Afrika, Meine Passion
verschwunden. Wo hat man nur all diese Menschen versteckt? Nirgendwo sieht man Abfall, und neuerdings scheint in Nairobi keiner mehr zu rauchen. Offensichtlich wirkt das öffentliche Rauchverbot. Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr sich das Stadtzentrum verändert hat.
Ich habe mich für vier Wochen in einem Apartmentkomplex eingemietet. Für kenianische Verhältnisse ist es komfortabel. Bei uns würde man sich darunter allerdings etwas anderes vorstellen. Täglich steige ich sechs Stockwerke hoch, um in mein Einzimmer-Apartment zu gelangen. Einen Lift gibt es nicht. Dabei schleppe ich mein Trinkwasser nach oben, weil das Leitungswasser für europäische Mägen nicht zu empfehlen ist. Das Zimmer ist mit abgegriffenen Möbeln eingerichtet, und an einigen Ecken bröckelt der Putz. Die Dusche ist, je nach Tageszeit, eher nicht zu gebrauchen, da das Wasser nur mühsam den Weg nach oben findet. Ich behelfe mich mit einem Eimer, den ich vor dem Duschen auffülle, damit ich auf jeden Fall das Shampoo wieder ausspülen kann. Die Toilette funktioniert nur manchmal. Alle drei bis vier Tage habe ich den Klempner im Zimmer. In der kleinen Küche stehen ein Kühlschrank und ein alter Gasherd, bei dem die Flamme verdächtig krumm aus dem Brenner züngelt. Aber es gibt einen Fernseher und eine einfache Musikanlage im Zimmer. Täglich kommt eine Raumpflegerin und bei Reklamationen versucht natürlich der Hausmeister, Abhilfe zu schaffen. Ein Außenpool steht ebenfalls zur Verfügung, was hier in Nairobi wegen des Wassermangels wirklich Luxus ist. Das Wichtigste jedoch ist, dass wir bewacht sind. Das heißt, kein ungebetener Gast kommt ohne die Einwilligung des Wachmanns in das abgeriegelte Areal hinein. Das ist in den vornehmen Gegenden Nairobis inzwischen die Regel. Ein Wachmann verdient, je nach Firma, umgerechnet zwischen 80 und 120 Euro im Monat. Wenn man bedenkt, dass meine Einzimmerwohnung 740 Euro im Monat kostet, kann man sich vorstellen, wo der Wachmann zu Hause ist. Insgesamt fühle ich mich hier wohl. Vor allem später, als ich tagelang in den Slums unterwegs bin und mich abends todmüde, aber zufrieden in die sechste Etage zurückziehen kann, empfinde ich das einfache Zimmer als puren Luxus.
U m mich auf die von mir so geliebte umtriebige afrikanische Atmosphäre einzustimmen, suchen Klaus und ich am zweiten Tag in Nairobi einen Markt auf. Er befindet sich auf einem großen Gelände nicht allzu weit vom Zentrum entfernt. Ich laufe an den vielen verschiedenen Ständen vorbei. Die einen verkaufen Früchte und Gemüse auf einfachen Verkaufsständen, auf denen die Ware lockend angepriesen wird. Andere legen ihre Tomaten auf dem Boden aus und bieten drei Stück für wenige Cent an. Etwas weiter ist der Fischstand. Große frittierte Fische liegen säuberlich nebeneinander geschichtet auf braunem Papier. Die Verkäuferin hat neben sich am Boden eine Feuerstelle, auf der eine Wokpfanne mit erhitztem Öl steht. Hier taucht sie die frischen Fische hinein, bis sie knusprig sind. Das Geschäft blüht und die Kunden lassen sich ihre Fische in Zeitungspapier einwickeln. Es duftet herrlich und mir läuft allein beim Anblick das Wasser im Mund zusammen.
Langsam schlendere ich weiter und beobachte das bunte Treiben. Wir erreichen den Secondhand-Markt. Unmengen von Kleidern, Schuhen, Taschen und Dingen aller Art kann man hier erwerben. Ein Stand reiht sich an den nächsten. Die Ware ist erstaunlich sauber und jedes Kleidungsstück ordentlich gebügelt. Alle möchten mir natürlich etwas anbieten, weil ein weißes Gesicht ein gutes Geschäft verspricht. Freundlich lächelnd vertröste ich auf später. Es ist erstaunlich, wie reichhaltig das Angebot ist. Doch heute möchte ich nur durchspazieren und die Stimmung genießen. Einige Verkäufer liegen auf ihren Kleiderhaufen und halten Mittagsschlaf. Wir verlassen die Kleiderabteilung und stoßen weiter hinten auf die Gemüsegroßhändler. Hier ist der Platz sehr verschlammt und wir sind froh über unsere neu erworbenen Gummistiefel. An einem Stand hat sich die füllige Besitzerin auf der bereits leer gekauften Verkaufsfläche niedergelassen und nimmt von ihrer Angestellten das eingenommene Geld liegend entgegen. Es ist ein herrlicher Anblick, und ich überlege, wie wir wohl in der Schweiz oder in Deutschland reagieren würden, wenn Verkäufer neben den Tomaten und dem Kohl im Gemüsegestell liegen würden.
Weiter hinten bemerke ich einige Kühe, die genüsslich Grünabfälle mampfen.
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