Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
Vom Netzwerk:
angestrengt in die Dunkelheit. Endlich konnte sie zwei Männer ausmachen. Schwarze. Vermutlich Angestellte des Hotels. Und sie trugen … Das durfte doch nicht wahr sein, oder? Wenn Katharina sich nicht schwer täuschte, trugen sie eine in ein Leintuch eingeschlagene Leiche.
    Rasch schlüpfte sie in den Bungalow und nahm ihre Pistole. Dann glitt sie wieder nach draußen und folgte den Männern. Sie umrundeten den Restaurantpavillon und gingen durch eine Tür in das angrenzende Gebäude. Die Küche.
    Die Küche? Unwillkürlich musste Katharina schlucken. Damals, nach dem »Kannibalen von Rothenburg«, waren seltsame Gerüchte unter ihren Kollegen kursiert: Das sei nur die Spitze des Eisbergs gewesen. Und in Afrika gäbe es Farmen, da würden sich europäische Kannibalen treffen, Touristen in die Falle locken und …
    Aber das waren doch nur Gerüchte, oder?
    Katharina zwang sich zur Ruhe und lauschte an der Tür der Küche. Nichts zu hören. Vorsichtig zog sie die Tür einen Spalt auf, schlüpfte hinein. Dort im Halbdunkel stand Harry mit einer Frau, die sie nicht kannte: Vielleicht Anfang vierzig, rotblonde, gelockte Haare, zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden.
    Wenn schon, denn schon! Katharina tastete nach dem Lichtschalter neben der Tür; die Neonröhren leuchteten flackernd auf. Doch Harry erschrak nur kurz, bis er sie erkannte: »Ich wollte dich gerade holen, Kaja. Wir haben nämlich einen Toten.«
    Katharina ließ die Waffe sinken und kam näher. »Das ist Sandra Herbst«, stellte Harry die Frau neben ihm vor. »Sie ist unsere Ärztin.«
    Die Frau reichte ihr die Hand: »Ich bin leider zu spät gekommen. Er ist ertrunken. In seiner Toilette.«
    »Wo bitte?« Fast hätte Katharina die Waffe fallen lassen.
    »In seiner Toilette«, wiederholte Harry. »Ich hab’ ihn hierher bringen lassen. In das zweite Kühlhaus. Das ist gerade leer. Bei der schwülen Hitze halten Leichen sonst nicht lange.«
    »In seiner Toilette?« Katharina war felsenfest davon überzeugt, sich verhört zu haben. »Wie geht das denn?«
    »Wenn wir das wüssten«, seufzte Harry. »Aber Sandra hat gerade einen Freund aus Deutschland zu Gast, der uns vielleicht weiterhelfen kann.«
    »Haben Sie zufällig eine UV-Lampe?«, unterbrach sie eine vertraute Stimme. Der Mann, der gerade durch die große Stahltür des Kühlraums getreten war, erstarrte, als er Katharina erblickte.
    Und plötzlich fiel das letzte Puzzlestück in Katharinas Kopf an seinen Platz: Der Mann war mittelgroß. Und mit seinen dunklen, gelockten Haaren konnte er durchaus als Südländer durchgehen. Deshalb sah der Mord an ihrer Familie also aus wie ein Auftragsmord: Dieser Mann war ein Killer, der sich in das Vertrauen seiner Opfer einschlich. Bei ihrer Familie. Bei ihr. Und jetzt war er ihr sogar bis nach Afrika gefolgt. Das konnte nur heißen, dass er …
    Katharina packte den Mann und stieß ihn gegen die schwere Stahltür. Dann rammte sie ihm den Lauf ihrer Pistole unter das Kinn. »Sind Sie Ministro?«
    Der Mann antwortete nicht schnell genug, deswegen drückte Katharina ihm ihren Ellenbogen in die Kehle und stieß ihn noch mal zurück; sein Kopf prallte mit einem dumpfen Dröhnen gegen die Tür. »Sind Sie Ministro?«
    Andreas Amendt zwang sich zu einem gequälten Grinsen: »Ich freue mich auch, Sie zu sehen, Frau Klein.«

II
     
    Five Red Herrings (Or Less)
     
    Siebenundzwanzig Millionen fünfhundertachtundsiebzigtausend dreiundzwanzig Euro und fünfzehn Cents.
    Ich konnte nicht aufhören, die lange Zeile auf dem Scheck anzustarren.
    »Entschuldigung?«
    Ich hatte überhaupt nicht mitbekommen, was er mir erzählt hatte, der freundliche Lottobeamte. Er musste um die sechzig sein. Volles, weißes Haar, ein noch nicht ganz weißer Schnurrbart. Dreiteiliger Anzug, leicht zerknittert. Krawatte mit Windsorknoten.
    »Entschuldigung«, murmelte ich meinerseits. »Ich bin noch etwas   …«
    »Ja, die Überraschung, ich weiß. Also ich sagte gerade, dass die Gewinnklasse   II unbesetzt geblieben ist. Das Geld steht Ihnen jetzt auch zu.«
    »Aha.«
    »Wissen Sie schon, was Sie jetzt machen werden?«, fragte der Lottobeamte – nennt man die wirklich so? – gut gelaunt.
    Ich zuckte mit den Schultern.

Just Before The Break Of Day
     
    »Sind Sie Ministro?« Katharina presste den Pistolenlauf noch fester gegen Amendts Kinn.
    »Wer?« Sein Grinsen war verschwunden.
    Katharina spürte den fast unbezähmbaren Drang, Amendts Gehirn über die Stahltür zu verteilen. »Und wenn

Weitere Kostenlose Bücher