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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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Gefäße zu geben. Zusammen mit Augustin stürzte er sich auf die Pumpe. Sie begannen, den Mechanismus zu zerlegen, Schläuche zurechtzuschneiden und immer wieder auszuprobieren, ob die Konstruktion Wasser zog.
    »Weißt du überhaupt, ob das Warzenschwein ein Schwein ist und nicht nur so heißt?«, warf Sandra Herbst plötzlich ein.
    »Wir werden es herausfinden«, antwortete Andreas Amendt mürrisch.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis die beiden Angestellten endlich kamen: Sie hielten einen Sack umklammert, in dem es zappelte und quiekte.
    »Ins Bad«, kommandierte Andreas Amendt. Dann nahm er Handschuhe und ein Skalpell aus Sandra Herbsts Tasche. Er wollte schon Augustin und den beiden Angestellten nachgehen, als er sich noch einmal zu Katharina umdrehte: »Kommen Sie! Sie haben doch sicher eine Pistole dabei?«
    »Wozu das denn?«
    »Um das Tier danach so schnell wie möglich zu erlösen.«
    »Danach?«
    »Nachdem wir ihm die Leber rausgenommen haben, natürlich.« Er hob die Schüssel an und ging ins Bad. Katharina schluckte. Dann sah sie nach ihrer Handtasche. Sie hatte sie vor ihrem Spurt, um den Helikopter zu alarmieren, neben Norrischs Bett stehen lassen. Ihre Waffe war trocken. Gott sei Dank. Mit der Pistole in der Hand folgte sie den anderen ins Badezimmer, das in diesem Bungalow glücklicherweise überdacht war.
    Die beiden Angestellten hielten das Tier bereits fest; es zappelte um sein Leben. »Fester«, befahl Andreas Amendt. Dann setzte er das Messer an. Katharina schloss die Augen. Das Schwein quiekte vor Schmerz und Todesangst.
    »Frau Klein? Sie sind dran!«
    Tunnelblick, befahl sie sich. Nicht auf das Blut und die offene Bauchdecke sehen. Entsichern. Anlegen. Die beiden Angestellten hielten das Schwein immer noch fest. Katharina zielte auf den Kopf des Tieres, doch der war zu unruhig. Also auf das Herz. »Achtung«, sagte sie laut. Dann drückte sie ab.
    Der Schuss krachte, in ihren Ohren begann es zu pfeifen. Sie sah auf das Tier. Es zuckte noch zweimal. Dann blieb es still liegen. Katharina biss sich auf die Lippen. Das war das erste Mal, dass sie auf etwas Wehrloses geschossen hatte.
    Erst als sie die Tür des Badezimmers klappen hörte, stellte sie fest, dass sie immer noch die Pistole auf Anton gerichtet hatte. Nachdenklich sah sie auf ihre Hand und die Waffe. Lauter kleine Blutspritzer. Auf ihrem Arm. Auf ihrem T-Shirt. Sie hätte an diesem Morgen kein weißes T-Shirt anziehen sollen. Gleich darauf schämte sich Katharina für diesen Gedanken.
    Schnell wischte sie die Waffe mit einem Handtuch ab. Dann schrubbte sie sich die Hände wie ein manischer Chirurg.
    Als sie sich endlich traute, in den Wohn- und Schlafraum zurückzugehen, hatte Andreas Amendt die Leber schon fast fertig präpariert. Sie war an mehrere Schläuche angeschlossen. Katharina sah, dass Sandra Herbst schon zwei Zugänge in Norrischs Venen gelegt hatte.
    Jetzt ließ der Arzt klare Flüssigkeit durch die Leber laufen: »Kochsalzlösung«, erklärte er. »Um das Schweineblut auszuspülen. – So, dann wollen wir mal.« Er schloss einen der Schläuche an den ersten Zugang an. Dunkles, venöses Blut floss hinein. Andreas Amendt wartete, bis das Blut auch im anderen Schlauch zu sehen war. Dann atmete er auf: »Es fließt!«
    Schnell schloss er auch den zweiten Schlauch an. Dann drehte er behutsam am Regler der Pumpe. Niemand sagte ein Wort. Fast eine halbe Stunde starrten sie abwechselnd auf die in der Glasschüssel schwimmende Leber und auf Norrisch.
    Plötzlich schlug Sandra Herbst die Hände vor den Mund: »Es funktioniert. Schau nur.« Norrischs Atem hatte sich beruhigt, er hyperventilierte nicht mehr.
    »Die Schweineleber filtert das Ammoniak aus dem Blut«, erklärte Andreas Amendt Katharina. »Deshalb kann er leichter atmen.«
    Katharina hätte den Arzt am liebsten umarmt, doch der Schock des Kusses steckte ihr noch in den Knochen.
    Der Regen hielt an. Und wenn er doch einmal etwas nachließ, rüttelten Sturmböen am Bungalow. Andreas Amendt, Katharina und Sandra Herbst hielten abwechselnd Wache bei ihrem Patienten.
    Katharina hatte sich bereit erklärt, die Nachtschicht zu übernehmen. Sie saß auf Norrischs Bettkante und hielt seine Hand, wenn sie nicht seinen Zustand überprüfte. Sie hatte rasch begriffen, wie sie mit Blutdruckmessgerät und Stethoskop umgehen und wann sie die Geschwindigkeit der Pumpe nachjustieren musste. »Du hast recht, Andreas. Sie wäre wirklich eine gute Ärztin geworden«, hatte Sandra Herbst

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