Afrika Saga 02 - Feuerwind
verlieren. Besuch von tierischen Eindringlingen befürchtete sie nicht.
In dem Wolkenbruch hatten sich das Wild tief in den schützenden Busch zurückgezogen. Aber ihr laut knurrender Magen bereitete ihr großes Unbehagen. Seit ihrer Fischmahlzeit hatte sie nichts mehr gegessen. Die Honigwabe, die sie während einer kurzen Rast neben sich gelegt hatte, war ihr von einem jungen Affen gestohlen worden.
Entzückt keckernd war er damit auf den nächsten Baum gesprungen.
Mit boshaft funkelnden Augen hatte er sie ausgelacht, während er sich den Honig von der Hand schleckte. Sie hatte ihm eine Reihe der farbigsten Flüche hinterhergeschrien, die jeden betrunkenen Matrosen mit Stolz erfüllt hätten. Auf ihren langen Schiffsreisen, die sie mit ihrem Vater unternommen hatte, war sie eine begeisterte und aufmerksame Schülerin dieser Matrosen gewesen.
Gereizt stellte sie fest, dass sie keinen trockenen Faden mehr am Leib trug, aber wenigstens fiel mehr Wasser vom Himmel, als sie je trinken konnte. Ein weiterer Vorteil des Unwetters war, dass sämtliche Moskitos aus der Luft zu Boden gedrückt wurden. Verbissen kratzte sie die Bissstellen, die einige Blutegel auf ihrem Bein hinterlassen hatten. Am späten Nachmittag war sie mit dem Fuß in ein Sumpfloch gerutscht, und als sie es herauszog, hingen fünf dieser schleimigen Biester daran und schwollen rasch durch ihre Blutmahlzeit an. Ein saftiges Schimpfwort murmelnd, hatte sie die fetten Egel aus der Haut gedreht. Es blieben fünf infernalisch juckende, rote Kreise auf dem Bein. Afrika!
Sie spähte unter dem Felsdach hervor. Noch war es dunkel.
Todmüde lehnte sie sich an die scharfkantige Steinwand, nickte ein, schreckte aber sogleich wieder hoch, brauchte einige Zeit, um zu begreifen, dass sie das Knurren ihres eigenen Magens geweckt hatte, nicht das einer hungrigen Raubkatze. Als Erstes musste sie etwas zu essen finden. Ihre Augen fielen ihr wieder zu, sie fiel erneut in bleiernen Schlaf.
Vor ihrem Unterschlupf sammelte sich das Wasser in jeder Vertiefung, füllte Senken aus und die Furchen, die die Wege durchzogen.
Wassermassen strömten über den steinigen Pfad, unterspülten den Wegrand, türmten Sand und Geröll und abgerissenes Gestrüpp auf.
Das Feuer, das hier vor wenigen Wochen gewütet hatte, hatte einen großen Teil der Buschwerks vernichtet, und so traf das Wasser kaum auf Hindernisse. Tiefer und tiefer fraß es sich ins Erdreich, verleibte sich Bäume und Büsche ein, die durch den Brand und die monatelange Trockenheit geschädigt waren, und schwoll dabei zu einer mannshohen Flutwelle an und verwischte jede Spur, die Catherine hinterlassen hatte.
Johanns Spurenleser gingen in ihren eigenen Fußspuren zurück, um von Neuem die Umgebung nach Hinweisen abzusuchen, ob Katheni hier vorbeigekommen war, und die sie übersehen haben könnten. Sie fanden nichts.
Catherine schlief noch und ahnte nicht, wie nahe ihr Johann bereits gekommen war. Er holte stetig zu ihr auf und schlug erst spät, als sie längst unter dem Felsen Zuflucht genommen hatte, keine zehn Meilen von ihr entfernt sein Nachtlager auf. Auch er fand einen überhängenden Felsen, entfachte ein Feuer in seinem Schutz und wickelte sich neben Mangaliso in seine Schlafmatte. Der kleine Schwarze rollte sich zu einer Kugel zusammen und war sofort eingeschlafen. Johann beneidete ihn darum. Er war hundemüde, aber der Gedanke, dass Catherine irgendwo in dieser nassen Hölle allein war, hielt ihn bis zum Morgengrauen wach.
Der nächste Tag zog grau und nass auf, es blitzte nur noch ab und zu, und der Donner rollte erst Minuten später über den Himmel. Catherine kroch unter ihrem Felsen hervor, stand in der silbergrauen Regenwelt und stellte fest, dass sie nicht den geringsten Schimmer hatte, wo sie sich befand, noch in welche Richtung sie reiten sollte. Sie rieb sich die brennenden Augen. Es goss wie aus Kübeln, und ihre Erfahrung sagte ihr, dass das Unwetter in einen starken Dauerregen übergegangen war.
Den Gedanken, einfach den Regen unter dem Felsvorsprung auszusitzen, schob sie von sich. Fast alle Wege liefen von Norden nach Süden und kreuzten irgendwann einen Flusslauf. Hinter ihr lag der Nseleni, davon war sie überzeugt, so war der nächste große Strom war der Schwarze Umfolozi, der sich viel weiter westlich mit dem Weißen Umfolozi vereinigte. Der Umfolozi hatte ein breites, flaches Bett, und sie war mit der Umgebung vertraut. Selbst mit den landschaftlichen Veränderungen, die das
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