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Afrika, Meine Passion

Afrika, Meine Passion

Titel: Afrika, Meine Passion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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nnocent schaut auf seine Uhr und meint, dass es Zeit sei, denn sie müssten noch ihre drei Stunden Sozialdienst erfüllen. Ich frage, was auf dem Programm steht, und Joseph antwortet: »Wir werden innerhalb des Vereins in Gruppen aufgeteilt, und jede Gruppe arbeitet abwechselnd an etwas anderem. Heute besuchen wir Gefängniskinder. Es handelt sich dabei um inhaftierte Jugendliche unter 18 Jahren. Wir suchen das Gespräch mit ihnen, um sie vom Sport zu überzeugen oder ihnen klarzumachen, dass ihr Weg zu nichts führt. Ich kann ja aus Erfahrung sprechen. Aber jetzt trete ich als Vorbild auf und das gibt mir ein gutes Gefühl. Wir setzen uns mit den Kindern zusammen und beantworten Fragen. Einige wollen wissen, wie ich es geschafft habe, so weit zu kommen, dass ich in der Ersten Liga spielen kann. Dann erzähle ich von MYSA, erkläre ihnen das System, und wenn sich jemand dafür interessiert, helfe ich ihm dabei, eine Mannschaft zu suchen. Manchmal bringen wir auch Lebensmittel oder einen Fußball mit. Aber nicht alle lassen sich begeistern. Es gibt Jungen, die sprechen nicht mit uns und wollen auch kein Essen annehmen. Sie wollen einfach nur in Ruhe gelassen werden. Man kann sie ja nicht zwingen. Es ist für diese Kinder eine schwierige Zeit. Sie wissen nicht, ob ihre Eltern sie wieder aufnehmen oder ob sie in ein Heim kommen werden. Die bewachte Schule müssen sie auf jeden Fall weiterbesuchen und schwere Arbeiten verrichten. Es soll ja schließlich eine Strafe sein.«
    Ich frage die beiden, ob auch andere Clubs Sozialarbeit durchführen. Da lachen sie herzhaft und erklären: »Nein, wir sind in ganz Kenia der einzige Club in der Ersten Liga, der sich so für das Gemeinwohl einsetzt. Unser Gehalt beruht zur Hälfte auf dieser Arbeit, aber es macht auch Spaß, anderen helfen zu können. Nur manchmal ist es schwer, denn wenn sie uns Spieler live sehen, wollen alle mit zu einem Fußballspiel. Leider ist das unmöglich. Wir haben nicht so viel Geld. Ab und zu können wir zwei Fans mitnehmen. Doch dann gefällt es ihnen so gut, dass sie beim nächsten Match wieder mitwollen, was einfach nicht geht. Auch wenn wir auswärts spielen, fahren wir so früh los, dass wir in der jeweiligen Stadt unsere Sozialarbeit anbieten können, oder wir gehen in Primarschulen und geben eine Trainingsstunde, was die Kids sehr motiviert. Wir sind durch MYSA groß geworden und jetzt wollen wir etwas zurückgeben, damit andere auch davon profitieren können«, sagen sie mit beeindruckender Überzeugung.
    Da sie keine Zeit mehr haben, erkundige ich mich nur noch kurz nach ihren Träumen. Beide sind sich einig: Ihr größter Wunsch ist es, in Europa zu spielen. »Weißt du, Corinne, jetzt geht es uns schon gut, aber wir sind noch jung. Viel Geld können wir nicht sparen, weil wir neben unserem eigenen Lebensunterhalt eine zahlreiche Verwandtschaft mit unterstützen. Doch es ist wichtig, dass wir etwas erreichen, solange wir jung sind. Wir brauchen einen Vertrag über mehrere Jahre, damit wir uns einen Namen erarbeiten können und später, wenn wir nach Kenia zurückkommen, etwas aufbauen können. Wir sind Vorbilder und müssen oben bleiben. Wir dürfen nicht in ein paar Jahren wieder in der totalen Armut leben, das wäre katastrophal. Deshalb bauen wir auf die Medien und auf Leute wie dich, damit ihr in Europa von uns erzählt und wir vielleicht eine Chance haben. Das wäre unser allergrößter Traum«, beenden sie das Interview.
    Mich wundert es nicht mehr, dass diese jungen, talentierten und willensstarken Männer von Mathare United bereits zwei Mal für den Friedensnobelpreis nominiert worden sind.

Endlich mit Napirai in Barsaloi
    Nach einem hektischen und ereignisreichen Monat in Nairobi kehre ich mit vielen bewegenden Geschichten nach Hause zurück. Doch mein Gewissen drückt mich, weil ich mich so lange in Kenia aufgehalten habe und dennoch keine Reise nach Barsaloi zu meiner geliebten afrikanischen Familie unternommen habe. Wie gerne würde ich sie nach sechs Jahren wiedersehen – Mama, Lketinga, James und alle anderen. Aber ohne meine Tochter schien es mir unmöglich. Damit ich nicht um Erklärungen ringen musste, fand ich es besser, die Keniareise in meinen Briefen nicht zu erwähnen.
    Allerdings ist mir bereits während der vielen Interviews klar geworden, dass eine zweite Reise nötig sein wird, um weitere Fragen zu klären. Dabei ist es mir ebenso wichtig, einen Teil der Personen, die mir so offen von ihrem Leben berichtet haben,

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