Afrika Saga 02 - Feuerwind
hinaus. Der flackernde Schein des Lagerfeuers tanzte über die Zelte, obwohl sich Büsche und Baumkronen schon klar gegen den hellen Himmel abzeichneten.
Nicholas Willington erschien im Eingang seines Zelts und hinter ihm Benita.
Auch Maria und Leon waren geweckt worden und liefen aus ihrem Zelt. »Löwe?«, fragte Maria und strich sich die wirren Locken aus dem Gesicht.
Johann hob die Schultern. »Mag sein, könnte aber auch ein Leopard sein oder Zulus, die begierig auf unsere Pferde sind. Lassen Sie uns nachsehen, Mr Willington.« Er prüfte, ob sein Gewehr geladen war.
Die Antwort bekamen sie auf der Stelle. Ein Zuluimpi, angeführt von einem Krieger in vollem Federschmuck, marschierte im Laufschritt ins Lager. Doch sie hielten nicht die übliche geordnete Formation ein, sondern schwärmten aus, verteilten sich blitzschnell über das ganze Lager und durchkämmten die Zelte. Porzellan klirrte, Holz splitterte, ein Schuss knallte, Flüche wurden laut.
Benita schrie auf. »Nicholas, sie zerstören unser Lager, halte sie auf! Hört auf, lasst das!« Sie stürzte los und wäre geradewegs ins Zelt gerannt, aus dem der Lärm drang, wenn Johann sie nicht in letzter Sekunde aufgehalten hatte.
»Ganz ruhig«, mahnte er. »Wir dürfen sie nicht provozieren. Sie werden ein paar Sachen zerbrechen, ein paar mitgehen lassen und dann verschwinden.« Hoffentlich, dachte er.
Nicholas Willingtons Schwarze, die sich beim ersten Krach neugierig aus ihren Schlafmatten gewickelt hatten, erfassten sofort, was da vor sich ging, und rannten kopflos vor Angst in den Busch.
Ziko und Mangaliso standen plötzlich in dem Rund vor den Zelten.
Ziko hielt seinen Assegai in der Faust, in der anderen sein Schild, und seine Augen sprühten vor Zorn. Mangaliso war mit seinem Panga bewaffnet.
»Ruhig«, befahl Johann. »Runter mit den Waffen.«
Die beiden Zulus tänzelten vor Aufregung. Mangaliso stieß eine Kette von derart saftigen Zuluflüchen hervor, dass Johann dankbar war, dass Benita Willington der Sprache nicht mächtig war. »Bleibt hier stehen und rührt euch nicht«, sagte er und ging auf den Anführer zu. Er hatte in ihm den schon immer großspurig auftretenden Sohn eines unbedeutenden Häuptlings erkannt, den er gelegentlich im Königsdorf angetroffen hatte. In sicherer Entfernung blieb er stehen.
»Was geht hier vor, Inkosana Simiso? Weißt du nicht, wer ich bin?«
»Umlungu!« Simiso spuckte ihm das Wort vor die Füße. »Wurm, der sich unter meinen Füßen krümmt. Merke dir wohl, dass alle Umlungus von nun an von den Zulus getötet werden. Wir wer den sie mit dem Assegai erstechen und ihnen erst das Herz und dann ihre Eingeweide herausschneiden.« Er holte weit aus und schlug seinen Assegai gegen sein Schild. Ein dumpfer Ton rollte über den Platz. Mit einem verächtlichen Blick wandte er sich ab und stolzierte mit wehenden Federbüschen davon, seine Krieger folgten ihm, schlugen mit immer schneller werdendem Takt die Assegais auf die fellbezogenen Schilder. Der drohende Rhythmus ließ Benita Willington zittern wie Espenlaub, selbst Johanns Puls jagte hoch, obwohl er diese Einschüchterungsspielchen der Zulus zur Genüge kannte.
Doch es waren mehr die Worte des Zulus, die ihn erschreckten. Sie hatten ihm klargemacht, in welcher Gefahr sie sich alle befanden! Es gab einige Häuptlinge, die von König Cetshwayo verlangten, alle Weißen umzubringen, sogar seinen großen Induna John Dunn.
Offensichtlich gewannen diese Häuptlinge allmählich die Oberhand.
Bobo, der in Stefans Zelt am Pfahl festgebunden war, tobte wie ein Wahnsinniger. Johann sah beunruhigt, dass Simiso zögerte, atmete aber unwillkürlich durch, als der Zulu gleich darauf das bedrohliche Trommeln wieder aufnahm. Ein Mann wie Simiso war unter diesen Umständen vollkommen unberechenbar, und die Situation konnte in Sekundenschnelle zu ihren Ungunsten umschlagen. Er musste etwas unternehmen.
Ziko machte einen Schritt vor, die Kuhschwänze an seinem Schurz bebten.
»Cha, Ziko!« Johanns Stimme war leise, aber Ziko hielt in der Bewegung inne. Sein Körper war gespannt wie ein Jagdbogen.
Nicholas Willington war bleich geworden. Sein Zulu war nicht annähernd so gut wie der Johann Steinachs, aber die Haltung des Sprechers, seine Mimik und sein Ton machten überdeutlich, was seine Worte bedeuteten. Er legte seiner Schwester den Arm um die Schulter.
»Verhalte dich ruhig«, flüsterte er. »Lass Mr Steinach das regeln.«
»Aber Stefan …«
»Sie werden ihm
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