Afrika Saga 02 - Feuerwind
Handbewegung scheuchte er Benita zurück ins Zelt.
Der größte Zulu, ein langer Kerl von weit über sechs Fuß und einem Körper, der nur aus Muskeln und Sehnen zu bestehen schien, trat vor, senkte dabei sein Schild nicht, und begann zu sprechen. Seine Ansprache war lang und gewunden. Nicholas hörte mit versteinerter Miene zu.
»Und so fordert König Cetshwayo ka Mpande, der König aller Zulus ist, dass alle Umlungus das Land verlassen haben, bevor die Sonne sechsmal gestorben ist«, beendete der Zulu die im Singsang vorgetragene Botschaft. Er streckte seinen Kampfstock hoch, seine zwei Begleiter machten zackig kehrt, und hintereinander verließen sie das Lager. Eine Antwort des Weißen erwarteten sie nicht. Sie hatten einen Befehl übermittelt.
Für lange Minuten stand Nicholas Willington stockstill, starrte den Männern nach, die längst im flirrenden Grün verschwunden waren, während er in monotoner Stimme und mit Hingabe die saftigsten Flüche murmelte.
»Was wollten die?«, fragte Benita und spähte, immer noch auf der Hut, durch den Schlitz ihrer Zeltplane.
Nicholas drehte sich um. »Es gibt Krieg. Der König hat allen Weißen befohlen, das Land zu verlassen. Sofort.«
»Sofort? Du meinst, jetzt gleich? Wir sind doch gerade erst angekommen, wir wollen doch zum St.-Lucia-See … Ich wollte doch die Vögel…«
»Jetzt gleich«, unterbrach er sie heftig. »Sag deinem Mädchen Bescheid, es soll packen. Wir werden die wichtigsten Sachen auf Packpferden mitnehmen und vorausreiten, mit dem Rest können meine Leute nachkommen. Bitte, tu einmal, was ich sage. Ich erkläre es dir später«, setzte er hinzu, als sie aufbegehren wollte.
Nach kurzem Zögern verschwand sie in ihrem Zelt, und eine Stunde später, in kühles Perlgrau gekleidet mit weißen Rüschen am Hals, den breitkrempigen Straußenfederhut keck in die Stirn gezogen, das mahagonifarbene Haar hochgesteckt, wartete sie neben ihrem Pferd.
Nicholas gab seinen Männern in stockendem Zulu genaue Anweisungen, kontrollierte noch einmal, ob ihr Hab und Gut sicher in den Planwagen verstaut war, und gab dann das Zeichen zum Aufbruch.
»Seid wachsam«, sagte er leise in einem ostafrikanischen Dialekt zum Anführer seiner Karawane. »Sie werden versuchen, sich aus dem Staub zu machen«, flüsterte er und meinte seine Treiber und Spurenleser, die alle Zulus waren und deren König sie jetzt aus ihrem Land verjagte. »Hambagahle!«, rief er laut, und ächzend legten sich die Ochsen ins Geschirr, die Zulus setzten sich in Trab.
Benita saß auf und drängte ihr Pferd neben seins. »Jetzt erklär mir bitte, warum wir unsere Safari abbrechen müssen. Was ist passiert?
Stimmt etwas mit unserer Erlaubnis nicht? Du hast sie doch vom König direkt, oder?«
»Es gibt offenbar Krieg …«
»Mit dem Zulukönig? Aus heiterem Himmel? Warum?«
Ein Schatten lief über sein Gesicht. »So aus heiterem Himmel ist das nicht. Die Anzeichen häufen sich seit Monaten. Wenn du mich fragst, wird Cetshwayo von den Briten dazu getrieben.« Mit zusammengezogenen Brauen starrte Nicholas ins Leere. »Irgendjemand schürt das Feuer … Irgendjemand kocht da sein eigenes Süppchen …«
Ein Schrei schrillte über den See und riss Nicholas Willington aus seinen Gedanken, brachte sein Pferd zum Tänzeln.
»Verflucht, was war das?«, knurrte er. »Entschuldige, Benita. Du hast doch Recht, da schreit jemand. Bleib hier, ich seh nach, was da los ist.« Mit einer Handbewegung winkte er zwei seiner Männer heran, bedeutete dem Anführer seines Zugs zu warten, und trieb sein Pferd mit energischem Schenkeldruck hinunter zum Seeufer.
Benita war bleich geworden, ihre Zügelhand bebte. Der Schrei war so grauenvoll gewesen, wie sie noch nie einen von einem lebenden Wesen gehört hatte. Ein Geier strich dicht über ihren Kopf, sie fuhr zusammen, und ihr Pferd schlug ängstlich mit dem Kopf. Sie wartete, die Zeit dehnte sich, angestrengt versuchte sie zu hören, was am See geschah, wurde aber nur durch einen Schwarm auffliegender Wasserhühner erschreckt.
Dann knallte ein Schuss. Sie schrie, als eine ganze Salve von Schüssen über den See rollte. In größter Angst um ihren Bruder nahm sie kurz entschlossen ihr Gewehr vom Sattelknopf und lud es mit zitternden Fingern. Vorsichtig sich unter überhängenden Zweigen duckend, lenkte sie ihr Pferd in die Richtung der Schüsse, dachte nicht einen Augenblick darüber nach, dass sie sich selbst in höchste Gefahr begab.
»Nicholas, wo bist du?« Sie
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