Afrika Saga 02 - Feuerwind
man Sixpence genannt hatte und der nun für die Umlungus Schilling hieß, und schenkte ihr ein Lächeln, das strahlender war als die Sonne nach einem Regenguss.
Kurz darauf stand sie mit Solozi auf dem Boden Zululands.
Am frühen Nachmittag öffnete der Himmel alle Schleusen, und ein Wasservorhang fiel herunter. Catherine war so gut wie blind in dem treibenden Regen, konnte den Weg vor sich nur erahnen. Zeitweilig musste sie sich an den Bäumen entlangtasten, aber sie weigerte sich, den Wolkenbruch im Schutz eines Felsüberhangs abzuwarten. Selbst Solozi verirrte sich einmal, sie kamen vom Pfad ab, mit fingerlangen Dornen bewehrte Zweige griffen nach ihnen, hakten sich in Kleidung und Haut, bis sie weder vor noch zurück konnten. Sie musste absitzen und ihre Stute am Zügel führen.
Die tief hängenden Regenwolken ließen die Nacht früher kommen und schwärzer werden. Nirgendwo war ein trockenes Plätzchen für ihr Nachtlager zu finden, sodass sie schließlich kurzerhand auf einen Baum stieg, ihren Körper so zwischen Ästen verkeilte, dass sie auch während des Schlafs nicht herunterfallen konnte. Glücklicherweise war es zu dunkel, um Höhenangst zu bekommen. Solozi kletterte nach kurzem Überlegen auf den Nachbarast. Schweigend teilten sie sich ihre Essensvorräte. Sie schlang seine Mopaniraupen herunter, er kaute auf dem Rest ihres Brots. Sie schliefen kaum in dieser Nacht und brachen morgens noch in der Dunkelheit wieder auf.
Es schüttete immer noch, als sie am nächsten Abend von den Wachen, die das Willington-Camp umstanden, aufgehalten wurde. Sie war kaum imstande, ihren Namen zu nennen. Jeder Muskel in ihrem Körper schrie, jeder Knochen schmerzte. Sie hatte sich, Solozi und ihrem Pferd ein mörderisches Tempo aufgezwungen, hatte im Sattel gegessen und war nur abgestiegen, um ihre Notdurft zu verrichten.
Benita Willington kam ihr entgegengelaufen, schmutzig, blutbefleckt und mit aufgelöstem Haar. Nichts von der gepflegten, eleganten Frau war übrig geblieben. »Er lebt«, rief sie schon von weitem, und dabei strömten ihr die Tränen über die Wangen.
Catherine sprang vom Pferd und warf Solozi die Zügel zu. »Wie ist sein Zustand? Ist er bei Bewusstsein?«
Benita wischte sich müde mit dem Handrücken übers Gesicht. »Er hat ab und zu klare Momente, dann scheint er wieder verwirrt, weiß nicht, wo er ist und was mit ihm geschehen ist. Die Wunde ist entsetzlich … Wir haben zwar die Blutung stillen können, aber …« Ihre Hand flatterte. »Kommen Sie, ich bringe Sie zu ihm.«
»Nein, warten Sie, bitte … Wissen Sie, was geschehen ist? Hat er Ihnen sagen können, wer ihn niedergeschlagen und an die Pfähle gefesselt hat?«
Benita schüttelte hilflos den Kopf. »Wer tut nur so etwas? Was steckt dahinter?«
Catherine blieb ihr die Antwort schuldig, obwohl langsam eine böse Ahnung in ihr hochkroch. Es gab jemanden im Umkreis Cetshwayos, dem sie eine solche Scheußlichkeit zutraute. Kikiza, der grausamste aller Hyänenmänner. Aber sie weigerte sich, diesen Gedanken zuzulassen, würde es doch bedeuten, dass der Hyänenmann im Auftrag seines Königs gehandelt hatte. Sollte der Zulukönig tatsächlich einen solchen Befehl gegeben haben, wäre das Ausmaß der Auswirkungen auf die Kolonie und ganz Südafrika derartig immens, dass die Vorstellung ihre Kräfte überstieg. Zutiefst aufgewühlt, folgte sie der jungen Frau zum Zelt, bereitete sich innerlich auf den Anblick vor, der sie erwartete. Als sie sich endlich über ihren Sohn beugte, brauchte sie ihre ganze Selbstbeherrschung, um nicht zu zeigen, wie schockiert sie war.
Er lag auf einem Feldbett, sein verletztes Bein war mit einer grob gehobelten Planke und vielen Lagen Leinenbinden fixiert. Der Verband selbst war bräunlich gelb verfärbt. Vorsichtig berührte sie ihn. Er war nicht schmierig, sondern bereits angetrocknet. Ebenso wenig konnte sie frisches Blut entdecken. Vorsichtig schnupperte sie, konnte den Ekel erregenden Gestank von faulendem Fleisch nicht wahrnehmen.
Offenbar stammte die Verfärbung nicht von Eiter, sondern von dem Blätterbrei, der unter der Binde hervorquoll. Noch aber wagte sie nicht, zu hoffen. Bei seinem Zustand war sie sich nicht sicher, ob das ein gutes Zeichen war, denn er sah aus wie ein Gespenst. Fahlgelb, die Haut fast durchsichtig und straff über seine Knochen gespannt, die Augen tief in die schattigen Höhlen gesunken.
»Hat er Chlorodyne bekommen?«, fragte sie leise.
»Nein«, antwortete Benita mit
Weitere Kostenlose Bücher