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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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sprang von Stein zu Stein, sicher und geschwind wie eine Antilope, denn sie rannte um ihr Leben. Als sie vor sich einen alten, verschlungenen Feigenbaum erblickte, kletterte sie blitzschnell bis in die Krone und klammerte sich fest. Zitternd knotete sie die Kordel fester um das Hemd, das ihr in nassen Falten am Körper klebte, und wischte sich mit dem Handballen die Augen trocken. Heftig kratzte sie die infernalisch juckenden Mückenstichen an Hals und Armen. Dann wechselte sie den Griff an dem Ast und lehnte sich vor. Nach einem Wolkenbruch war der Wildpfad unter ihr verschwunden, stattdessen plätscherte dort ein Bach, und Schlamm und Geröll hatten ihre Spur verwischt.
    Für einen Augenblick verspürte sie Erleichterung, die aber sogleich verflog, als sie daran dachte, wer sich an ihre Fersen geheftet hatte.
    Die besten Spurenleser des Landes verfolgten sie, dessen war sie sich sicher. Der König schickte nur die Besten, und hatten diese Männer erst ihre Fährte gefunden, würden sie die nicht einmal in einem reißenden Fluss verlieren, und der Trick, dass sich ihr Opfer über eine weite Strecke durch die Bäume hangelte, war ihnen nicht neu. Ihre Angst würden sie als hauchzarte Erschütterung der Luft wahrnehmen, als wäre sie ein Schmetterling, der sich in einem unsichtbaren Spinnennetz verfangen hatte und heftig mit den Flügeln schlug. Sie würden diese Angst riechen und sie mit unerbittlicher Zielstrebigkeit einkreisen. Letztlich konnte sie ihnen nicht entkommen. Die Spinne würden den Schmetterling fressen.
    Das Wissen sickerte wie lähmendes Gift durch ihre Adern. Ein Zittern erfasste ihren Körper, ein tiefes Beben, das von innen kam und sich in Wellen in ihr ausbreitete. Sie glitt auf der glatten, grauen Rinde aus, verlor den Halt, rutschte am Baum herunter und fiel in einen Busch. Ein großer Ast brach unter ihrem Aufprall, und fingerlange Dornen bohrten sich in ihr Fleisch. Sie schluckte einen Schmerzensschrei herunter, löste sich vorsichtig von den Dornen und rappelte sich wieder auf. Sie sah an sich herunter. Aus einem tiefen Riss im Arm und vielen kleineren Wunden strömte ihr Blut, auch auf dem durchnässten Hemd blühten rote Flecken. Sorgfältig schmierte sie erst Schlamm auf ihre Wunden, um die Blutung zu stoppen, und dann auf die frische Bruchstelle am Baum, um sie zu verstecken. Das Blut auf den Dornen wischte sie mit einem Hemdzipfel ab. Doch sie zweifelte, ob ihre Jäger sich so täuschen ließen.
    Seit gestern war sie auf der Flucht, hatte außer einer Hand voll Mopaniraupen nichts gegessen und kaum getrunken, aber in den Pfützen stand Regenwasser. Sie legte sich der Länge nach hin und schlürfte vorsichtig, um den Grund nicht aufzuwühlen, das klare Oberflächenwasser. Als sie getrunken hatte, horchte sie mit geneigtem Kopf, ob sie noch allein im Busch war. Zikaden schrillten, schläfrige Vogelrufe waren zu hören und das eintönige Lied der Baumfrösche. Buschmusik, nichts Ungewöhnliches. Sie richtete sich auf.
    Aber dann hörte sie es. Ein Geräusch, das nicht zu dieser Buschmusik gehörte. Es war nicht mehr als ein leichtes Knacken und dann flüchtiges Schlurfen. War sie entdeckt worden? Sie drückte sich tief ins Gestrüpp, ertrug es mit zusammengebissenen Zähnen, dass Dornen ihr die Haut aufrissen. Dieser Schmerz war nichts gegen den, der sie erwartete.
    Sie kannte die Strafe für das, was sie getan hatte, und sie wusste, dass es keine Gnade für sie geben konnte. Es war nur ein göttlicher Augenblick gewesen, in dem sie sich vergessen hatte, jetzt musste sie dafür bezahlen.
    Der Preis, den man von ihr verlangte, war ihr Leben. So lautete das Gesetz ihres Volkes. Sie senkte den Kopf.
    Ein Vogel rief im Busch, ein Bokmakiri. »Bok-bok-kik. Bok-bok-kik-kikii.« Ein paar Augenblicke herrschte tiefe Stille, und dann hörte sie es noch einmal: »Bokok-kikii.« Ihr stockte der Atem. Der letzte Ruf hatte es ihr verraten. Das war kein Vogel gewesen, diese Laute kamen aus einer menschlichen Kehle, und nun gab es für sie keinen Zweifel, wer hinter ihr her war.
    Kikiza, der Hyänenmann des Königs. Der Beste der Besten.
    Ihr Verfolger befand sich ganz in der Nähe. Sachte zog sie sich noch tiefer in den Busch zurück. Sonnenflecken tanzten über ihre Haut, das Blättergewirr warf grünliche Schatten, löste ihre Umrisse auf, machte sie für menschliche Augen so gut wie unsichtbar.
    Geräuschlos bedeckte sie sich mit trockenen Blättern, verwandelte sich in etwas, was dorthin zu gehören

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