Afrika, Meine Passion
die wie Manyattas aussehen, aber komplett aus Leder gebaut sind. Ich denke, sie stehen nicht permanent hier, da die Himba Nomaden und Hirten sind. Es steigt Rauch aus einer der Behausungen, und hier und da streunen kleine Jungziegen herum. Etwas später sehe ich in der Ferne eine größere Siedlung. Jetzt warte ich auf meine Begleiter mit den Kamelen, denn ich liebe es zu sehen, wie die Himba auf die ihnen fremden Tiere reagieren. Und ich werde nicht enttäuscht. Jemand entdeckt uns und ruft sofort alle zusammen. Sechs Himba-Frauen rennen barfuß die Böschung hoch, dabei wippen ihre nackten Brüste auf und ab. Kurz vor den Kamelen bleiben sie erstaunt stehen und Lukas unterhält sich mit ihnen. Männer sehe ich nicht. Es ist überhaupt erstaunlich, wie wenige Männer uns insgesamt begegnen.
J e mehr wir uns unserem Ziel nähern, desto häufiger sehen wir vereinzelte Hütten oder kleine Siedlungen. In einem Dorf finden wir sogar ein Geschäft, in dem wir uns zum ersten Mal nach Wochen eine kalte Cola genehmigen. Überall werden wir staunend beäugt, und oft rufen mir die Menschen etwas zu, das ich leider nicht verstehe. Als ich Lukas bitte zu übersetzen, erklärt er: »Sie sagen, dass du aufpassen sollst, weil hier in den Felsen viele Leoparden leben.« Oh je, denke ich, aber Gott sei Dank ist mir diese Spezies noch nicht über den Weg gelaufen.
Obwohl uns nahezu keine Autos begegnen, habe ich dennoch den Eindruck, dass es auf dieser Strecke bereits mehr Tourismus gibt, denn die Himba verhalten sich hier deutlich zurückhaltender als in anderen Regionen.
Mitten in der Steppe sehe ich neben einem Baum zwei kleine farbige Dächer und eine metallene Einzäunung. Neugierig trete ich näher und entdecke die ersten Gräber. Offensichtlich sind hier missionierte Himba beerdigt, denn es handelt sich um zwei Grabsteine mit Inschriften und einem Kreuz darüber. Um die Grabplatte herum sind Rinderhörner eingelassen. Nach so viel Einöde, Steppe und ursprünglicher Lebensform kommt mir dieser Ort etwas eigenartig vor.
Einmal wollen wir nach einem langen Fußmarsch wieder in einem Flussbett campen. Als wir ankommen, springt gerade eine Horde Paviane aufgeschreckt und kreischend vom Wasser weg auf einen felsigen Vorsprung. So viele Tiere auf einmal sind beeindruckend, aber nicht ganz ungefährlich. Zum Glück laden sie ihre Kleinen auf den Rücken oder hängen sie an den Bauch und ziehen weiter, hinterlassen jedoch eine Menge Kotspuren. Der Platz mit den vielen hohen Palmen ist malerisch und eine Felswand spendet angenehme Kühle. Ich liege vor meinem Zelt, wie so oft, wenn ich mein Lager aufgebaut habe. Seit Langem wandern meine Gedanken wieder einmal in die Schweiz, obwohl ich gefühlsmäßig wirklich weit weg bin. Die andauernde Abwesenheit von Handys, Musik und Nachrichten lässt mich völlig eintauchen ins Hier und Jetzt. Mit meiner Tochter telefoniere ich via Satellitentelefon einmal wöchentlich kurz, um ein Lebenszeichen von mir zu geben. Sie ängstigt sich am meisten um mich.
In fünf Tagen feiert sie ihren 20. Geburtstag, und ich bin nicht gerade glücklich, dass ich ausgerechnet an diesem wichtigen Tag nicht mit ihr anstoßen kann. Umso mehr freue ich mich aufs Telefonieren mit ihr. Hin und wieder überlege ich, wie mein Leben weitergehen wird nach diesem verrückten Abenteuer, doch finde ich momentan noch keine Antwort. Das Einzige, was mir klar geworden ist, dass Afrika mich immer in seinen Bann ziehen wird, egal wo auf der Welt ich mich aufhalte. Es ist tief in mir und unter diesen Menschen fühle ich mich einfach wohl und dazugehörig, vor allem bei den einfachen Hirten und Nomaden. Dass sie mich so sehr faszinieren, zeigt mir aufs Neue, welch prägender Einschnitt in meinem Leben der Aufenthalt bei den Samburu war und welches Glück ich hatte, fast vier Jahre lang einen Einblick in ihr archaisches Leben zu bekommen, an der Seite meines Ehemannes, dem Samburu-Krieger Lketinga.
A m nächsten Morgen konzentrieren sich meine Gedanken wieder ganz und gar auf die Strecke. Ziehen wir sehr früh an einem Dorf vorbei, wirkt alles noch verschlafen und kein Mensch ist zu sehen. Auch die Kühe und Ziegen liegen gemächlich herum. Nur die aufmerksamen Hunde bellen uns an. Doch wenn es auf Mittag zugeht, werden wir umringt von Schaulustigen. Einmal kommen wieder Frauen herbeigeeilt, gefolgt von vielen nackten Kindern, die nur eine Kette unterhalb des runden Bauches tragen sowie ein Amulett am Hals. Die Kinder bleiben
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