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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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ist doch … Sieh ihn dir doch nur an.« Eine hilflose Handbewegung zeigte auf den roten, pulsierende Strom, der aus dem zerfetzten Oberschenkel floss. »Er wird sterben, und zwar bald. Lass ihm seinen Frieden.«
    »Er wird nicht sterben!«, schrie sie ihn so laut an, dass er zusammenzuckte. »Sag das nie wieder, hörst du? Er … wird … nicht… sterben!« Ihre Augen glühten. »Ich will es nicht! Frag sie, sofort!«
    Er fuhr zurück, als hätte sie ihn geschlagen. »Ist gut, in Ordnung.«
    So hatte er sie noch nie kennen gelernt. Was war bloß in sie gefahren?
    Beschwichtigend hob er die Hände und übersetzte langsam der gewichtigen Zulu ihre Worte. Diese hörte aufmerksam zu. Dabei ruhte ihr Blick auf der weißen Frau, aber ihr dunkles Gesicht verriet nichts.
    Als er geendet hatte, nickte sie mit wichtiger Miene.
    »Yebo, Nkosi.« Damit drehte sie sich um und verschwand im Busch.
    »Die sehen wir nicht wieder«, murmelte Nicholas.
    »Ich denke doch«, widersprach seine Schwester. Sanft legte sie ihre Fingerspitzen seitlich an Stefan Steinachs Hals. »Er lebt noch«, wisperte sie. »Solange sein Herz schlägt, ist noch Hoffnung.«
    Unendlich zart streichelte sie ihm über das Haar, stockte, als sie hinter seinem Ohr eine hühnereigroße Schwellung spürte. Was war hier geschehen?
    »Gib mir deine Wasserflasche.« Sie streckte die Hand aus.
    Er hakte die Flasche von seinem Sattel los, schraubte sie auf und reichte sie ihr.
    Sanft spülte sie die klaffende Oberschenkelwunde aus, musste sich auf die Lippen beißen, um nicht aufzustöhnen, als sie das Ausmaß Stefan Steinachs Verletzungen erkannte. »Du schaffst es, du schaffst es, du musst es nur versuchen, ich helfe dir«, murmelte sie, ohne dass es ihr bewusst geworden wäre, während sie eine Leinenbinde entrollte, direkt in der Leistenbeuge um das verletzte Bein schlang und fest zuzog. Der Blutstrom wurde zu einem Rinnsal, tröpfelte nur noch, und endlich versiegte er so gut wie ganz. »Gib mir mein Riechsalz«, kommandierte sie.
    Nicholas zögerte. »Ich glaube, es wäre besser, wenn er das Bewusstsein nicht mehr wiedererlangt …«, wagte er zu sagen, aber als sie sich umdrehte und ihn aus seltsam glühenden Augen ansah, beeilte er sich, ihrem Wunsch auf der Stelle nachzukommen.
    Sie zog den Glasstopfen aus dem Fläschchen und wedelte es unter Stefan Steinachs Nase hin und her, während sie seinen Kopf festhielt.
    Die stechenden Dämpfe stiegen ihm in die Nase, und mit einer schwachen Bewegung versuchte er, den Kopf wegzudrehen, doch sie zwang ihn, den scharfen Salmiakdunst weiter einzuatmen. Endlich flatterten seine Lider, ein Stöhnen drang zwischen seinen Lippen hervor.
    »Wasistpassiert…«, murmelte er fast unhörbar.
    »Gut so«, flüsterte sie. »Gut so. Alles in Ordnung. Ich bin bei dir.«
    Durch den feuerroten Nebel von Schmerzen und Schock war ihre weiche Stimme wie eine rettende Hand. Immer wenn er wieder in den schwarzen, kalten See der Bewusstlosigkeit zu sinken drohte, klammerte er sich mit jeder Faser seines Lebens daran. Wie schwer er verletzt war, ahnte er nicht, auch nicht, dass sein Leben an einem sehr dünnen Faden hing. Ab und zu kam er wieder zu Bewusstsein, sah undeutlich Benitas dunkel gerahmtes Gesicht, ihre meergrünen Augen, glaubte, dass er träumte, und glitt wieder zurück in die Schwärze. Er war nicht imstande zu reden, und so erfuhren die Willingtons nicht, wie es dazu gekommen war, dass er als Paket verschnürt am Ufer als Köder für die Krokodile ausgelegt worden war.
    Benita kratzte alles, was sie je über Wundversorgung gelernt hatte, aus der Tiefe ihres Gedächtnisses zusammen. »Meinst du, wir können sein Bein retten?«, flüsterte sie ihrem Bruder zu.
    Nicholas starrte auf die blutige Masse, die Stefans linker Oberschenkel gewesen war, biss die Zähne zusammen, als ihm dämmerte, dass das Weiße, das dort hervorschimmerte, der Knochen war und dass dieser eine tiefe Scharte hatte, die nur von einem Krokodilzahn stammen konnte. Mitleidig wedelte er die Fliegen weg, die sich auf der Wunde niedergelassen hatten. Insgeheim wünschte er dem armen Mann nur, dass er das Bewusstsein nicht wiedererlangen und schnell sterben würde. So eine Wunde konnte doch kein Mensch überleben. Natürlich musste das Bein amputiert werden. Aber wie sie das bewerkstelligen sollten, war ihm schleierhaft. Man müsste es dem armen Steinach praktisch in der Hüfte abtrennen wie einen Hähnchenoberschenkel, dachte er, das geht doch gar nicht.

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