African Boogie
noch brauchen würden. Aus dem Hubschrauber wurde langsam eine größere Holzkiste herabgelassen. Katharina und Javier führten sie vorsichtig zu Boden. Katharina hakte das Seil aus und streckte einen Daumen nach oben. Der Mann an der Seilwinde wiederholte ihre Geste. Und während das Seil noch eingezogen wurde, nahm der Hubschrauber schon wieder Kurs auf das offene Meer.
Sie hatten die Kiste in Stefan Dörings Büro gebracht und ausgepackt. Augustin war auf das Dach der Rezeption geklettert, um die kleine Parabolantenne anzubringen. Endlich signalisierte das Satellitentelefon, dass es Empfang hatte. Stefan Döring hob den Hörer vom Gerät und wählte die Nummer, die auf einem Zettel stand, der in der Kiste gelegen hatte; gleichzeitig gebot er Katharina, Harry und Augustin, die neugierig darauf gewesen waren, ob das Telefon auch funktionierte, mit einer Geste seiner Hand, zu gehen und ihn machen zu lassen. Der General hatte die Kontrolle über die Front übernommen.
»Sind alle da?«, fragte Stefan Döring von seinem Podest aus. Er hatte alle Gäste und Angestellten zu einem frühen Mittagessen in den Restaurantpavillon holen lassen.
»Die Superstars fehlen noch«, kam es trocken von Darissa von Heuth. »Diese Breughers.«
Der Club-Direktor hob ratlos die Schultern: »Na ja, vielleicht kann sie jemand nachher auf den neuesten Stand bringen. Also, die Brachnitz, ein Zerstörer der Bundeswehr, geht in den internationalen Gewässern vor Tansania vor Anker und versorgt uns aus der Luft. Wenn also jemand etwas braucht, Medikamente oder so, bitte an der Rezeption melden. Außerdem hat die Bundesregierung angeboten, Pioniere der Bundeswehr eine neue Brücke bauen zu lassen. Zurzeit wird alles für diesen Einsatz in die Wege geleitet.«
»Warum werden wir nicht einfach ausgeflogen?«, fragte Charlie Buchmann. »Mit dem Hubschrauber?«
»Hubschrauber können auf Golden Rock nicht landen«, antwortete Stefan Döring. »Also bitte ich Sie, Geduld zu üben, bis die Brücke wieder aufgebaut ist. Wir werden Ihnen jedoch den Aufenthalt so angenehm und spannend wie möglich gestalten.«
»Aber nicht wieder JeKaMi«, rief jemand.
Stefan Döring antwortete begeistert: »Nein, morgen Vormittag steht etwas ganz Besonderes auf dem Programm. Unser Bogenschieß-Wettbewerb mit traditionellen afrikanischen Bögen. Nehmen Sie teil und lernen Sie gleichzeitig etwas über die afrikanische Jagd.«
»Und wen jagen wir?«, fragte dieser Jean-Luc Mei-äär. Einige lachten. Doch Katharina hatte einen Knoten im Magen. Ungeübten Menschen tödliche Waffen in die Hand zu drücken, war eine Einladung zum Disaster.
»Natürlich niemanden«, fuhr Döring fort. »Wir schießen auf Strohscheiben. Ansonsten: Unsere Speisekammer ist gut gefüllt, unsere Küche für Sie da. Und natürlich auch die Bar.«
»Das ist-e doch mal eine Wort.« Katharina wurde das Gefühl nicht los, dass Jean-Luc seinen Akzent bewusst zelebrierte.
Nach dem Essen ging Katharina nachdenklich zu ihrem Bungalow zurück. Ihre Gedanken rasten. Sie war in der Frage, wer die Brücke gesprengt hatte, keinen Schritt vorangekommen. Und dann dieses seltsame – ja, was war es eigentlich? Geständnis? – von Andreas Amendt.
Eilige Schritte auf dem Kiesweg neben ihr rissen sie aus ihren Grübeleien. Andreas Amendt kam neben ihr zum Stehen.
»Können wir noch mal unter vier Augen sprechen? Ohne Sandra und ohne Aufpasser?«
Katharinas Körper spannte sich automatisch an. Amendt trat einen Schritt zurück und streckte die Arme vor. »Sie können mir dazu gerne Handschellen anlegen, wenn Sie das wollen.«
Okay, durchatmen. »Nein, das wird wohl nicht … Also?«
»Sie glauben das Gleiche wie ich, oder? Dass ich die Tat geplant haben muss?«
»Ja. Aber Frau Herbst …«
»Ach, Sandra ist überoptimistisch. Und sie übersieht etwas, was die Erinnerungen angeht. Eine Möglichkeit gibt es. Sie ist sehr selten, aber …«
»Nämlich?«
»Wissen Sie, was eine dissoziative Persönlichkeitsstörung ist?« Als er Katharinas Ratlosigkeit sah, erklärte er: »Früher nannte man das multiple Persönlichkeit.«
»Sie meinen, mehrere Menschen in einem Körper? Die nichts voneinander wissen? – Ich dachte, das gäbe es gar nicht.«
»Zumindest sehr viel seltener, als man eine ganze Weile geglaubt hat. Aber es gibt dokumentierte Fälle.«
»Und Sie denken …?«
»Vielleicht. Ich muss Ihnen das kurz erklären. Diese, nennen wir sie Persönlichkeitsspaltungen, die entstehen durch ein
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