Afrika Saga 02 - Feuerwind
auf eine der großen Echsen zu treten.
Die Ochsenfrösche quakten lustvoll, aber sie saßen im Gestrüpp weit oberhalb des Ufers, in das der Fluss riesige Löcher gewaschen hatte. Instinktiv ahnten sie, dass der Strom kurz davor war, aus seinem angestammten Bett zu steigen und auf Wanderschaft zu gehen, und hatten sich in Sicherheit gebracht. So täuschten sie Catherines Richtungssinn. Nur noch eine kleine Barriere aus Treibgut und ein läppischer Baum, der sich schon ergeben zur Seite neigte, boten dem wanderlustigen Fluss Widerstand. Das Wasser staute sich, baute sich immer höher auf, bis der Druck überhand nahm. Ein paar Steine fielen, Erde bröckelte, und dann war es geschafft. Lautlos brach der Fluss durch, warf sich mit großer Energie gegen alles, was sich ihm in den Weg stellte.
Ein Geräusch, als würde der Busch vom Feuer gefressen, veranlasste Catherine, einen Satz auf die abschüssige Wegkante zu machen. Sie hielt sich an einem dicken Baumast fest und drehte sich alarmiert um. Hinter ihr hatte sich eine Flutwelle aufgebaut, die auf dem abschüssigen Weg stetig an Geschwindigkeit zunahm. Das Brausen wurde lauter, Bäume schrien und barsten, als sich die Schlammlawine wie ein gieriges Monster heranwälzte. Ein junges Warzenschwein schwamm kreischend vorbei, zwei Ratten wurden aus ihren Löchern geschwemmt und ertranken, die Grüne Baumschlange, die aus der Krone eines umgestürzten Baums herunterfiel, rettete sich auf die treibenden Kadaver.
Catherine hörte den Todesschrei des kleinen Schweins, zuckte zusammen, zog sich dann blitzschnell an den ausladenden Ästen eines alten Natalfeigenbaums hoch, dessen Wurzeln so tief im felsigen Grund verankert waren, wie seine Krone hoch war. Der Baum ächzte und stöhnte, schüttelte sich, als das Wasser um seine Wurzeln strudelte, aber er hielt dem Druck stand. Die Welle rauschte dicht unter ihr vorbei. Die Baumschlange wurde ins Blättergewirr geschleudert, fand Halt, schlang ihren geschmeidigen, leuchtend grünen Körper um einen Ast und züngelte. Keuchend starrte sie hinunter, sah die Schlange, beachtete sie aber nicht weiter. Das Reptil hatte genug damit zu tun, selbst zu überleben.
Langsam fiel der Wasserspiegel, der Strom wurde zu einem plätschernden Bach, der wiederum zusehends versickerte, und dann standen nur noch hier und da tiefe Pfützen in den Rinnen und Furchen, die die Schlammwelle hinterlassen hatte. Catherine rutschte vom Baum herunter. Als sie auf dem Boden landete, knickten ihr die Knie ein. Erstaunt stellte sie fest, dass ihr vor Hunger schwindelig war. Sie dachte daran, dass sie ein großes Stück frisches Pferdefleisch hätte vertilgen können, ehe Hyänen und Löwen es fraßen, und erschrak vor sich selbst. Um ihr eigenes Leben zu retten, hätte sie es nicht fertig gebracht, aus Cleopatra ein Stück herauszusäbeln und zu essen. Wie ein Kannibale wäre sie sich vorgekommen. Sie schüttelte sich. Dann schaute sie sich entschlossen um, was die Natur ihr zu bieten hatte. Sie musste etwas essen, sonst hatte sie keine Chance, auch nur die nächste Meile zu schaffen, geschweige denn den langen Rückweg. Ein Tier quiekte leise, und sie erschrak, aber es war das Quieken eines kleinen Tiers gewesen. Sie schaute genauer hin und entdeckte eine mit Schlamm verschmierte Ratte, die zwischen dem Wurzelwerk eines alten Baums strampelte.
Geräuschlos lehnte sie sich vor, erwischte das Vieh am Schwanz und zog es heraus. Mit einem Stein schlug sie dem panisch um sich beißenden Nagetier den Schädel ein, strich den Schlamm von dem glatten Fell, befühlte das Tier und lächelte dann zufrieden. Es war eine schöne, fette Ratte. Sie würde eine üppige Mahlzeit ergeben und lange vorhalten.
Aber erst musste sie ihren brennenden Durst stillen. Es regnete nicht mehr, aber überall standen große Lachen. Mit der hohlen Hand schöpfte sie Wasser aus einer tiefen Pfütze, achtete nicht auf die darin wimmelnden Mückenlarven, sondern schlürfte es gierig hinunter. Als sie getrunken hatte und ihre Lebensgeister wieder erwachten, schlitzte sie der Ratte mit einem scharfkantigen Stein den Bauch auf, riss Leber und Herz heraus, sank auf einen Baumstumpf und stillte ihren ersten Hunger. Das Fleisch war zart und erinnerte sehr entfernt an Hühnchen.
Mit dem Stein schabte sie das Fleisch mit der weißen Fettschicht von der Haut, aß es, nagte sorgfältig die Knochen blank, kaute wenig und schluckte schnell, und zum Schluss leckte sie jeden einzelnen ihrer Finger ab.
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