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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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aus der Dämmerung in das Licht der Sporthalle. Trotz der frühen Stunde sah er aus wie aus dem Ei gepellt. Er musste sich sogar die Mühe gemacht haben, sein Hemd mit dem kleinen Bügeleisen, das zur Ausstattung der Bungalows gehörte, aufzubügeln.
    »Passen Sie besser auf ihn auf«, knurrte Katharina.
    »Ja, Verzeihung. Ich dachte, der Moment wäre günstig für ein Gespräch unter vier Augen. – Aber vielleicht könnten Sie Doktor Amendt vorher loslassen.«
    Widerwillig ließ Katharina Andreas Amendt los. »Ich wollte mich nur entschuldigen«, murmelte er.
    »Für was? Dass Sie meine Familie auf dem Gewissen haben?«
    »Nein.« Er machte eine Pause. Endlich fuhr er fort: »Nein, dafür, dass ich Ihnen nicht gesagt habe, wer ich bin. Aber –«
    »Nix aber. Das wäre ja wohl das Geringste gewesen.«
    »Ich weiß. Ich wusste nur nicht wie. Ich konnte ja schlecht zu Ihnen kommen und sagen: Ich bin Andreas Amendt und ich habe wahrscheinlich Ihre Familie auf dem Gewissen.«
    »Warum nicht? Das wäre wenigstens ehrlich gewesen.«
    Er ließ seufzend die Arme hängen.
    »Nun, reden Sie! Sie haben eine Minute.« Katharina konnte es ohnehin nicht für immer aufschieben.
    »Sie müssen verstehen, als ich Sie das erste Mal gesehen habe … vor dem Kaffeeautomaten in der Klinik: Da wusste ich auf einmal nicht, ob die letzten sechzehn Jahre nicht nur ein böser Traum gewesen sind. Und dann, als Sie mir mehr oder minder in die Arme gefallen sind …«
    »Dachten Sie, Sie machen sich bei mir lieb Kind? Sind Sie mir nachgegangen?«
    »Ja. Um Sie anzusprechen. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen. Ich wusste ja, dass Sie bei der Frankfurter Kripo sind, und dass wir uns früher oder später begegnen. Aber dann … war ich zu feige.«
    »Und danach? Wir haben uns ja oft genug gesehen.«
    »Es kam aber immer was dazwischen. Laura. Die Ermittlungen … und … Na ja, es wäre einfacher gewesen, wenn ich wirklich wüsste, was damals passiert ist.«
    War das eine Notlüge? Was hatte Thomas notiert? »Weiß er heute mehr?« Katharina fragte mürrisch: »Was wissen Sie denn?«
    »Nichts. Ich weiß, ich bin zu Susanne gekommen an dem Tag, total k.o. von der Klinik. Und sie hat mich ins Bett gesteckt. Da kannte sie keine Widerrede.«
    Katharina spürte einen Stich; wenn es um das Wohl ihrer Mitmenschen ging, hatte Susanne kein Pardon gekannt. »Und dann?«
    »Das Nächste, woran ich mich erinnere, sind die beiden Polizisten, die mich unter der Dusche hervorgezerrt haben. Und danach … alles, was ich weiß, ist, was Polanski mir gesagt und gezeigt hat.«
    »Und jetzt? Was wollen Sie von mir?«
    »Die Wahrheit. Ich will einfach die Wahrheit wissen. Und, ehrlich gesagt, habe ich gehofft, Sie würden mir dabei helfen.«
    Katharina spürte wieder Wut in sich aufsteigen: »Oh, die Wahrheit werde ich herausfinden. Verlassen Sie sich drauf.«
    »Ja, bitte. – Anschließend unterschreibe ich Ihnen jedes Geständnis. Und wenn ich helfen kann …«
    Ein Mörder, der nicht nur darum flehte, ihn zu überführen, sondern auch noch Hilfe anbot? Das kannte Katharina sonst nur von Tätern, denen ein findiger Anwalt kräftig ins Gewissen geredet hatte. Doch Amendt hatte nichts zu gewinnen. Und er riskierte, den Rest seines Lebens hinter Gittern oder in der Psychiatrie zu verbringen. Er pokerte hoch. Aber vielleicht hatte er ein Ass im Ärmel. Einen Plan. Ein Schubser über die Aussichtsplattform. Oder in den Pool. Oder meinte er es ehrlich, wie es Susannes Stimme leise in ihr anmahnte?
    »Ich tue, was ich kann«, sagte sie schließlich. »Und jetzt gehen Sie bitte. Fünf Schritte vor mir.«
    Er gehorchte. Katharina folgte ihm, doch er ging zu schnell. Dafür holte Javier sie ein: »Sie vertrauen ihm nicht, oder?«
    »Nein.«
    »Verstehe. Er hat Ihnen ja auch keinen Grund dazu gegeben. – Außer …«
    »Ja?«
    »Er hätte sein Problem ganz einfach lösen können. Sie einfach nicht vom Abgrund zurückreißen. Gestern Nacht. Vorhin.«
    Katharina spürte im Geiste wieder die kräftigen Arme, die sie gepackt und vor dem Absturz und dem peitschenden Stahlseil bewahrt hatten. »Das hätte auch schiefgehen können.«
    »Eben. Er hat nicht mal den Bruchteil einer Sekunde gezögert. Als ob Ihr Leben wichtiger wäre als seines.«
    »Und Sie meinen …«
    »Oh, ich habe noch gar keine Meinung. Nur so viel: Schuld ist eine mächtige Strafe. Sie wird ihn eines Tages umbringen.«
    »Und das wäre dann wiederum meine Schuld?«
    »So weit würde ich nicht gehen. Aber

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