Afrika Saga 02 - Feuerwind
eintreffen könnte.
Wenn alles glatt gegangen war. Wenn es unterwegs keine Schwierigkeiten gegeben hatte. Allein die Vorstellung, was seiner Frau im Busch alles passieren konnte, ließ ihm sein Blut gerinnen. Ein Unfall oder ein Unwetter oder … Sein Herz hämmerte. Catherine von Elefanten zertrampelt, zwischen den Kiefern eines Krokodils, von Banditen überfallen, im Visier eines jagenden Löwenrudels oder einfach nur allein und verletzt. Das schlimmste Bild aber war, dass sie einem kriegslüsternen, blutrünstigen, bis unter die Augenbrauen mit Marihuana voll gepumpten Zululmpi in die Quere kommen könnte.
»Nein!«, schrie er und erschrak über die Lautstärke seiner eigenen Stimme, aber das hatte zur Folge, dass der wilde Gedankenstrom unterbrochen wurde. Er holte tief Luft und las weiter, und so erfuhr er, dass Maria, sein Nesthäkchen, aus Deutschland zurückgekehrt und zusammen mit einem jungen Mann namens Leon Mellinghoff Catherine begleitete. Er las diesen Absatz zweimal, um sich zu vergewissern, dass ihm seine Müdigkeit keinen Streich spielte. Aber da stand es. Maria war wieder da. Wer dieser Leon Mellinghoff war, interessierte ihn im Augenblick überhaupt nicht.
Besorgt ließ er den Brief sinken. Sie hatten einen Vorsprung von drei Tagen und drei Nächten. Sein erster Impuls war, sich wieder in den Sattel zu schwingen und sofort weiterzureiten, aber ihm war völlig klar, dass weder er, Ziko noch sein Pferd das aushalten würden. Eine Nacht zumindest brauchten sie alle Ruhe, Schlaf und ausreichend Essen.
»Ziko, woza!« Seine Stimme schallte über den Hof. Als der Zulu erschien, erklärte er ihm kurz die Lage.
Ziko schaute ihn aus rot geränderten Augen an, die schaurig aus seinem vom Staub gelb gepuderten Gesicht leuchteten. »Morgen?«, fragte er. »Yebo.« Damit machte er auf dem Absatz seiner verhornten Füße kehrt und trottete ins Dorf der Farmarbeiter, wo auch er seine Hütte hatte.
Johann sorgte dafür, dass sein Pferd Wasser und Futter bekam, und ging dann ins Schlafzimmer. Ihm war heiß, und er fühlte sich klebrig und schmutzig. Er zog sich völlig aus und lief über die Veranda hinunter zum Meer und warf sich in die Wellen. Es war ablaufendes Wasser, und die wuchtige Felsbarriere, die bei Ebbe aus den Fluten stieg, schützte ihn gegen die Haie, die hier in Schwärmen auftraten, wie er oft selbst feststellen konnte, wenn ihm wieder und wieder von einem großen Fisch, den er am Haken gehabt hatte, nur noch ein jämmerlicher Rest geblieben war und die Zahnabdrücke darin unverkennbar waren. Er kraulte durch die Brandung, bis ihm die Arme schwer wurden, aber sein Kopf war wieder klar. Es galt jetzt, gut zu essen und gut zu schlafen, damit er die Kraft hatte, möglichst durchzureiten, bis er auf die Willingtons und seine Familie traf.
Auf einem Felsen ausgestreckt ließ er sich von den letzten Sonnenstrahlen trocknen, wusch dann Hose und Hemd in einem Bottich mit Salzwasser, dem er etwas Soda beigefügt hatte. Nur für die letzte Spülung benutzte er das kostbare Süßwasser aus ihrem Regenwasserreservoir. Er hängte die Sachen über die Leine, die Catherine zwischen dem Kochhaus und dem alten Feigenbaum gespannt hatte, zum Trocknen auf, musste erst einen aufdringlichen Pavian, der eigenartigerweise ein paar Stofffetzen um die Pfote gewickelt hatte, mit einem gezielten Steinwurf verjagen. Nach kurzem Zögern zog er sich zumindest seine Unterhose wieder an. Die war zwar auch nass, würde aber schnell auf der Haut trocknen. Man konnte schließlich nicht wissen, wer überraschend zu Besuch kommen würde. Splitterfasernackt wäre er dann wohl der Tagesklatsch in der Kolonie.
Dann würden diese Idioten wenigstens nicht ständig ans Kriegspielen denken, dachte er grimmig, ließ aber die Unterhose an.
Aus Bhubezis Gehege kam aufgebrachtes Maunzen, und er öffnete die Tür, fürchtete, entdecken zu müssen, dass das Tier am Verhungern war. Während er den jungen Löwen hinter den Ohren kraulte, stellte er fest, dass der sich allenfalls zu langweilen schien. Nach den abgenagten Knochen zu schließen hatte er genügend Fressen, und auch Wasser war vorhanden. Offenbar hatte ihn Jabisa versorgt, obwohl er sich fragte, wo die Zulu steckte. Er nahm sich vor, nachher ins Dorf zu gehen, um nachzufragen, jetzt aber brauchte er selbst dringend etwas zwischen die Zähne. Sein Magen hatte sich gemeldet, und er hatte erstaunt festgestellt, dass er brüllenden Hunger hatte. Er schob Bhubezi zurück, schloss die
Weitere Kostenlose Bücher