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Afrika, Meine Passion

Afrika, Meine Passion

Titel: Afrika, Meine Passion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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warnte mich davor, die Gang zu verlassen, da es eine Falle sein könnte und ich sicher getötet würde. Aber das kann er ja selber erzählen«, beendet Bernhard seinen Bericht.

    N eugierig wende ich mich an John. Er ist etwas kleiner als Bernhard und wirkt verschlossener. Auf seinem Kopf sitzt eine schwarz-weiße Schirmmütze. Seine Augen haben etwas Asiatisches und im ersten Moment ist er mir nicht ganz geheuer. Als er jedoch zu sprechen beginnt, bin ich überrascht, wie sanft und leise seine Stimme ist. Ich muss ihn sogar auffordern, lauter zu reden, weil ich kaum etwas verstehe. Susanne, die Geschäftsführerin, lacht und meint: »Er ist eben unser Mann mit der sanften Stimme.« Irgendwie passt diese Samtstimme nicht zu dem, was ich nun zu hören bekomme.
    »Ich heiße John und bin 32 Jahre alt. Bevor wir auf Jamii Bora trafen, war unser Leben alles andere als einfach. Von 1995 bis 2008 war ich der General einer der gefürchtetsten und härtesten Gangs in Kibera. In diesen 13 Jahren führte ich ein grausames Leben. Meine Mutter habe ich in dieser langen Zeit nie besucht. Stell dir vor, ich als Letztgeborener wäre eigentlich für meine Mutter verantwortlich!
    Ich lebte nur nachts und wusste nie, was kommen würde. Wir jungen Männer im Slum wollten möglichst viel kaputt machen, weil wir frustriert waren. Richtig gefährlich waren wir, und fast alle Zerstörungen sind von unserer Gang ausgegangen. Ich war der Boss. Und Corinne, ich sage dir, es ist nicht einfach, 213 kriminelle Leute so zu führen, dass sie dich respektieren, denn alle standen unter Drogen, und es war fast unmöglich, so viel Gewalt zu kontrollieren.
    Als sich Andrew von Jamii Bora im April 2008 bei mir meldete, war das für ihn nicht ungefährlich. Anfangs wollte ich ihm kaum zuhören, aber er gab nicht auf. Nichts konnte ihn abschrecken. Gut so! Heute denke ich, es war einfach Gottes Plan. Obwohl ich noch misstrauisch war, kam Jamii Bora langsam in mein Leben. Nachdem Andrew Bernhard und mir erklärt hatte, dass er unsere Hilfe brauche, um Lebensmittel in Kibera zu verteilen, beschlossen wir nach mehreren Besprechungen, mitzumachen, aber nur, weil das der einzige Weg war, einen Job zu bekommen.
    Als aber Wochen später dieselben Leute zu uns kamen und erklärten, sie wollten helfen, den Markt wieder aufzubauen, waren die Leute in unserer Gang voller Hass, denn wir hatten diesen Markt erobert. Fünf meiner Leute waren getötet worden. Wir waren die Landlords!«
    Johns Stimme ist nun wesentlich lauter geworden und seine asiatisch wirkenden Augen schauen mich kalt an. In diesem Moment kann ich mir durchaus vorstellen, dass er früher sehr brutal gewesen ist.
    Er berichtet weiter: »Wieder wurde viel diskutiert und verhandelt, bis sie mir versprachen, uns in den Markt zu integrieren. Sie informierten die Vorbesitzer und die Verantwortlichen, und schließlich fanden wir eine Lösung.«
    Interessiert frage ich die beiden, wie es möglich war, so schnell von den Drogen loszukommen.
    John fixiert mich mit einem intensiven Blick und antwortet: »Pass auf, Corinne, ich war sehr grob und gefürchtet. Wenn du eine Gang über so lange Zeit leiten willst, musst du immer Vorbild sein. Ich nahm schon Drogen, da haben die anderen noch gar keine gekannt. Ich spritzte Heroin, da haben die anderen gerade mal mit Marihuana angefangen. Es gibt nur zwei Regeln. Um respektiert zu werden, musst du als Leader Vorbild sein und immer härter agieren als die anderen. Und du musst Vertrauen schaffen. Wir haben das Geld der Gang verwaltet und es immer gleichmäßig an alle verteilt. Viele Gangleader machen den Fehler und hauen mit dem Geld ab. Die haben keine Chance.
    Als die Unruhen vorbei waren, traten wir Jamii Bora bei. Mit Andrew besprachen wir, wie wir zu Geld kommen könnten. Dabei erklärte er das System mit dem gegenseitigen Bürgen. Natürlich besprach er alles nur mit mir und Bernhard. Mit der Gruppe konnte er nicht sprechen. Aber ist es nicht immer so? Wenn du etwas willst, musst du immer bei den Chefs, Ministern oder gleich beim Präsidenten anfragen«, sagt er schmunzelnd, bevor er weitererzählt. »Noch immer vertraute ich Andrew nicht wirklich. Es war sehr schwer für mich, in sein Office zu gehen. Es hätte auch eine Falle sein können und ich hätte vor meiner Gang das Gesicht verloren. Wenn es nicht funktioniert hätte, wäre ich ein Niemand gewesen.
    Doch Andrew ließ nicht locker, und schließlich bildeten sich aus unserer Gang drei selbstständige

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