Afrika, Meine Passion
nicht einschüchtern können. Als Dank schenke ich dem rettenden Besucher ein Beutelchen Tabak, was er gerne annimmt. Weiter hinten im Busch hockt die ganze Affenbande auf den Palmen, einige auch am Boden, und schauen zu uns herüber. Seltsamerweise ist nur eine Stunde später kein einziger Affe mehr zu sehen, obwohl sie seit unserer Ankunft immer in der Nähe waren.
U nser Trekking neigt sich dem Ende entgegen. Wir sind nur noch etwa fünfzig Kilometer von Opuwo entfernt, und so langsam macht sich beim Gehen eine Vorfreude auf die »Zivilisation« breit. Am meisten freue ich mich auf abwechslungsreiches Essen. Auch Lukas wird immer unruhiger, je näher wir unserem Ziel kommen. Für ihn bedeutet das Ende der Tour erst einmal Ferien. Mit dem verdienten Geld möchte er endlich seine Familie besuchen, die in der Damara Region wohnt. Seit über zwei Jahren war er nicht mehr zu Hause. Aber unser Guide hat noch einen Tag Pause eingeplant. Der letzte Lagerplatz liegt in einer steppenartigen Landschaft nicht weit entfernt von einer Wasserstelle. So nutze ich den Tag, mache mich auf den Weg und wasche meine Kleider und Haare, damit ich beim Einlaufen in Opuwo nicht allzu schmutzig bin.
Heute ist der Geburtstag meiner Tochter und ich habe mich schon die ganze Zeit auf ein Telefongespräch gefreut, um ihr zu gratulieren. Enttäuscht muss ich feststellen, dass die Batterie meines Satellitentelefons leer ist. Mithilfe von Solarenergie kann ich sie wieder aufladen, was aber Stunden dauert. Während ich herumhänge und warte, steigt eine gewisse Melancholie in mir hoch.
Vor zwanzig Jahren lebte ich in der Steppe in Nordkenia abseits jeglicher Zivilisation, wie auch jetzt. Nur lag ich damals gerade im einfachen Spital Wamba und wartete auf die Geburt meines Kindes. Nichts wusste ich über Kindergebären, da mich dieses Thema vor Afrika gar nicht interessierte. Und als es so weit war, konnte ich mit niemandem darüber sprechen. Meine Schwiegermama beherrschte nur die Maa-Sprache und mein Ehemann konnte mir nichts über Geburten erzählen, da dies Frauensache sei. Es gab keine Vorbereitungskurse, Schwangerschaftsturnen oder gar Ultraschalluntersuchungen. Nein, es gab nichts dergleichen. Ich musste warten, hoffen und beten, dass mein Kind gesund zur Welt kommt, trotz der widrigen Umstände. Ja, und dann, heute vor zwanzig Jahren, durfte ich trotz dreifacher Malaria während der Schwangerschaft einem gesunden Mädchen das Leben schenken. Das alles geht mir durch den Kopf, während ich warte und nichts zu tun habe. Endlich funktioniert mein Telefon wieder, und ich versuche, das Geburtstagskind in Zürich zu erreichen. Es klappt tatsächlich und ich könnte heulen vor Freude, obwohl sie nur kurz Zeit hat, da sie arbeitet und es bei ihr gerade sehr hektisch zugeht, wie sie mir mitteilt.
Den Rest des Tages verbringe ich mit einem inneren Abschiednehmen von dem hinter mir liegenden Abenteuer. In zwei Tagen werden wir das Ziel erreichen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge warte ich auf die letzte Etappe. Ein langer und harter Marsch liegt noch vor uns. Als hätte ich sie abgezählt, klebe ich meine letzten Pflaster auf die großen Blasen an meinen Füßen.
Die Straße ist breit und hart und nicht sehr angenehm zum Laufen. Ich ziehe früh los und marschiere sehr schnell. Nun begegne ich immer wieder Autos. Mal sind die Fahrer Einheimische, die mir erstaunt zuwinken, dann wieder Touristen, die anhalten und besorgt fragen, ob ich Probleme mit meinem Auto hätte. Lachend verneine ich, erkläre die Situation und verweise auf die weiter hinten heranziehenden Kamele. Ungläubig fragen mich fast alle, wo ich denn überall durchgelaufen sei, und bringen den Mund vor Staunen nicht mehr zu. Einige springen aus ihren Autos und wollen sich mit mir fotografieren lassen. »So etwas Verrücktes kann wohl nur eine Schweizerin machen!«, höre ich des Öfteren. Immer mehr Anzeichen von Zivilisation tauchen auf. Seit Wochen sehe ich die ersten Strommasten und das bedeutet, dass Opuwo, die Hauptstadt des Kaokoveld, vor uns liegt. Witzigerweise heißt Opuwo in der Himba-Sprache »das Ende«, passend zu unserem Trekking, das nach insgesamt zirka 720 Kilometern hier endet. Erschöpft, doch stolz und fast etwas benommen von den vielen Menschen um uns herum, laufe ich zusammen mit den Kamelen und den beiden Männern in diesem kleinen Städtchen mit etwa 5.000 Einwohnern ein. Uns kommt es vor wie das Erreichen der Zivilisation. Die Menschen in Windhuk
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