Afrika, Meine Passion
geschlachtet, anschließend auf dem Feuer gegrillt und portionsweise verkauft.
Hier und da kommen ältere Menschen auf mich zu und grüßen freudig: »Supa, Mama Napirai, serian?« Lketinga muss öfter erklären, dass ich nur auf Besuch gekommen bin.
Die Stimmung ist beschaulich und irgendwie kommt man sich als Weiße fast fehl am Platz vor. Aber ich kann mich kaum sattsehen an den bunten Farben und den traditionell geschmückten Menschen. Krieger mit langen, roten Haaren, nacktem Oberkörper, mit Perlenschüren verziert, und mit Hals- und Kopfschmuck kommen und gehen. Sehr lustig finde ich die neue Dekoration, die sie auf dem Kopf tragen. Begehrt sind Plastiktulpen, wie wir sie von unseren Jahrmärkten kennen. Bis zu drei Stück werden in die Haarpracht gesteckt. Mir fällt auf, dass keiner der Männer sein Gesicht bemalt hat. Lketinga hatte sich täglich mit einem dünnen Holzstäbchen und Ocker das Gesicht kunstvoll verziert, was wunderschön aussah. Heute belassen sie es bei den roten Haaren, die den nackten Rücken mitfärben. Wir spazieren umher und ich bin mir nicht sicher, wer hier als die größere Attraktion gilt: Wir als äußerst seltene weiße Besucher auf diesem Markt oder die herausgeputzten Samburu. Ich bin glücklich, dass Napirai diesen traditionellen, friedlichen Markt noch miterlebt, den es so vielleicht bald nicht mehr geben wird.
NAPIRAI Bevor wir zum Markt aufbrechen, führt mich mein Vater in seinen Laden. Er ist nicht sehr groß und etwas spärlich eingerichtet, aber trotzdem hat er einige Sachen dort, die er anbietet. Ein paar Kleidungsstücke hängen an der Wand, andere liegen zusammengefaltet auf dem Boden. Er zeigt auf die an der Wand hängenden Kleider und fragt mich, welches mir am besten gefällt. Zuerst nimmt er eine weiße Jacke, die mir allerdings zu groß ist, und legt sie mir um. Er fragt, ob sie mir gefällt, und ich nicke. Dann aber sehe ich einen schönen schwarzen Rock an der Wand und zeige auf ihn. Er lacht und fragt, ob ich statt der Jacke den Rock haben will. Ich willige ein und bin erleichtert über den Tausch. Er ist froh, dass er mir etwas schenken kann, das mir gefällt, und ich bin glücklich über dieses Geschenk von meinem Vater.
Ich ziehe ihn gleich an, bevor wir zum Markt fahren, und präsentiere meine neue Errungenschaft meiner Mutter, die sich offensichtlich genauso darüber freut wie ich.
Es dauert eine Weile, bis wir auf dem Marktplatz ankommen, und mir ist inzwischen das Bein eingeschlafen, da Diego die Fahrt über auf meinem Schoß geschlafen hat und ich ihn nicht wecken wollte. Mich wundert, bei welchem Gerüttel hier die Kinder schlafen können.
Der Platz ist ziemlich groß und ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Es ist alles sehr farbig, und zum ersten Mal sehe ich so viele Männer und Frauen, die traditionell gekleidet sind, das ist für mich schon sehr ungewohnt. Meine Mutter, Albert und Klaus sind sofort Feuer und Flamme und laufen herum, um alles zu erkunden. Ich gehe erst mal mit James zu ihrem Stand und setze mich mit den Kindern in den Schatten. Hier kann ich etwas ungestörter das Geschehen beobachten.
Irgendwann holt mich meine Mutter dort ab und meint, dass ein paar Frauen mich unbedingt kennenlernen möchten. Ich merke, dass die Leute uns hinterherschauen und tuscheln. Jetzt bin ich froh, dass ich den Rock bekommen und angezogen habe, denn Jeans oder überhaupt Hosen trägt hier keine einzige Frau.
Die Frauen begrüßen uns fröhlich und staunen uns an. Da wir leider nicht viel verstehen, verabschieden wir uns bald wieder. Später setze ich mich erneut zu den Kindern und spiele mit ihnen. Ich bin froh, dass sie mitgekommen sind. Ich habe James darum gebeten, denn normalerweise bleiben die Kinder zu Hause.
Ich finde den Markt wirklich schön und glaube, dass er auch eine gute Abwechslung für die Menschen hier bietet. Noch eine Weile beobachte ich die Leute und das bunte Treiben, und in diesem Moment kommt mir mein Zuhause in der Schweiz sehr weit weg vor.
Nach ein paar Stunden meldet sich langsam der Hunger. James bringt uns zu einer Hütte, in der es Essen gibt. Sie ist mit einigen leeren Teetassen gekennzeichnet, die lustig in den Kaktusblättern hängen. Über dem Feuer stehen große Blechtöpfe. Einer enthält Reis, ein weiterer Fleisch und ein dritter Gemüse und Kartoffeln. Wir lassen uns einen Teller vollschöpfen und setzen uns auf eine zusammengezimmerte Bank im Innern des Kaktusrestaurants. Gegessen wird
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