Afrika Saga 02 - Feuerwind
Zeremonie begannen sachte, einzelne Tropfen vom Himmel zu fallen, was die Krieger derart anstachelte, dass sie wie Springböcke herumsprangen und wilde Schreie ausstießen und ein Rudel Hyänen in die Flucht trieben. Als die Opferrinder in den Umuzis ihrem blutigen Schicksal ins Auge sahen, goss es in der Gegend um Ondini bereits wie aus Kübeln.
Die große Dürre, die Anfang 1877 begonnen hatte, war endlich gebrochen. Es regnete und regnete. Das Gras erholte sich, das Vieh bekam wieder glänzendes Fell, die Flüsse schwollen an, und allerorts wurde für Nachwuchs gesorgt. Frühling und neues Leben zog von Norden her über Zululand.
Stefan Steinach durchquerte im Morgengrauen mit einer Hand voll seiner Zulus und einem Packpferd das verkrustete, aufgebrochene Bett des Tugela. Nur noch ein Rinnsaal hatte die Sonne von dem stolzen Fluss übrig gelassen. Er stellte sich auf einen weiteren Tag mit Backofenhitze ein, kaute auf seiner Zunge, um wenigstens etwas Speichelfluss anzuregen. Wind raschelte im verdorrten Ried, seine Augen brannten, und auch die Schwarzen, die sonst munter schwatzten, trotteten in niedergedrücktem Schweigen neben ihm her.
Er hatte vor, seine Mutter mit einem Besuch zu überraschen. Erstens hatte er sie seit Wochen nicht mehr gesehen, und zweitens gab es bei ihr sicherlich etwas Besseres zu essen als getrocknete Mopaniraupen und zähes, mit Würmern versetztes Kudufleisch oder geröstete Termiten, und der Gedanke an ein Bad im Meer munterte ihn ebenfalls auf. Die Sonne schob sich über die Baumwipfel, und der hohe, klare Gesang eines Vogels weckte ihn aus seiner Benommenheit.
»Wir bekommen Regen!«, schrie er. »Hört ihr den Paradiesschnäpper? Der Elefantenregen ist im Anzug!« Warum die ersten Frühlingsregen Elefantenregen genannt wurden, war ihm nicht ganz klar. Es war halt so. Vielleicht, weil sie das Gras so sprießen ließen, dass selbst ein Elefant darin verschwand, oder weil es Signal für die Dickhäuter war, sich zu paaren. Das war nicht wichtig.
Tausende schwärmender Termiten schwirrten in einer silbrigen Wolke auf ihrem Hochzeitsflug durch die Luft, gerieten Stefan ins Haar, krabbelten ihm in den Kragen und unter sein Hemd, verklebten Nüstern und Ohren der Pferde. Es machte ihm nichts aus, denn schwärmende Ameisen waren eins der sichersten Zeichen, dass ein Mordsgewitter im Anzug war. Seine Zulus fingen so viele fette, weiße Insekten, wie sie konnten. Kross geröstet galten sie als Delikatesse, die satt und stark machte.
Die Luft wurde schwer und roch feucht, schwarze Wolken ballten sich zusammen, Blitze zuckten, und schon prasselte der erste schwere Regenguss herunter. Die Zulus rissen sich jubelnd jeden Fetzen Kleidung vom Leib. Stefan breitete die Arme aus und hob sein Gesicht zum Himmel. Schweigend dankte er den Göttern für diese Gnade. Er nahm seinen Hut ab, drehte ihn um, um das Nass aufzufangen, und als er zur Hälfte gefüllt war, trank er ihn bis zum letzten Tropfen leer. Noch einmal ließ er ihn voll regnen und setzte ihn wieder auf. Das Wasser ergoss sich über sein Gesicht, in den Kragen, und im Nu war er völlig durchnässt. Welch ein köstliches, köstliches Gefühl! Er stieß einen Jodler aus, der seine Zulus zu Heiterkeitsstürmen hinriss und einen Schwarm Perlhühner in kreischende Aufregung versetzte.
Reaktionsschnell packte Stefan den Isagila, seinen Kampfstock, mit dem er ebenso geschickt umgehen konnte wie jeder Zulukrieger, und ließ ihn durch den aufgescheuchten Schwarm wirbeln. Acht tote Hühner konnte er hinterher einsammeln. Er band sie an den Hälsen fest und hakte die Beute über den Sattelknauf des Packpferds. Seine Mutter würde sich freuen, und ihm lief das Wasser im Mund zusammen, dachte er an ihr Perlhuhnrezept mit Kräutern und mildem Curry. Dazu würde es ihr berühmtes Chutney aus Mangos und Ingwer geben. Noch vor Minuten war er müde gewesen, geschafft von dem anstrengenden Ritt, jetzt strömte frische Energie durch seine Adern, und er beschloss, bis zum Lobster Pott durchzureiten. »Ho, ho!«, schrie er, trieb seine Stute Inyoni an, schwenkte dabei den Arm und wies den Weg nach Süden.
Der Pfad vor ihm war noch nicht vom Regen aufgeweicht, sondern hart und in gutem Zustand. Es war die alte Zuluhandelsstraße, die von der Bucht von Durban bis hinauf nach Mosambik führte. In grauer Vorzeit hatten riesige Elefantenherden diesen Pfad getrampelt, und seitdem benutzten ihn auch die Menschen. Er schaute über das staubig grüne Land, und
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