African Boogie
feststellen, ob die Brücke wirklich gesprengt wurde. Der Freiherr neigt zu Übertreibungen.«
»Gut«, sagte Katharina wenig überzeugt. Sie spürte das wohlbekannte Kribbeln in ihrem Nacken: ihr Jagdinstinkt.
Augustin räusperte sich: »Tja, Herr Amendt und Herr … Priester …«
»Einfach nur Javier.«
»Also, Herr Priester Javier. Schauen wir mal, wo wir Sie unterbringen.«
»Ich will, dass Doktor Amendt bewacht wird«, sagte Katharina giftig.
»Kaja, bitte!«, wollte Harry sie beruhigen.
»Ich bestehe darauf.«
»Aber …«, setzte Sandra Herbst entrüstet an. Doch Andreas Amendt unterbrach sie: »Wenn Frau Yamamoto darauf besteht: kein Problem.«
Javier wandte sich an Augustin: »Sie haben doch sicher Bungalows mit zwei Schlafzimmern, nicht wahr?«
»Ja. Einer müsste noch frei sein.«
»Sehr gut. Dann werde ich zusammen mit Herrn Amendt Quartier nehmen und auf ihn aufpassen. – Wenn es Ihnen recht ist, Doktor Amendt? Frau Yamamoto?«
Katharina wollte widersprechen. Javier hob beruhigend die Hände: »Keine Sorge, ich habe einen leichten Schlaf. Und das hier ist nicht meine erste Krise.« Er sprach so sanft, als wolle er ein ängstliches Kind beruhigen.
Harry, Augustin, Andreas Amendt und Sandra Herbst gingen hinter die Theke der Rezeption. Katharina blieb allein mit Javier zurück. Zum ersten Mal konnte sie ihn richtig ansehen. Er kam ihr bekannt vor. Vor allem die grauen Augen, die so gar nicht zu seiner südländischen Erscheinung passen wollten: »Sagen Sie, sind wir uns schon mal begegnet?«
Javier hob erst überfragt die Schultern, doch dann trat ein Lächeln des Erkennens auf sein Gesicht: »Doch, natürlich. Wir sind auf dem Frankfurter Flughafen ineinandergelaufen.«
Richtig! Katharina erinnerte sich. Sie war in einen Priester gelaufen, aber … »Hatten Sie nicht einen Vollbart?«
»Ja. Die Behörden von Tansania sind etwas kleinlich, wenn es um die Ähnlichkeit mit dem Passfoto geht. Daher musste ich mich rasieren. Ich war gerade auf dem Weg zum Flughafen-Friseur, als wir zusammengestoßen sind. Ich wollte Ihnen ja sagen, dass wir quasi das gleiche Ziel haben, aber Sie hatten es so eilig. Außerdem wirkten Sie sehr erschrocken.«
»Na ja, ich war …«
»Ich verstehe schon. Sie waren auf der Flucht. Und vermutlich haben Sie das Gleiche gedacht wie ich vorhin, oder? Dass Ministro Priester bedeutet?«
»Aber das wäre doch ein ziemlich dämlicher Code-Name für einen Killer, oder?«
»Wie man es nimmt. Kein Mensch verdächtigt uns Kirchenmäuse.« Er lachte. »Aber keine Sorge, das Einzige, was ich jemals getötet habe, waren Ratten. Und ich verspreche Ihnen, ich passe gut auf Doktor Amendt auf.«
In diesem Moment stießen die anderen wieder zu ihnen. Gemeinsam gingen sie die Verandatreppe hinunter ins Freie und verabschiedeten sich. Augustin ging vor Andreas Amendt und Javier her, um sie zu ihrem Bungalow zu bringen. Und Harry wanderte mit Sandra Herbst in die Dunkelheit. Katharina sah, dass sie sich an den Händen hielten. Harry! Alter Schwerenöter!
Und dann, völlig übergangslos, fühlte sie sich allein. Verlassen. Einsam. Es war ungerecht, das wusste sie. Aber konnte nicht auch einmal jemand für sie da sein?
Rocks & Mountains
Es nützte nichts. Sie würde nicht einschlafen. Das Bett war zu kalt oder zu warm, zu hart oder zu weich, je nachdem, wo Katharina sich hinwälzte. Endlich gab sie es auf und sah auf die Uhr. Halb sechs. Sie konnte sich wieder den Sonnenaufgang anschauen. Und dann vielleicht etwas Sport treiben, bevor der Stress richtig losging.
Die Pool-Beleuchtung war bereits eingeschaltet; im Wasser zog ein geübter Schwimmer mit kräftigen, gleichmäßigen Kraulschlägen seine Bahnen.
Katharina ging am Pool vorbei in die Sporthalle. Lockern, Dehnen, Tai Chi, Sandsack. Die Übungen fühlten sich gut und vertraut an.
Nach einer Serie von Tritten wartete sie darauf, dass sich der Sandsack wieder auspendelte.
»Frau Kl … äh, Frau Yamamoto, ich … Hey!«
Katharina war herumgewirbelt und fegte dem Mann, der plötzlich hinter ihr auftaucht war, die Beine weg. Im Bruchteil einer Sekunde war sie über ihm und blockierte mit den Knien seine Arme, bevor sie erkannte, wer es war: Andreas Amendt. Sein Haar war noch nass und er trug einen der flauschigen, weißen Bademäntel des Resorts. Er musste der Schwimmer gewesen sein.
»Was wollen Sie hier?«, schnauzte ihn Katharina an. »Und wo ist überhaupt Ihre Bewachung?«
»Oh, ich bin hier.« Javier trat
Weitere Kostenlose Bücher