Afrika, Meine Passion
nochmals zu besuchen, um mit etwas Abstand einen vertiefenden zweiten Blick zu gewinnen, und um eventuelle Veränderungen oder Details zu dokumentieren. Darüber hinaus war das intensive und tagelange Eintauchen in die Slums kurz nach dem Verlassen der sauberen, ordentlichen Schweiz für mich doch ziemlich gewöhnungsbedürftig. Viele Emotionen und Eindrücke schwirren mir durch den Kopf, die sich erst ordnen und setzen müssen.
Ich genieße mein schönes Zuhause und das angenehme Leben hier in der Schweiz wesentlich bewusster als vor der Reise. Es ist schon seltsam. Wenn ich hier bin, träume ich von Abenteuerreisen, vor allem in Afrika. Bin ich dann aber wirklich längere Zeit unterwegs, auch wenn es noch so schön und spannend ist, überkommt mich irgendwann ganz plötzlich die Sehnsucht nach zu Hause. Ich danke jedes Mal aufs Neue dem lieben Gott, dass ich das Glück habe, wählen zu können. Die meisten Menschen hier in der Schweiz können, wenn sie wollen, ohne Schwierigkeiten nach Afrika fliegen und nach einigen Wochen zurückkehren. Umgekehrt ist das nicht der Fall. Die wenigsten Afrikaner schaffen es, in der Schweiz einen Urlaub zu verbringen, problemlos schon gar nicht. Solche Gedanken beschäftigen mich während des Niederschreibens der gesammelten Eindrücke des Öfteren.
Die entstehenden Slum-Geschichten lese ich hin und wieder meiner Tochter vor, die staunend zuhört und sich so ein Leben nicht vorstellen kann. Andererseits erkennt sie, dass ihre afrikanische Familie zwar einfach und bescheiden, aber im Gegensatz zu den Bedingungen in einem Slum frei und im Einklang mit der Natur lebt. Ihr Interesse wächst mit jeder Geschichte und die Fragen über Kenia nehmen zu. Ich freue mich sehr darüber, denn nichts wünsche ich mir sehnlicher, als meiner Tochter eines Tages ihr Geburtsland zeigen zu können. Ich bin überzeugt, dass dies vieles bei ihr verändern und sie vielleicht meine Geschichte besser verstehen wird. Seit Jahren zünde ich in nahezu jeder Kirche, die auf meinem Weg liegt, auch für meine afrikanische Familie Kerzen an. Oft bitte ich darum, dass Mama und selbstverständlich auch Lketinga, Napirais Vater, so lange leben und warten können, bis sie bereit ist. Vor allem bei ihrer liebenswerten Großmutter habe ich manchmal die Sorge, dass es zu spät sein könnte.
Im Mai desselben Jahres erhalten wir einen überaus bewegenden Brief von meinem Schwager James aus Barsaloi, der alles verändert:
Liebe Corinne und liebe Napirai!
Es ist meine große Hoffnung, verbunden mit einem tiefen Gefühl, dass es dir und Napirai gut geht. Wir danken Gott, dass es unserer ganzen Familie gut geht und wir zufrieden sind. Stefania, meiner Frau, Mama, meinen Kindern und mir geht es ebenfalls wunderbar, und auch Lketinga, seine Frau und seine Kinder sind glücklich.
Einmal mehr möchte ich die Gelegenheit nutzen, dir ein Wort des Dankes zu schreiben, verbunden mit einer großen Wertschätzung für dich und Napirai. Schon lange habe ich mich nicht mehr gemeldet und bitte dich dafür um Verzeihung. Corinne, du unterstützt uns seit Langem und tust es fast täglich, indem du von uns berichtest. Das ist sehr gut, und ich hoffe, Gott segnet die Arbeit, die aus deinen Händen fließt.
Lketingas Familie bekommt das Geld, das du ihnen regelmäßig sendest, und er bedankt sich für die Unterstützung. Auch meine Familie schließt sich dem Dank für die Zuwendungen an, die du für uns und Mama leistest. Mir fehlen große Worte des Dankes, aber ich versuche, es so zu erklären:
Liebe Corinne und liebe Napirai, es ist mir ein großes Anliegen, euch unsere aufrichtigen tiefen Gefühle mitzuteilen. Alle meine Kinder und die Kinder von Lketinga sprechen ganz oft von euch. Einige von ihnen kennen dich, Corinne, von deinem Besuch mit Albert und Klaus, aus dem dein letztes Buch »Wiedersehen in Barsaloi« entstanden ist. Bei den älteren Familienmitgliedern bist du in ihren täglichen Gedanken und Gebeten. Unsere großartige Mama beauftragt mich jedes Mal, dir Grüße zu schreiben, wenn wir einen Brief von dir bekommen haben, den ich ihr immer sofort vorlese.
Corinne, ich möchte mit ganzem Herzen ausdrücken, dass es uns während der letzten harten Dürre, die vor ein paar Monaten herrschte, besser ging als vielen in Barsaloi und im Samburu-Gebiet. Das hat nur damit zu tun, dass du deine Samburu-Familie nie vergessen hast und so häufig unterstützt. Aber auch unseren Paten Albert möchte ich nicht vergessen, der seine
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