Afrika Saga 02 - Feuerwind
Augen waren schockiert geweitet.
»Der Hyänenmann des Königs«, antwortete Catherine. »Einer von Cetshwayos Henkern.«
Die junge Frau presste sich die Hand auf den Mund. »Entschuldigung«, würgte sie hervor und rannte hinters Zelt.
Stefan wartete, bis sie draußen war, dann richtete er seinen Blick auf seine Mutter. »Wie schlimm steht es um mich, Mama … sei ehrlich …«
Catherine kniff die Lippen zusammen, suchte nach Worten, die die brutale Wahrheit abmildern könnten. Zärtlich legte sie ihre Hand an seine Wange. »Die gute Nachricht ist, dass das Fieber gesunken ist…«
»Und die schlechte?«
Wie sagte man einem Menschen, dass er sein Bein bis zur Hüfte verlieren würde? Wie sagte man ihm, dass er diese Amputation mit ziemlicher Sicherheit nicht überleben würde? Wie sagt man so etwas seinem eigenen Sohn? Wie brachte man diese Worte über die Lippen?
»Es war ein Krokodil … Es hat dich am Oberschenkel erwischt…«
»Werde ich es verlieren?« Die Frage kam hart und direkt.
Sie gab sich einen Ruck. Sie musste ehrlich mit ihm sein, ihm etwas vorzumachen, wäre grausam. »Schlimmstenfalls, ja. Aber ein Arzt ist auf dem Weg hierher, und ich habe Medikamente mitgebracht.« Sie maß eine großzügige Dosis Chlorodyne ab, füllte sie mit Tee auf, legte ihren Arm unter den Kopf ihres Sohns und flößte ihm die Mischung ein. »Bald werden deine Schmerzen nachlassen, mein Großer. Das wird deinem Körper die Ruhe verschaffen, Kraft für die Heilung zu schöpfen.« Ihre Stimme war fest. Darauf war sie stolz.
»Wie hast du es fertig gebracht, einen Quacksalber in den Busch zu locken?«, lallte er. »Hoffentlich nicht der alte O'Leary …« Er sank zurück. »Ich bin müde«, flüsterte er, schloss die Augen und war sofort eingeschlafen.
Besorgt prüfte seine Mutter, ob er nicht wieder in Bewusstlosigkeit abgeglitten war, war froh festzustellen, dass er tatsächlich nur schlief, und wandte sich an Benita, die eben wieder ins Zelt trat und sich auf die Bettkante des leeren Feldbetts setzte. Sie bemerkte die dunklen Ränder unter den schönen Augen, die Erschöpfung. Obwohl sie selbst völlig übermüdet war, hätte sie jetzt ohnehin keine Ruhe gefunden.
»Sie gehen jetzt schlafen, Miss Willington. Ich bleibe bei ihm.«
Zögernd stand die junge Frau auf, strich ihren taubengrauen Rock glatt, dann nickte sie. Seit Stefan gefunden worden war, hatte sie an seinem Lager gewacht, hatte nur hier und da eine Stunde Schlaf bekommen, wenn Nicholas sie gelegentlich ablöste. Sie lehnte sich vor und drückte Stefan einen Kuss auf die Hand. »In ein paar Stunden bin ich wieder da.« Ihr Gesicht war von zarter Röte überzogen.
Catherine unterrichtete Nicholas Willington noch rasch, dass sie sowohl ihre Tochter, einen jungen Mann und Lilly Sinclair erwartete.
Er wies seine Wachen sofort an, nach ihnen Ausschau zu halten. Dann machte sie es sich auf einem Klappstuhl neben Stefans Lager so bequem, wie es ging.
Johann hatte von einem Missionar erfahren, dass am Natalufer des Tugela ein Fort in der Nähe der Spelunke vom alten Jones errichtet worden war, jetzt konnte er bereits Dutzende kegelförmige, weiße Zelte erkennen, deren Spitzen von den ersten Sonnenstrahlen rosa gefärbt waren. Offenbar waren bereits Soldaten hierher verlegt worden. Als er sich dem Ufer auf der Zululandseite näherte, hörte er Hühner gackern, Schweine grunzten und die gebrüllten Kommandos eines untersetzten, vierschrötigen Sergeanten, der eine Gruppe junger Soldaten in vollem Marschgepäck über den Exerzierplan scheuchte.
Die blechernen Töne einer schlecht geblasenen Trompete schallten herüber, und irgendwo schlug jemand eine Trommel.
»Wie heißt das Fort?«, fragte er den Fährmann, während er Umbani vorsichtig auf die Fähre führte, die Zügel Ziko übergab und in seiner Rocktasche nach einer Münze suchte.
»Fort Pearson, nach Kommandeur Pearson. Die Grünschnäbel, die der Sergeant durch den Dreck jagt, sind erst vor ein paar Tagen angekommen. Alles Matrosen, kann man das glauben? Mitten im Busch von Afrika! Wenn die einen Elefant sehen, glauben sie doch, es ist ein Wal auf Landgang.« Er grölte vor Lachen über seinen eigenen Witz. »Hab eigentlich gedacht, dass die Königin ihre besten Regimenter schickt.«
»Marinesoldaten heißt das, und die sind gut«, sagte Johann und starrte mit abwesender Miene hinüber zum Fort. Einige Offiziere in roten Uniformröcken standen über einen Tisch gebeugt, der vor einem Zelt
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