Afrika Saga 02 - Feuerwind
Was war das mit Lulamani und diesem Madoda, und was hatte der König damit zu tun?
Sie war sich ziemlich sicher, dass sie ›König‹ verstanden hatte.
Es passt hinten und vorn nicht, dachte sie. Unschlüssig nagte sie an ihrer Unterlippe. Unsinn, was sollte Andrew mit Lulamani zu schaffen haben? Nach dem Krach bei der Hochzeit durfte niemand im Haus diesen Namen erwähnen. Ihre Ohren hatten ihr einen Streich gespielt. Das Tuch an ihre Stirn pressend, stand sie auf und wanderte im Zimmer umher. Vor dem Spiegel in der Kleiderschranktür blieb sie stehen. Vor Schreck ließ sie das Tuch zu Boden fallen. Was sie da erblickte, ließ sie alles andere vergessen und eine Welle von Übelkeit in ihr aufsteigen.
Eine fette alternde Frau mit glanzlosen Haaren, zerstörter Haut, müden Augen und einem zynischen Zug um den Mund.
Schreckensstarr zwang sie sich zum ersten Mal seit Jahren, wirklich wahrzunehmen, wer sie geworden war. Was Andrew Sinclair aus ihr gemacht hat. Die Erkenntnis warf sie mit einem wütenden Weinkrampf aufs Bett. Als er vorbei war, wusch sie sich das Gesicht und rief Grete.
»Ich will mich anziehen, mach mir die Haare«, wies sie die Frau an.
»Wenn du damit fertig bist, wirst du Folgendes erledigen.« Sie sprach für ein paar Minuten, bis Gretes wässrige Augen vor Entsetzen aus dem Kopf traten. Dann knickste diese hastig und verschwand, so schnell sie konnte. Lilly trat ans Fenster und sah hinunter. Ihr Mann ritt eben, umringt von der aufgeregt herumwuselnden, jaulenden Hundemeute, vom Hof. Möge er in der Hölle brennen, dachte sie, mögen ihn Löwen zerreißen und Aasgeier die Augen auspicken. Mit diesen frommen Wünschen wandte sie sich ab, um ihre Morgentoilette zu beginnen.
Aber tief in ihrem Innersten, wo ihre Gefühle, begraben unter Jahren von Demütigungen, ungeschützt durch Vernunft und kühles Denken offen lagen, da weinte sie. Um ihre Ehe, um sich, um ihre Liebe, um Andrew. Und nachts, wenn ihre Seele, die tagsüber von diesem Wall aus Hass und Trotz und Angst abgeschottet wurde, wehrlos war, träumte sie von den ersten Tagen ihrer Liebe, die unbeschwert und voller Leidenschaft waren, wie es sein sollte, und sie träumte davon, dass Andrew zu ihr zurückfinden würde. Wenn sie aufwachte, verwirrt, verschwitzt und aufgewühlt, und ihr langsam klar wurde, dass sie allein war in ihrem Bett und in ihrem Herzen, dann schüttelte sie sich vor Angst.
Andrew war sich ihres Hasses wohl bewusst, ebenso der Tatsache, dass sie ihn noch liebte, aber beides kümmerte ihn nicht. Was konnte sie ihm schon antun? Eine Scheidung würde er zu verhindern wissen.
Er würde sich nach seiner Rückkehr mit ihr befassen. Jetzt lag die Jagd vor ihm. Sein Puls wurde schneller, sein ganzes System lief auf Hochtouren, das Jagdfieber schärfte seine Sinne. Er konnte besser sehen, besser riechen, selbst die lautlosen Schreie der Fledermäuse, die den aufziehenden Tag flohen und ihre Höhlen aufsuchten, hörte er, und als hundert Yards entfernt im Busch, der sein Grundstück begrenzte, ein größeres Tier lautlos davonrannte, spürte er die Erschütterung unter seinen Füßen. Es war ein Rausch, aber ohne die Abstumpfung der Sinne, die Alkohol bringt. Es war ein Höhenflug, und er war süchtig danach. Nur noch der Augenblick, da seine Kugel ihr Ziel fand, die Beute erlegt war, war erregender. Nicht einmal Georgina Mercer, die auf dem Bock seines Planwagens saß, konnte diese Gefühle in ihm erwecken. Und heute war der Tag, an dem er seinen Traum beim Schopf gepackt hatte. Er würde ihn nicht wieder loslassen. Wenn Nisaka seine Aufgabe erledigt hatte, brauchte er sich nur noch zurückzulehnen und zu warten.
Seine Männer fragten sich für den Rest des Tages, warum Andrew Sinclair in Hochstimmung war, denn an diesem Tag verloren sie nicht nur eine der Zuluköchin, die beim Überqueren des Umgeni über ein hungriges Krokodil stolperte, und einen der Jagdhunde, der es verbellen wollte, sondern schössen nicht ein einziges Tier, nicht einmal das gefräßige Krokodil.
Die Laute jedoch, die während der Nacht aus dem rostroten Zelt Nkosi Sinzis drangen, waren eindeutig. Die Männer lauschten kurz, zuckten die Schultern, grübelten flüchtig darüber, was die Umlungus an kleinen, gelbhaarigen Frauen fanden, und schliefen weiter.
18
Ein Warzenschwein brach vor ihr aus dem Busch, für einen kurzen Augenblick war der Rhythmus ihres Laufs gebrochen, und Lulamani strauchelte, fing sich aber und hetzte weiter über den Weg,
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