African Queen
Dunkelheit nicht mehr zu Fuß in Moshi unterwegs sein, auch keine kurzen Distanzen. 2. In Tansania sei Rauchen fast überall verboten. 3. Einen Zigarettenstummel auf die Straße zu werfen, koste zweihundert Dingsbums. Was das Abaschen auf der Straße kostet, steht da nicht. Ich weiß nicht, ob es typisch ist oder mir nur typisch erscheint. Unser Safari-Veranstalter kommt aus Ostdeutschland. Verbote, behördliche Anordnungen, dafür haben sie ein Händchen oder zumindest großes Verständnis. Das Informationsblatt empfiehlt deshalb aus oben genannten Gründen, auf das Rauchen ganz zu verzichten.
Ich denke nicht dran. Ich habe einen kleinen Reiseaschenbecher im Gepäck, den nehme ich auf die Straße mit, und alle Afrikaner, die das sehen, heißen das mit nach oben gestrecktem Daumen gut. So, wie sie dabei grinsen, glaube ich nicht, dass sie mich für die Reinhaltung ihrer Straßen loben, sondern dafür, dass ich mich nicht verarschen lasse. Wenn du in Tansania eine tote Katze auf die Straße wirfst oder dich ordentlich auf dem Bürgersteig erbrichst, interessiert das kein Schwein. Aber wehe, du platzierst zwischen all den Müll einen Zigarettenstummel, eine ausgerauchte Sports-, äh Portsman. Andererseits macht so das Rauchen auch wieder Spaß. Die Polizisten sehen so herrlich blöd aus der Wäsche, wenn ich direkt vor ihnen genüsslich rauche und dann kurz vor dem Moment, auf den sie sich freuen, den Taschenaschenbecher zücke. War wieder nichts mit den zweitausend Dingsbums, ihr Arschgesichter. Versucht es doch mal mit ehrlicher Arbeit, wie zum Beispiel Kriminelle jagen. Aber dann müsstet ihr euch ja alle selbst verhaften.
Am Abend schnuppern wir dann noch ein bisschen Heimatluft in einem Restaurant namens «Salzburg», in dem schwarze Kellnerinnen in Leopardenfellimitat-Dirndl Wiener Schnitzel und die österreichische Süßspeise «Mohr im Hemd» servieren, und dann geht es ab ins Bett, denn morgen, und zwar recht früh, beginnt die Safari ins wilde Herz des Kontinents.
Freddy ist als Erster zur Stelle. Unser Fahrer, unser Guide, unser Mädchen für alles, erklärt uns den Ablauf der Fahrt, und schon sind wir schlecht gelaunt, weil sich herausstellt, dass wir sieben bis acht Stunden brauchen werden, um die Serengeti zu erreichen. Und wir zahlen für die Anfahrt den vollen Safari-Tagespreis von etwa vierhundert Euro, nein, wir haben das bereits per Internet getan, und diejenige, die für diese Unverschämtheit verantwortlich ist, kommt dann auch gleich auf den Hof des Hotels. Blond, blauäugig, ossihart, erklärt sie, dass es nun mal nicht anders ginge. Warum nicht? Warum starten wir nicht von Arusha, der nächsten Stadt? Die liegt wesentlich näher an dem weltberühmten Tierreservat. «Weil wir nicht in Arusha, sondern in Moshi stationiert sind.» Also selber schuld, wir haben ihre Homepage sowie die Landkarten nicht ordentlich studiert.
Nächstes Problem. Wir formulieren unsere Sorgen bezüglich des Wahltags, denn wir werden an ihm den Rückweg aus der Serengeti antreten, und man habe uns gewarnt, es könne Unruhen geben. Antwort: Och … äh … na ja … es wird schon nichts passieren. Sie selbst wird allerdings am Tag der Wahl ihr Haus nicht verlassen, und auch andere Weiße in Moshi hätten genügend Lebensmittel eingekauft, um sich übers Wochenende einzubunkern. Das hört sich nicht so vielversprechend an, aber Freddy, der Afrikaner in der Runde, sagt «no problem», und ich liebe das. Immer wenn es Probleme gibt, sagen sie «no problem». Es gäbe nur zwei Stellen auf der Strecke, sagt er, die «no problem» werden könnten. Die erste sei ein Dorf, das direkt vor der Serengeti liege, denn dort sei der Oppositionskandidat geboren; die zweite sei die Fahrt durch Arusha. Und was machen wir, wenn vor uns plötzlich Steine fliegen und Macheten nach Blut gieren? Dann nehmen wir den Rückwärtsgang, antwortet er. Aber Freddy, sagt seine Chefin, wenn vor dir ein Problem ist, dann ist hinter dir auch eins, weil dich die anderen Autos blockieren. Dann sitzt ihr in der Falle. Warum sagt sie das? Weil wir schon bezahlt haben, oder fällt es ihr tatsächlich jetzt erst ein? Freddy wird beschworen, sich vor der Rückfahrt aus der Serengeti über den Ablauf der Wahl zu informieren. Und auf geht’s.
Freddy ist kein Massai, darauf legt er Wert. Für ihn sind die legendenumwobenen Hirten Ostafrikas einfach nur Hirten, also schmutzig, diebisch und polygam. Ein Massai-Häuptling hat bis zu fünfzig Frauen, und Freddy
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