African Boogie
verwaschen. »Vermutlich Flu … Flunk … Flusi … Flunitrazepam.« Er hob die Finger zum Victoryzeichen. »Guter Stoff. Ich brauche Kaffee. Ganz viel Kaffee. Literweise.«
»Was du brauchst, ist Schlaf«, sagte Sandra Herbst streng. »Kommen Sie, Frau Yamamoto. Bringen wir ihn in seinen Bungalow.«
»C-A-F-F-E-E, trink nicht zu viel Kaffee!« Sandra Herbst gab Andreas Amendt einen Stoß in die Seite. Doch er machte sich nichts daraus und sang glücklich weiter: »Nicht für Kinder ist der Türkentrank …«
»Was ist mit ihm?«, fragte Katharina.
»Was wohl? Er ist high!«
Javier öffnete ihnen die Tür. Sofort griff er zu, um Andreas Amendt gleichfalls zu stützen. »Schwächt die Nerven, macht dich schwach und krank«, sang Amendt verwaschen-fröhlich.
Sie wuchteten ihn auf sein Bett und zogen ihm mit vereinten Kräften Schuhe und Jeans aus. Amendts Augen waren glasig. »Flunitrazepam ist ein schweres Wort«, sagte er noch, drehte sich zur Seite und war eingeschlafen. Sie deckten ihn behutsam zu und gingen in den Wohnraum.
»Was hat er denn angestellt?«, fragte Sandra Herbst .
»Wir … wir haben angenommen, dass Norrisch betäubt worden ist. Die Droge war in einer Flasche Sekt. Doktor Amendt hat den Rest ausgetrunken. Als Test.«
Sandra Herbst schüttelte den Kopf: »Das sieht ihm ähnlich. Aber keine Sorge, Andreas ist hart im Nehmen. Lassen Sie ihn einfach schlafen.«
Javier nickte: »Ich werde ein Auge auf ihn haben.«
»Sehr gut. Und Sie, Frau Yamamoto? Sie sehen auch aus, als könnten Sie Schlaf gebrauchen.«
»Später. Erst brauche ich wirklich einen Kaffee.«
Sandra Herbst und Katharina saßen im Restaurantpavillon, vor sich große, dampfende Tassen mit Kaffee. Katharina hatte der Ärztin von dem Einstich erzählt, den Dr. Amendt auf Norrischs Rücken entdeckt hatte.
»Mich wundert, dass er das den Sanitätern verschwiegen hat«, schloss sie.
»Mich nicht«, antwortete Sandra Herbst. »Andreas denkt wie ein Arzt, nicht wie ein Polizist. Patientenwohl zuerst. Alles andere später. Wenn er auf ein Verbrechen hingewiesen hätte … Vermutlich hätte Norrisch dann in Tansania bleiben müssen. Wegen der Untersuchung und so. Jetzt kann er nach Deutschland ausgeflogen werden. Er muss so bald wie möglich in ein Transplantationszentrum.«
»Gibt es die nicht auch in Tansania?«
»Ja. Aber … Das Übliche. Keine Infrastruktur. Wenig Spenderorgane. – Ist dieser Norrisch eigentlich Internist?«, fragte Sandra Herbst ohne Übergang.
»Ja. Warum fragen Sie?«
»Eine Beobachtung, wenn Sie erlauben. Dieser Mandeibel war ein Bully und ertrinkt in einer Toilette. Dieses Schauspielerpärchen stirbt wie Romeo und Julia. Norrisch – na ja, die Leber fällt in sein Fachgebiet.«
»Und diese Claudia Weisz war eine Stress-Esserin. Hatte immer Hunger, wenn sie … Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen: Die Art und Weise, wie die Opfer sterben, hat etwas mit ihrem Charakter oder ihrem Beruf zu tun.«
»Ja. Schon seltsam, nicht?«
»Aber Mandeibel und die Weisz waren Unfälle. Und die Breughers haben Selbstmord begangen.«
»So sieht es aus, ja.«
»Zweifeln Sie daran?«
»Nein. Nicht direkt. Aber es ist schon erschreckend, wie gut das alles passt. – Wären ziemlich dämliche Zufälle. Oder Gott beweist mal wieder seinen kruden Sinn für Humor.«
Katharina knetete nachdenklich ihre Unterlippe. »Stimmt. Wenn es nur um das Töten gegangen wäre bei Norrisch: Dazu bietet die Insel genug Möglichkeiten. Der Anschlag auf die Leber war gezielt.«
»Eben. Jemand hier kennt ihn.«
»Dann sollten wir uns umhören.«
»Nicht wir. Andreas und ich.«
»Warum Sie?«, fragte Katharina leicht gekränkt.
»Weil wir eine gute Möglichkeit haben, alle Gäste zu befragen, ohne dass es auffällt: Norrischs Erkrankung. Wir untersuchen die anderen Gäste und das Personal. Zur Sicherheit, um festzustellen, ob wir irgendetwas ordern müssen. Sie würden erstaunt sein, was die Menschen Ärzten so alles erzählen.«
Das leuchtete Katharina ein: »Würden Sie das wirklich tun?«
»Natürlich. Aber morgen. Wenn Andreas wieder fit ist. Und Sie gehen jetzt mal ins Bett. Sie sehen nämlich ziemlich k.o. aus. Es läuft uns nichts und niemand weg.«
Sandra Herbst hatte recht: Katharina fielen trotz des Kaffees fast die Augen zu. Sie stand auf. Die Ärztin ebenfalls: »Ich begleite Sie. Und ich gehe wohl recht in der Annahme, dass Sie kein Schlafmittel brauchen?«
Katharina hatte tief geschlafen. Traumlos. Den
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