Afrika Saga 02 - Feuerwind
nun mal. Der Lauf des Lebens. »Weiß Mama eigentlich, dass du ein Kind bekommst?«, fragte er, aber so leise, dass nur Maria es verstand.
Wieder wurde sie rot und schüttelte heftig den Kopf. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, es ihr zu sagen«, flüsterte sie.
Nach dem Essen entschuldigte er sich. Er wollte sich vergewissern, dass Ziko und Mangaliso reichlich zu essen und einen bequemen Platz zum Schlafen hatten. Nach wenigen Schritten zögerte er, starrte kurz auf seine Stiefelspitzen, ging zurück und beugte sich hinunter zu Maria. »Wenn du in Durban angekommen bist, bestelle bei Pettifers doch bitte zwei Dutzend Messerbänkchen. Aus Silber. Er soll es auf meine monatliche Rechnung setzen.«
»Messerbänkchen?« Ihr Ton machte deutlich, dass sie glaubte, sich verhört zu haben.
»Messerbänkchen«, nickte er und machte sich, Hände in die Hosentaschen gebohrt, durch die Zähne vor sich hinpfeifend, auf den Weg hinüber, wo die Schwarzen um ein großes Feuer lagerten. Seine Zulus saßen dicht beieinander, etwas abseits von den anderen. »Wir brechen auf, wenn sich die Hörner der Rinder vom Himmel abheben«, teilte er ihnen mit.
Die Zulus nickten, während sie sich Fleischbrocken und steifen Maisbrei in den Mund schaufelten. Neben ihnen standen große Biergefäße, die bis zum Rand gefüllt waren.
»Wir sehen uns morgen früh«, sagte Johann.
28
In halsbrecherischem Tempo trieb Catherine Cleopatra blindlings durch den Busch. Dornenzweige griffen nach ihr, sie spürte, wie ihre Haut auf der Stirn aufriss, schmeckte den Eisengeschmack ihres eigenen Bluts, fand es richtig, dass sie blutete, fand es richtig, dass ihr Schmerz zugefügt wurde, suhlte sich geradezu darin, denn er war nichts gegen den Schmerz, den sie Stefan verursacht hatte. Erst als ein Dorn ihr das Oberlid aufschlitzte, regte sich ihr Selbsterhaltungstrieb, und sie hielt eine Hand schützend über die Augen.
Nach zwei Stunden war die Stute am Ende, und Catherine hatte nicht die mindeste Ahnung, wo sie sich befand. Sie glitt aus dem Sattel und führte ihr Pferd steifbeinig zu einem schmalen Wasserlauf, der durch das Buschwerk schimmerte, hakte ihr Gewehr vom Sattel, stellte mit einem Griff in die Satteltasche fest, dass sie außer der Kugel, die noch im Lauf steckte, keinerlei Munition bei sich hatte.
Beklommen hielt sie Ausschau nach Krokodilen, während Cleopatra trank, fragte sich dabei, was sie tun würde, wenn sie diese eine Kugel verschossen hatte.
Der Ruf des Ziegenmelkers kündigte die Nacht an, mahnte sie, sich schleunigst einen Schlafplatz zu suchen. Bleiern müde trocknete sie ihr Gesicht an ihrem Blusenärmel und griff nach ihrem Gewehr.
Plötzlich wurde sie sich bewusst, dass sie es mit dem Kolben zwischen ihre Füße gestellt hatte. Unbewusst hakte sie ihre große Zehe hinter den Abzug. Einen Schuss hatte sie, einen einzigen. Ohne Mühe könnte sie so den Abzug ziehen, und am anderen Ende würde die Kugel den Lauf verlassen und ihr Gehirn zerfetzen.
Dann ist es vorbei, und ich muss diesen Schmerz nicht länger ertragen. Was wäre ein Leben ohne ihre Familie? Leer, schwarz, kalt.
Wie ein dürres Blatt im Winterwind werde ich sein, ohne Halt, ohne Licht, ohne Wärme. Als würde sie aus der Ferne zuschauen, sah sie ihren Mann, ihren Sohn und ihre Töchter an ihrem offenen Grab stehen. Sie hörte sich rufen, aber niemand schien sie zu hören. Keiner weinte, alle kehrten ihrem Grab den Rücken zu und entfernten sich, ließen sie allein in der ewigen Kälte und Dunkelheit zurück. Ihr Leben würde weitergehen, Schicht für Schicht würden sich neue Erfahrungen darüberlegen, bis nur noch eine Narbe blieb und sie selbst nur eine blasse Erinnerung war.
Wie von einem fernen Stern schaute sie zurück auf dieses lichtdurchflutete Land, das ihr Leben gewesen war. Die Verbindung war abgerissen. Ihr Seelenheil würde sie dafür geben, die Zeit zurückdrehen zu können. Warum ist es so, dass wir Menschen immer erst begreifen, welchen Schatz wir in den Händen halten, wenn er für immer verloren ist?, dachte sie. Ihr Zeh krümmte sich.
»Feigling«, fauchte Grandpère.
Sie zuckte zusammen, schnappte nach Luft, ließ ihr Gewehr fallen, als sei es rot glühend, brauchte einige Augenblicke, um zu realisieren, dass es diese Stimme nur in ihrem Kopf gab. Grandpères Stimme.
Probleme muss man anpacken, hatte er ihr immer wieder eingebläut, und man muss tun, was aufrecht ist, auch wenn es schmerzt. Wat mut, dat mut, hatte er unweigerlich
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