Afrika, Meine Passion
erhebt und der Tag beginnt. Für mich sind es die schönsten zwei Stunden des Tages, die ich durch meinen frühen Aufbruch erlebe. Viele Male schrecken vor mir kleinere Herden von Oryx-Antilopen oder sonstigen Tieren auf. Natürlich bin auch ich so manches Mal vor Schreck einem Herzstillstand nahe, aber umso intensiver sind diese Erlebnisse. Ohne meine Vorerfahrungen in Kenia und ohne meine Hochtouren in den Schweizer Bergen, die ich häufig ohne Begleitung unternehme, würde ich sicher nicht den Mut aufbringen, alleine durch die mir fremde Wildnis zu laufen.
D er Van Zyl’s Pass beeindruckt mich. Es ist ein abenteuerlicher Anstieg und für die schwer beladenen Kamele eine echte Herausforderung. Immer wieder verrutscht die Ladung und muss neu gerichtet werden, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Immerhin hat der Pass Steigungen oder Gefälle bis zu 40 Prozent. In Reiseführern wird er nur den mutigsten Autofahrern empfohlen. Dementsprechend begegnen wir nur zwei Geländewagen und beide Male sind die Fahrer mit den Nerven am Ende. Die 13 Kilometer lange Passstraße darf mit dem Auto nur von Ost nach West befahren werden. Dabei sind Vierradantrieb, beste Ausrüstung und hohes Können erforderlich.
Auch wir kommen auf dem bachbettähnlichen steinigen Weg nur mühsam voran. Den Kamelen gefällt es nicht und ich fürchte einige Male um ihre Gesundheit, vor allem beim Abwärtsgehen. Sollte eines der Tiere ausrutschen und stürzen, würde es sich mit Sicherheit ein Bein brechen. Ich hoffe und bete, dass es nicht passiert. Wir begegnen nur wenigen Menschen. Einmal steht ein Mann wie aus dem Nichts aufgetaucht vor mir. Sein Kopf ist mit einer Wollmütze und einem Stirnband bedeckt. Sein Hemd ist offen und zeigt eine nackte Brust mit einem Amulett und dem obligaten breiten Silber-Halsschmuck. In der Hand hält er eine Machete und einen Stock. Durch sein Gesicht zieht sich eine Narbe und ein Teil des rechten Nasenflügels fehlt. Anscheinend wurde er früher einmal von einer Raubkatze angefallen. Er bestaunt mich mit offenem Mund, während ich grüßend an ihm vorbeiziehe. Die Vegetation ist beeindruckend. Mal sehe ich Affenbrotbäume, mal nur dicke Wurzeln, an denen rosarote Blüten sprießen. Weiter oben wird das Gestein granitartig dunkel, dafür sind die wenigen Bäume schneeweiß. Sie sehen wie Baumskelette aus, weil sie keine Blätter tragen.
Kurz vor der Passhöhe schlagen wir in einem trockenen Flussbett unser Nachtlager auf. Die Kamele freuen sich und wälzen sich, vom Gepäck befreit, genüsslich im trockenen Sand. Es sieht lustig aus, da sie sich wegen der Höcker nicht vollständig umdrehen können, sondern sich erst auf der einen Seite wälzen, und wenn sie sich genug gesäubert haben, kommt die andere Hälfte an die Reihe. Während ich Feuerholz suche, begeben sich die Männer auf eine Erkundungstour der Passstraße, denn das Beladen der Kamele muss sich nach dem weiteren Verlauf des Weges richten.
A n unseren jeweiligen Rastplätzen dauert es nie lange, bis wir Besuch bekommen. Meistens Kinder, oder hier am Pass sind es Hirten, die ihre Kuh- oder Ziegenherden betreuen. Heute besuchen mich zwei neugierige Mädchen. Sie stehen vor mir, staunen und blicken immer wieder verwundert zu den Kamelen. Gerne würde ich mich mit ihnen unterhalten, aber ich beherrsche die Himba-Sprache nicht, und Englisch können sie nicht. So gebe ich beiden ein Bonbon und die Kinderaugen strahlen. Kein Wunder, denn seit Tagen habe ich keinen Laden gesehen. Wahrscheinlich ist es für die Kinder ein Glückstag. Ganz vorsichtig lecken sie zuerst an der Süßigkeit, bevor sie sie ganz in den Mund stopfen. Kurze Zeit später erscheint der Vater. Er setzt sich auf einen Stein in der Nähe und beobachtet mich ununterbrochen. Als er nach einiger Zeit seine Töchter plötzlich wegschickt und noch näher an mich heranrückt, wird es mir unheimlich und ich hoffe, dass die Männer von ihrer Tour bald zurückkommen. Es liegt etwas in der Luft, das sich für mich sehr unangenehm anfühlt. Ich überlege fieberhaft, wie ich diese komische Atmosphäre durchbrechen kann, ohne unhöflich zu sein, da ich nicht sicher bin, ob ich mir alles nur einbilde. Der Mann fragt mich ständig etwas, aber ich verstehe natürlich nichts. Offensichtlich wundert er sich, dass ich alleine hier bin. Ich halte die Spannung kaum noch aus, stehe auf und beginne Holz zu schichten, um ein Feuer zu entfachen. Unter dem Vorwand, Zündhölzer zu holen, gehe ich zu meinem Zelt,
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