African Boogie
euch, bevor die Brücke wieder steht«, wiederholte die Stimme. Und erneut erklang der dröhnende Gongschlag. Dann rauschte es nur noch aus den Lautsprechern. Niemand traute sich zu sprechen oder sich auch nur zu rühren.
Plötzlich zerschnitt das Klirren eines zerbrochenen Sektglases die Stille: der Startschuss für die lange überfällige Panik. Die Gäste schrien durcheinander. Eine Frau fing an zu weinen.
»Ruhe bitte!«, donnerte Stefan Döring in das Chaos hinein. Die Gäste gehorchten erschrocken. Döring fuhr leiser fort: »Verzeihung. Dieser Soundeffekt hätte erst nach dem Essen abgespielt werden sollen. Aber wir haben etwas ganz Besonderes für Sie geplant:« Er holte tief Luft. »Willkommen zu unserem Golden-Rock-Krimispiel. Frau Yamamoto und Herr Markert haben sich bereit erklärt, Sie alle in die Welt der kriminalistischen Rätsel mitzunehmen. Und es gibt auch etwas zu gewinnen.«
Die Gäste atmeten alle gleichzeitig vernehmlich aus. Dann sahen sie einander wenig begeistert an. Nur Kristinas Stimme war laut und deutlich zu hören: »Cool. Da will ich mitspielen.«
»Morgen früh beim Frühstück erfahren Sie alle Spieldetails«, fuhr Stefan Döring fort. »Freuen Sie sich also auf eine spannende Zeit auf Golden Rock. Und sehen Sie sich vor: Jeder von Ihnen könnte der Mörder sein.«
Kristina war die Einzige, die klatschte, als Döring von der Empore herabstieg.
»Den knöpf’ ich mir vor«, knurrte Katharina und sprang auf.
Sie trat die Tür von Dörings Büro hinter sich ins Schloss, packte den Club-Direktor am Revers und stieß ihn gegen die Wand: »Sind Sie vollkommen übergeschnappt? Wir haben fünf Tote auf der Insel! Und Sie veranstalten ausgerechnet jetzt ein Krimispiel?«
Döring hob entschuldigend die Hände: »Sorry. Aber was Besseres ist mir auf die Schnelle nicht eingefallen.«
»Auf die Schnelle? Dann war das nicht …?«
»Natürlich nicht. Die Anlage hat das einfach abgespielt. Ich weiß nicht, woher das stammt.«
Katharina ließ ihn los. »Aber Sie wissen, was das bedeutet, oder?«
»Ja«, antwortete Döring emotionslos, während er seine Krawatte ordnete. »Da hat sich jemand einen sehr schlechten Scherz erlaubt. Oder er will uns wirklich alle umbringen.« Er schaltete wieder in den Generals-Modus: »Harry, du sorgst dafür, dass deine Männer die Streifen verdoppeln. Bewaffne sie, wenn du denkst, es ist nötig. Mit diesen Betäubungspistolen, die wir für die Affen haben. Sorg dafür, dass möglichst niemand allein und unbewacht unterwegs ist. Und, ganz wichtig: Alle Bungalows müssen nachts abgeschlossen sein. Du weißt ja.« Nicht ohne Stolz schob er ein: »Wir können alle Bungalowschlösser zentral steuern.«
»Und wenn der Täter einfach die Bungalows anzündet?«, fragte Katharina.
»Wir haben überall Rauchmelder. Und von innen lassen sich die Türen immer öffnen, wenn die Bungalows belegt sind«, erklärte Harry.
»Und Sie«, befahl Döring Katharina. »Sie führen dieses Krimispiel durch.«
» Was soll ich?«
»Die beste Möglichkeit für Sie, alle im Auge zu behalten. Außerdem können Sie denen so Sicherheitsregeln vermitteln und vielleicht etwas Selbstverteidigung. So was können Sie doch, oder?«
»Doch schon, aber …« Katharina wollte widersprechen, doch der Plan war wirklich nicht dumm.
»Sehr gut!« Döring ordnete erneut die Krawatte und strich sich über das Haar, dann kontrollierte er seinen Anblick im Spiegel über dem Waschbecken seines Büros. »Zu keinem ein Wort. Verstanden? Panik werden die noch früh genug kriegen.«
Döring wuchtete eine Kiste Sekt hinter der Bar hervor. »So, und nun wollen wir wirklich anstoßen«, verkündete er, während er die erste Sektflasche öffnete. So musste der Kapitän der Titanic auch geklungen haben.
Katharina nutzte die Gelegenheit, sich zur Stereoanlage zu schleichen: CD-Player, Kassettenrekorder, Verstärker und natürlich das Satelliten-Radio. Der Verstärker stand auf »CD«. »Hast du das Radio an den CD-Eingang angeschlossen?«, fragte sie Augustin, der zu ihr gekommen war, um zu sehen, was sie machte.
»Nein. An den Aux-Eingang«, antwortete er kleinlaut.
Behutsam tippte Katharina die Auswurf-Taste des CD-Players an. In der Schublade lag eine unbeschriftete, selbst gebrannte CD. »Haben Sie einen Plastikbeutel? Oder noch besser einen Papierumschlag?«
»Im Büro. Bin gleich wieder da.« Augustin eilte davon.
Katharina kramte in ihrer Handtasche. Sie fand aber nicht, was sie suchte. Keine
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