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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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dass die Männer sie in ihrem Wahn erkennen würde, war obendrein davon überzeugt, dass sie, auch wenn sie merkten, wen sie vor sich hatten, sich nicht darum kümmern würden.
    Ihr Leben wäre keinen Pfifferling wert.
    Jäh breitete sich ein weißes Licht in ihrem Kopf aus, wieder wurde ihr schwindelig, und auf einmal schien ihr, dass sie jene gläserne Klarheit erlangt hatte, die manche Menschen nach langer Krankheit kurz vor ihrem Tod erfahren.
    Obwohl sie nicht krank war, spürte Catherine, dass auch ihr für einen Augenblick diese hellseherische Klarheit vergönnt war. Bis weit hinter den Horizont konnte sie schauen, über alle Grenzen hinweg, vorwärts in der Zeit. Afrika versank vor ihren Augen in einem roten Meer von Blut. Als wäre sie ein Vogel und könnte von oben auf die Erde hinuntersehen, sah sie den weißen Mann wie eine gewaltige Welle über das Land branden, hörte Waffen klirren, sah Leid und Gewalt und Tod, und Blut, Blut, Blut, so viel Blut. Ihr verschwammen die Sinne, ihre Gedanken liefen Amok. Mit dem letzten Rest Bewusstsein versuchte sie, sich an die Wirklichkeit zu klammern, voller Angst, dass sie von der Blutwelle weggeschwemmt werden würde. Nur mit größter Anstrengung konnte sie sich dazu zwingen, absolut bewegungslos zu warten, bis die Krieger Cetshwayos verschwunden waren.
    Noch für lange Zeit lauschte sie auf alle Geräusche, mühte sich, jedes Knacken, jedes Rascheln, jeden Vogelruf genau zu identifizieren, ehe sie wagte, sich gründlich umzusehen, um ihre Lage einschätzen zu können. Endlich trat sie aus dem Baumschatten hervor, band Cleopatra die Vorderbeine zusammen, damit sie weiden konnte, und kraxelte eine Anhöhe hinauf, um übers Land zu schauen.
    Dichtes Dornengestrüpp, unterbrochen von weiten Flächen gelben Graslands und knochenweißen Gesteinsgruppen, hier und da ausladende Schirmakazien, unter denen Büffel und Antilopen ruhten, am Rand, wo das Gras saftig und grün wurde, Palmenhaine, die am Lauf eines Bachs wuchsen. Durch die Baumkronen blitzten die letzten Sonnenstrahlen. Konzentriert ließ sie ihren Blick über die Landschaft streichen, suchte den Horizont ab nach Erkennungszeichen, die ihr verraten könnten, wo sie sich befand.
    Dem Sonnenstand nach zu urteilen, war sie nach Nordwesten geritten, aber dessen war sie sich nicht ganz sicher, ihre Uhr hatte sie bei ihrer Flucht in Stefans Zelt liegen lassen, konnte also nicht nachprüfen, wie lange sie unterwegs gewesen war. Die kleine Ringsonnenuhr, die ihr Johann einmal geschenkt hatte, mit der sie überall auf der Welt die Zeit bestimmen konnte, lag in ihrem Nachttisch im Lobster Pott, gleichzeitig erinnerte sie sich daran, dass Johann den Kompass mit nach Inqaba genommen hatte.
    »Hölle und Verdammnis«, knirschte sie, fühlte sich aber durch den Fluch keineswegs erleichtert.
    Es war sehr feucht geworden, und Mückenschwärme sirrten in der Abendluft, umwogten sie in zarten Wolken. Sie zerquetschte gleich zwei Moskitos auf ihrer Hand, verwünschte ihre Dummheit, nicht einmal Citronellaöl zur Abwehr bei sich zu haben. Gleichzeitig bezweifelte sie, dass selbst Citronellaöl bei derartigen Massen von Mücken noch wirksam war. Wieder wurde sie gestochen, dieses Mal am Hals. Sie schlug danach, aber die Insekten wirbelten zu Hunderten um sie herum, verfingen sich in ihrem Haar, krochen ihr sogar in den Kragen.
    »Hölle und Verdammnis«, schrie sie noch einmal. Mit einer heftigen Bewegung riss sie einen stark verästelten, dicht beblätterten Zweig von einem Busch und benutzte ihn als Wedel. Es brachte zumindest die Mücken derart durcheinander, dass sie momentan von ihr abließen, dafür hatte sie sich allerdings einen Dorn in die Hand gebohrt.
    Sorgfältig suchte sie im schwindenden Licht das Land ab, versuchte wieder und wieder, in jener Felsnase oder dieser Palmengruppe dort einen Anhaltspunkt zu finden. Vergebens. Sie war irgendwo im Busch von Zululand, die sinkende Sonne war nur noch ein rosiger Widerschein, und die blauen Schatten der Nacht verfingen sich schon wie Spinnweben zwischen den Bäumen. In kürzester Zeit würde es dunkel sein. Sie peilte den Punkt an, wo die Sonne eben untergegangen war, versuchte sich zu erinnern, was ihr Johann über den Gebrauch eines Sextanten erzählt hatte. Es hatte irgendetwas mit dem Stand der Sonne und ihrem Winkel zum Horizont zu tun.
    Frustriert schüttelte sie den Kopf, verwünschte sich selbst, dass sie nicht genauer aufgepasst hatte. Sie bekam es einfach nicht

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