Afrika Saga 02 - Feuerwind
schien. Ein brauner Felsen im Laub vielleicht, eine verfärbte Stelle im Boden. Vollendete Tarnung. Ihr Herz raste, aber ihr Atem kam lautlos, denn sie war listig und schlau wie eine Katze, und die Kunst der Jagd und Tarnung hatte sie bei einem Meister gelernt, Setani, ihrem Mann. Doch jetzt war sie das Wild, und ihr Jäger war grausam.
Einzig ihr Mann, der sie liebte und dessen Hemd sie trug, konnte sie retten. Wie bei dem weißen Häuptling Jantoni Simdoni, den die Weißen John Dunn nannten, war sein Haus und auch sein Ochsenwagen Zuflucht für jeden Verfolgten. Dort waren die Hyänenmänner machtlos und mussten unverrichteter Dinge abziehen.
Aber auch wenn sie es schaffen sollte, ihren Mann zu erreichen, würde er keinen Finger für sie rühren, davon war sie überzeugt. Kein Mann würde das. Nicht nachdem, was sie ihm angetan hatte.
Es war ein kalter Wintertag gewesen, als ein schwarzer Schatten sich auf ihr Leben senkte. Ihr Vater hatte ihr mitgeteilt, dass König Cetshwayo sie als Frau des Umlungu Setani bestimmt hatte. Seit Monaten war sie heimlich mit Madoda verlobt, und die Angst vor Setani, dessen Hände und Hals fast so braun waren wie ihre, der Rest seines Körpers aber weiß war wie der Unterbauch eines Fischs und die Haut so durchsichtig, dass sie befürchtete, sein Herz schlagen zu sehen, fraß sie auf. Sie verging schier bei der Vorstellung, die weiße Körperhaut Nkosi Setanis berühren zu müssen.
»Sie ist schleimig und kalt wie die eines Aals«, riefen ihre Freundinnen und schüttelten sich vor Ekel.
Bei dem nächsten Besuch ihres zukünftigen Manns hatte er sein Hemd abgestreift, und sie hatte zu ihrem Entsetzen entdeckt, dass ihm Haare auf seinem Körper wuchsen, auf seiner Brust, die bei Madoda so glatt und seidig war, wucherte ein dichter Pelz, der sie an Paviane denken ließ. Als Junge war auch seine Brust glatt gewesen. Würde alsbald sein ganzer Körper haarig werden? Wie bei den Affen?
Die Erinnerung an die Tage ihrer Hochzeit waren ein bunter Wirbel in ihrem Kopf, einzelne Bilder aber waren wie eingebrannt. Ihr Tanz vor ihrem Bräutigam, Madoda im Schatten der Büsche, die seltsame Szene mit Nkosi Sinzi, der Zorn ihres Mannes und ihres Vaters auf diesen Mann, das schnelle Ende der Feier, und was dann geschah.
Der Alltag auf Inqaba unterschied sich drastisch von dem im Umuzi ihrer Familie. Sie war oft allein und sehnte sich nach der lebhaften Gesellschaft ihrer Geschwister, nach dem beruhigenden Blöken der Rinder im Viehgatter ihres Vaters, wünschte sich, mit ihren Freundinnen an den Fluss zu gehen, wo sich immer die jungen Männer herumtrieben und nach ihrer Liebsten Ausschau hielten. Aber das war ihr verwehrt, natürlich, denn sie war eine verheiratete Frau.
Ihre Schwiegereltern waren weiß und verbrachten seit einigen Jahren den Sommer am Meer, die Schwestern ihres Mannes, ihre Kindheitsfreundinnen Viktoria und Maria, lebten weit weg von ihrer Heimat, weiter, als jener Spalt am Ende des Himmels, durch den die Sonne jeden Abend verschwand. Viel weiter.
Unvorstellbar weit. So fühlte sie sich oft einsam.
Bis zu jenem Tag in diesem Frühling. Allenthalben stiegen die Säfte, die Bullen begatteten die Kühe, die Hähne ihre Hühner, und aus der Ferne schallte das tiefe Gebrüll eines Löwen herüber, der ein Weibchen gefunden hatte. An diesem Tag, als sie wieder allein war, die Zeit lang und sie nichts zu tun hatte, außer das Haus in Ordnung zu halten und auf Setani zu warten, stand Madoda auf dem Hof. Wie ein Blume im Wind zitterte sie, als sie seine stattliche Gestalt entdeckte. Er war lange im Busch gewesen und hungrig. Sie kochte ihm Maisbrei mit viel Fleisch, brachte ihm einen großen Krug Bier, setzte sich zu seinen Füßen und ließ sich von ihm erzählen, was es Neues in den Hügeln gab. Sie redeten und redeten, und als die Hyänenzeit sich übers Land senkte und blaue Schatten in die Täler krochen, zündete sie ein Feuer an und redeten weiter.
In der Nacht jedoch, als sie, wie schon viele Nächte, allein in ihrem Ehebett lag, weil ihr Mann draußen im Feld bei den Rindern übernachtete, kam Madoda zu ihr. Welch eine Lust war es gewesen, glatte, haarlose Haut unter den Finger zu spüren, volle Lippen auf ihren, den rauchigen Geruch einzuatmen, den er ausströmte. Als die Hitze zwischen ihren Beinen sie überwältigte, schloss sie die Augen und wölbte sich ihm entgegen.
Als wäre ein Damm gebrochen, war er danach immer wieder gekommen, immer wieder. Selbst wenn er
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