Afrika, Meine Passion
beißende Rauch doch zu schaffen und ich muss, so leid es mir auch tut, die Hütte verlassen. Draußen hoffe ich, dass mein plötzliches Gehen niemanden gekränkt hat, aber es ging wirklich nicht mehr.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie meine Mutter das damals ausgehalten hat. Trotzdem ist es interessant, das einmal zu erleben. Als meine Mutter etwas später herauskommt, schaut sie mich an und muss lachen. Ich glaube, sie hat mit meiner Reaktion gerechnet. Sie versteht, dass diese Mischung aus Chai, Rauch und Hitze erst mal ungewohnt ist, und sagt mir, wie viel es ihr bedeutet, dass ich überhaupt mitgekommen bin und mit ihr und Mama Chai getrunken habe. Ich weiß, das hat sie sich immer gewünscht.
Wir kehren zurück zu James’ Haus, wo sich der Rest der Familie versammelt hat. Da auch Albert und Klaus dort sind, beschließen wir, unsere Gastgeschenke zu verteilen. Ich habe hauptsächlich Kleidung mitgebracht: Kinderkleider, Röcke und Tücher für die Frauen, Poloshirts, Hemden und Hüte für die Männer. Es wird friedlich untereinander verteilt. Auch Lketingas hübsche Frau ist dabei und freut sich über ihren Rock. Keiner nimmt einfach etwas an sich. Die Kinder warten geduldig und freuen sich über jedes T-Shirt oder Röckchen. Bei den Jungen löst der Weltmeisterschaftsfußball, den Albert zu verschenken hat, besondere Freude aus. Schon nach kurzer Zeit kicken einige Kinder fröhlich auf dem Dorfplatz herum.
Nun werden auch wir beschenkt. Stefania legt Napirai einen breiten, selbst gemachten, farbigen Schmuck um den Hals. Dazu bekommt sie einen Kopfschmuck aufgesetzt, wie ihn die unverheirateten Mädchen tragen. Es ist eine Art Stirnband, mit Glasperlen kunstvoll verziert und mit zwei feinen Kettchen, die halbrund über die Backen fallen. Zum Schluss wird ihr ein weißes, mit bunten Perlen besticktes Tuch um die Schulter gelegt, und schon sieht sie wie ein Samburu-Mädchen aus. Ihr Vater ist sichtlich stolz und zupft da und dort ein wenig zurecht, während das Ganze bei meiner modernen Tochter leichtes Unbehagen auslöst. Für mich haben sie ebenfalls einen Halsschmuck angefertigt, der etwas kleiner ausgefallen ist. Albert und Klaus bekommen mit bunten Perlen besetzte Ledergürtel. Wir alle sind gerührt über die Mühe, die sie sich gemacht haben, um uns beschenken zu können.
Später schauen wir Fotoalben an, in denen sogar einige alte Bilder von mir und Napirai auftauchen. Beim Betrachten der Bilder kommt mir in den Sinn, wie verrückt die Zeit damals war und wie anders inzwischen mein Leben verläuft. Ich bereue nichts, aber heute könnte ich so nicht mehr leben.
Plötzlich hören wir Ziegenmeckern. Es kündigt die Heimkehr der Herden an, was wir heute unbedingt miterleben wollen. Die neugeborenen Zicklein bleiben einige Tage in einer kleinen Behausung zurück, während ihre Mütter auf Futtersuche sind. Nun aber wissen sie wohl, dass sie bald nach Hause kommen und meckern ungeduldig. Mama sitzt wieder vor ihrer Hütte und wartet ebenfalls. Einige Kinder, die bereits in neuen Kleidchen stecken, spielen mit den wartenden Zicklein. Lketingas Schwester hält zum Melken schon die Kalebasse in der Hand. Heute scheint sie guter Laune zu sein und zeigt ihr seltenes Lächeln.
Dann ist es so weit. Aufgeregt strömen die weißen und teilweise gefleckten Ziegen in den Kral. Der Lärmpegel steigt. Nun werden die Zicklein freigelassen und suchen ihre Mütter. Albert-Tonic, James’ ältester Sohn, war den ganzen Tag mit ihnen unterwegs, da auch hier Schulferien sind. Der etwa elfjährige Junge macht absolut keinen erschöpften Eindruck, obwohl diese Arbeit für einen Schulbuben doch sehr anstrengend sein muss. Mein Verleger Albert freut sich besonders, ihn wiederzusehen. Er fördert sein Patenkind seit ein paar Jahren und hofft, dass der Junge vielleicht einmal studieren kann, wofür er auch schon ein Sparkonto eingerichtet hat.
Papa Sagunas Tochter und Saruni, James’ Tochter, melken die Ziegen. Napirai und ich werden aufgefordert mitzuhelfen. Natürlich probieren wir es, aber so richtig klappen will es nicht, was alle Umstehenden zum Lachen bringt.
Viel Milch geben die Tiere ohnehin nicht, obwohl sie ein wichtiger Bestandteil der Ernährung ist. Wir bleiben noch eine Weile und schauen gespannt dem Treiben zu. Es ist lustig zu sehen, wie liebevoll die Kinder mit den kleinen Zicklein spielen. Hier in Barsaloi gibt es nahezu kein Spielzeug, und dennoch, oder gerade deshalb, strahlen die
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