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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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unnötig zu wecken und drohenden Kalamitäten mit den immer exaltierter Feiernden zu vermeiden, überredete ich Michael zu einem kurzen Verdauungsspaziergang über den Kipepeo Beach. Wir waren keine zwanzig Minuten unterwegs gewesen, als wir beim Zurückkommen schon von Weitem erkennen konnten, wie sich scheinbar alle Strandbesucher auf Höhe unserer Strandliegen im Wasser versammelt hatten und laut durcheinander plärrten. Was geschah dort? Ein erotischer Striptease der High Society Girls? Eine Massenkeilerei?
    Als wir näher kamen, bewegte sich der Pulk vom Wasser weg auf uns zu. An der Spitze trugen die kräftigsten der gerade noch grenzenlos Feiernden einen der ihren. Die Augen nur mehr einen spaltbreit geöffnet, zeigte sein hünenhafter Körper keine Lebenszeichen mehr. Er wurde von vielen Armen in der Waagrechten gehalten und so schnell wie möglich in Richtung der beiden Hummer geschleppt. Als die Fahrzeuge erreicht waren, legten sie den Körper unter großem Geschrei auf den Boden und versuchten mit auf den Brustkorb des Leblosen gelegten Köpfen, dessen Herzschlag zu hören. Ein Ding der Unmöglichkeit. Nicht wegen der wie wild aufröhrenden, hubraumstarken Motoren. Und nicht wegen den sich überschlagenden Stimmen der hysterisch nach einem Arzt schreienden Frauen. Der Mann war tot. Da mochten seine Freunde so viel Luft in Mund und Nase blasen, wie sie wollten. Die Augen waren starr und aus seinem Mund wuchs ein Schaumpilz, welcher – einfach ausgedrückt – durch die Vermischung der in der Lunge vorhandenen Atemluft mit dem eingeatmeten Wasser entstanden war. Ein sicheres Zeichen, dass er ertrunken sein musste. Wahrscheinlich nicht erst gerade eben, sondern bereits vor einiger Zeit. Hektisch wurde der Leichnam in einen der Hummer gelegt, ehe beide Fahrzeuge mit durchdrehenden Reifen zum nächsten Krankenhaus rasten. Zurück blieben in einer Staubwolke wir Schaulustigen. Und die Fragen nach dem Warum.
    Maxwell, einer der hiesigen Expats und Stammgast am Kipepeo Beach, hatte die Erklärung. Wie jeden Tag saß er auf seinem Barhocker und brütete über einem lauwarmem Glas Lager. Er kannte das Land, er kannte die Menschen und er kannte das Meer. Und er wusste, was andere nicht wussten: Am Nachmittag kam die Flut und verschluckte alles Seichte. So kam es letztendlich, wie es kommen musste. Eine Mischung aus zu viel Alkohol und Drogen, gepaart mit dem Gottvertrauen der Jugend in den eigenen athletischen Körper, führten zu dem fatalen Fehler, schwimmen zu gehen, ohne schwimmen zu können.
    Der Tod hatte Michael und mich also wieder eingeholt. Es gab wieder einmal keine Chance, ihm zu entkommen. Wir konnten nur darauf hoffen, dass er uns auf unserer weiteren Reise entlang der Küste Tansanias bis hin zur geheimnisvollen Insel Mafia nicht weiter auf den Fersen bleiben würde.
     

06. Mafia, Suaheli-Connection und eine Flucht im Morgengrauen
     
    Tansania, im Jahr 2010
     
    „Ihr wollt zur Mafia?“, waren Lukhgais erste Worte, als sie am Telefon von unserem neuen Reiseziel erfuhr. Auch ohne sie zu sehen, konnte ich mir ihr erschrockenes Gesicht und den Grad ihrer Entrüstung bis in die letzte Falte vorstellen. Michael ging es nicht anders. Er stand neben mir und hörte mit gerunzelter Stirn alles mit, obwohl das Mobiltelefon nicht auf laut gestellt war – so klar und deutlich war Lukhgais Ansage. Offensichtlich funktionierte die Leitung aber nur in eine Richtung so gut, denn irgendwie musste sich das Wörtchen „Insel“ auf dem weiten Weg von Dar es Salaam, wo wir gerade dabei waren, Land und Leute unsicher zu machen, bis zu ihr nach Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes in Luft aufgelöst haben.
    Es war aber auch alles kein Wunder. Denn bisher hatten Michael und ich die kleine Insel vor der Küste Tansanias Lukhgai gegenüber noch mit keinem einzigen Wort erwähnt. Ja, bis zu dem Tag hatte keiner von uns die Existenz Mafia Islands überhaupt auch nur erahnt. Dass das jetzt anders war, lag an Jacob. Jacob stammte aus Südafrika und kam mit seinem Rucksack gerade zurück von Mafia Island, wo er die letzten vierzehn Tage verbracht hatte. Das hieß, ein Großteil seines Körpers war zurück. Sein Herz und den Verstand hatte er an die gastfreundlichen Menschen dort in ihren der Zeit entrückten Dörfern und an die ursprüngliche, vom Meer geprägte Lebensweise verloren. Und dieses zum Bersten volle Herz war es, das seinen Mund überquellen ließ und Michael und mich dazu brachte, kurzentschlossen dem

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