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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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mit diesen Schuhen war er nicht durch den Garten gelaufen, um durch das Fenster zu springen. Er wird die Schuhe bei einem vorherigen Besuch vergessen haben, dachte Katharina. Und vermutlich hatte er die Schuhe, die er tatsächlich getragen hatte, zusammen mit der Pistole und den Patronenhülsen entsorgt.
    Neben der Beschreibung der Schuhe fand sich ein Vermerk in Thomas’ kleiner, präziser Handschrift: »Fußspuren?«
    Katharina fand die Seite des Berichts der Spurensicherung: Man hatte auf dem Parkett des Flures Spuren von Amendts nackten Füssen gefunden. Sie führten aus Susannes Zimmer zum Wohnzimmer und dann wieder zurück in die obere Etage ins Badezimmer. Er war also aus Susannes Zimmer gekommen, nach unten gelaufen und wieder zurück. Außerdem fanden sich auf dem Parkett neben der Tür zum Wohnzimmer zwei Handabdrücke von ihm. Als ob er gestolpert wäre und sich abgefangen hatte.
    Urplötzlich entstand in Katharina ein Bild: Sie sah Andreas Amendt die Treppe heruntereilen. Warum? Hatte er etwas gehört? Von der Tür zum Wohnzimmer hatte er die Leichen gesehen. War vor Schreck gestolpert. Hatte sich wieder aufgerafft und war ins Wohnzimmer gewankt. Sie sah ihn neben Susanne knien. Sie umdrehen, verzweifelt nach Lebenszeichen suchen.
    Ach, Unsinn! Sie sollte aufhören, Entschuldigungen zu finden. Er war am Tatort. Er hatte die Gelegenheit. Und er war nicht tot. Ein unbekannter Dritter hätte ihn nicht am Leben gelassen.
    Frustriert legte Katharina das Blatt beiseite. Fehlte nur noch der Bericht zur körperlichen Untersuchung. Die Spurensicherer hatten Amendts Haare ausgekämmt und die Fingernägel untersucht – ohne Ergebnis. Keine sichtbaren Verletzungen bis auf einen kleinen blauen Fleck am Hals. Er mochte sich irgendwo gestoßen haben, ob bei der Tat oder nicht, war unklar. Der Bericht enthielt auch Bilder von Andreas Amendts Händen. Sie waren sauber und fein manikürt, die Fingernägel an der linken Hand kurz, an der rechten etwas länger. Er spielte Gitarre. Aber das wusste sie auch schon.
    Sie legte die Blätter des Untersuchungsberichtes einzeln auf das Bett und ließ sie auf sich wirken. Der Bericht war zu kurz, zu sauber. Etwas fehlte. Nur was?
    Die Glasscheibe? Katharina erinnerte sich, dass sie im Dienst einmal eine Scheibe hatte einschlagen müssen. Panoramascheiben standen unter ziemlicher Spannung, sie zersplitterten mit Wucht. Sie hatte noch Tage später kleine Splitter aus ihrem Haar gefischt, trotz mehrmaligen Waschens. Wenn Amendt durch die Scheibe gelaufen war … sein Haar war zwar kurz, aber dicht und gelockt, ein idealer Fremdkörperfänger. Aber nichts. Keine Splitter.
    Er musste die Scheibe aus sicherer Entfernung mit etwas eingeworfen haben, einem Stein vielleicht.
    Katharinas Bild verfestigte sich immer mehr: Keine Tat im Wahn, zumindest nicht akut. Sondern geplant. Mit sorgsam gelegten falschen Spuren. Und die Amnesie? Wirklich Schizophrenie? Oder vorgetäuscht durch Drogen? Als Neurologe wusste Amendt doch bestimmt, was er nehmen musste, um so eine Amnesie zu verursachen.
    In Katharinas Kopf meldete sich Susannes leise Stimme: »Oder er war es nicht. Er hatte doch kein Motiv.« Katharina ignorierte sie.
    Sie sammelte die Blätter der Akte wieder ein, heftete sie zusammen, genau auf die Reihenfolge achtend. Wie Thomas es gemacht hätte. Jetzt hatte sie eine Theorie und musste sie nur noch beweisen. Was hätten Thomas und sie als Nächstes getan? Richtig. Den Grübelzigarillo geraucht. Wenn sie über ein ganz besonders kniffliges Problem nachdenken mussten, hatten sie sich einen teuren Zigarillo geteilt. Katharina durchsuchte ihre Handtasche. Tatsächlich. Dort war das kleine Röhrchen. Sie schüttelte es. Noch voll. Sehr gut. Sie schlüpfte in ihre Hose und ein Paar Sandalen, nahm den Aschenbecher und die Streichhölzer vom kleinen Schreibtisch und trat auf die Veranda ihres Bungalows.
    Es war wieder ruhig auf Golden Rock. Kein Wunder, es war ja auch schon fast halb drei. Sie zündete den Zigarillo an, ignorierte den ersten Hustenreiz und nahm dann ein paar tiefe Züge. In ihr keimten Zweifel. Zu vieles passte nicht zusammen. Aber kam Zeit, kam Rat. Wenn sie wieder in Frankfurt war, würde sie das Haus ihrer Eltern auf den Kopf stellen. Nach weiteren Spuren suchen.
    Sie drückte den Zigarillo energisch aus und wollte schon wieder nach drinnen gehen, in der Hoffnung, doch noch etwas Schlaf zu finden, als sie in der Ferne ein Geräusch hörte. Schritte auf Kies. Sie spähte

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