Afrika, Meine Passion
Hand ausstreckt und uns ebenfalls immer wieder großzügig Hilfe zukommen lässt.
Liebe Corinne, heute ist ein Tag, an dem ich mich an vieles zurückerinnere. Das Zurückgehen meiner Gedanken gilt der Zeit zwischen 1987 und 1989. Erinnerst du dich noch an den Tag, als du Mama in Loruko, ein paar Kilometer von Barsaloi entfernt, besucht hast? Zu diesem Zeitpunkt waren Lketinga und ich nicht anwesend. Aber du kanntest Mama schon und ihr habt euch miteinander unterhalten, indem ihr gestikulierend die Hände benutzt habt oder von den Augen und Lippen ablesen musstet. Es ist alles so geschehen, weil es Gottes Wunsch war, dich zur Leparmorijo-Familie zu führen. Kurze Zeit später kam ich mit Lketinga und ich vergesse nie, wie er sich neben dich setzte und ihr über eure Hochzeit gesprochen habt. Für mich ist es immer noch erstaunlich, dass du dich entschlossen hast, der Samburu-Kultur zu folgen. Du warst sofort einverstanden, als Samburu-Frau geheiratet zu werden. Du hast eine Manyatta in unserem Kral gebaut, ein sogenanntes »White House«, das so heißt, weil die Hütte durch das Bestreichen mit frischem Kuhdung zuerst grün erscheint und sich, wenn sie nach wenigen Tagen getrocknet ist, sozusagen in ein weißes Haus verwandelt. Alle Erstfrauen in unserer Kultur müssen so eine Hütte besitzen. Auch du hattest eine, und das zeigt, wie außergewöhnlich du schon damals warst.
Nun möchte ich dir von einem Traum erzählen, den ich vor einiger Zeit hatte. Ich träumte von einem Haus mitten auf unserem Land. Du musst wissen, Barsaloi hat sich verändert. Man kann jetzt Grundstücke kaufen und ich habe diesen Platz bekommen. Niemand kann ihn mir mehr nehmen. Ich würde sehr gerne mit viel Mühen und Gottes Hilfe sowie mit euren Zuwendungen dieses geträumte Haus bauen. Es wird weiß gestrichen und »Corinne’s White House« genannt werden, und es wird alle Tode überleben. Dieses Haus und deine Bücher werden unsere Kinder und Enkelkinder immer an dich und die Unterstützung, die du für die Leute in Barsaloi im Samburu-Land geleistet hast, erinnern.
Von Zeit zu Zeit wirst du uns besuchen oder deine Freunde kommen vorbei oder unsere Napirai findet den Weg zu uns. Das Haus wird da sein, sicher und bereit für Gäste. Wenn mein Traum in Erfüllung geht, sollte das »White House« inmitten unserer Tiere und unserer Häuser stehen.
Corinne, das ist mein großer Traum, denn wir müssen für deine Bemühungen eine Erinnerung schaffen und ein Dankeschön an Gott, der für uns alle so viel Gutes getan hat. Ich bin sicher, eines Tages, irgendwann, wird Napirai uns besuchen und ihr Zimmer darin finden.
PS: Ich habe dir Fotos von unseren Familienmitgliedern beigelegt und alle Namen darauf geschrieben. So kannst du deine ganze afrikanische Familie sehen.
Dein James und Familie
Dieser Brief überwältigt mich emotional sehr. Beim Lesen tritt mir der Schweiß aus allen Poren und meine Augen füllen sich mit Tränen. Natürlich schäme ich mich nun umso mehr, dass ich nicht in Barsaloi war.
A m Abend lese ich Napirai den Brief am Telefon vor und schon wieder steckt mir ein Kloß im Hals. Nur mühsam kann ich meine Stimme beherrschen. Es folgt eine lange Pause, in der ich nur ihren Atem höre. Und dann vernehme ich den Satz, auf den ich schon so lange gewartet habe: »Mama, du musst wieder hingehen – nein, wir müssen gehen. Ich komme mit!« Ich kann es kaum glauben. »Danke, Napirai, ich bin so froh über deinen mutigen Schritt. Aus tiefstem Herzen bin ich überzeugt, dass du alle glücklich machen wirst und dich erst recht. Ach, ich wäre jetzt so gerne bei dir, um dich zu sehen und zu umarmen.« Sie lacht und holt mich gleich wieder auf den Boden zurück, indem sie sagt: »Ich hoffe nur, dass nicht zu viel von mir erwartet wird, eigentlich sind es für mich ja Fremde. Ich kann mich an diese Zeit kaum erinnern, weil ich viel zu klein war, als du mit mir weggegangen bist.« »Das schaffen wir schon, wie so manches andere auch«, beruhige ich sie überglücklich.
NAPIRAI Seit ich denken kann, liest mir meine Mutter die Briefe von unserer Familie in Barsaloi vor. Immer schon habe ich gespannt darauf gewartet, etwas Neues von ihnen zu hören oder vielleicht ein aktuelles Foto von meinem Vater oder dem Rest der Familie vorzufinden. Natürlich lese ich inzwischen die Briefe längst selber. Wenn wir antworten, schreibe ich oft etwas in Englisch speziell für meinen Vater dazu.
Viele Male habe ich mir überlegt, wie es in
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