich sagte Harry: »Vorsicht ist besser als Nachsicht. Ich rufe morgen mal ein paar Kontakte in Deutschland an.«
Als Katharina in das Restaurant kam, waren die meisten Gäste schon da. Wieder brannte in der Mitte des Raumes ein großes Feuer, auf dem Fleisch gegrillt wurde. An einer Seite des Saales stand zudem ein großes Buffet, hinter dem zwei junge Männer mit großen, weißen Kochmützen standen.
Katharina überlegte, wo sie sich hinsetzen sollte. Sie hatte keine Lust allein zu essen. Der Freiherr wäre sicher ein guter Tischpartner, aber er war nicht da. An einem Tisch lümmelten sich die zwei Rüpel vom Vormittag, Mandeibel und Mei-äär. Sie sahen schon ziemlich betrunken aus.
Der Studienrat für Deutsch und Sport unterhielt einen größeren Tisch, an dem außer ihm die Gieslers und ein weiteres Paar saßen, die Katharina für sich Herr und Frau Fleischermeister Kerbel aus dem Osthessischen getauft hatte. Sie hörte, wie der Studienrat
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